Wirtschaft

"Österreich ist ein Dorado für Kreditnehmer"

Die Kreditzinsen sind in Österreich auf historischen Tiefständen. Privathaushalte nutzen diesen Umstand, die Vergabe von Darlehen nimmt seit dem Frühjahr wieder zu. Anders schaut es bei Unternehmen aus. Das Kreditwachstum ist laut Oesterreichischer Nationalbank fast zum Erliegen gekommen. Grund ist das schwache Wirtschaftswachstum, das aber heuer anziehen sollte. „Daher erwarten wir in den nächsten sechs bis neun Monaten eine steigende Nachfrage“, sagt Dieter Hengl, Firmenkundenvorstand der Bank Austria (BA). „Die Unternehmen werden langsam wieder aktiver, bei größeren füllt sich die Pipeline mit neuen Projekten.“

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Er rät Firmen, sich schon bald um die Finanzierung zu kümmern. „Die Rahmenbedingungen waren noch nie so günstig. Österreich ist ein Dorado für Kreditnehmer. Die Zinsen liegen im Vergleich 0,8 bis 1,0 Prozentpunkte unter jenen in Deutschland“, so Hengl. Doch mit Verschärfung der Kreditvergabe-Richtlinien (Basel III) würden die Karten neu gemischt. „Die Banken werden genauer hinschauen, wie das Kapital verwendet wird.“ Und die Zinsen könnten je nach Bonität des Schuldners und der Laufzeit des Kredites um 0,3 bis 0,5 Prozentpunkte steigen. Eine Kreditklemme gebe es aber weder jetzt noch in Zukunft, dazu sei der Wettbewerb in Österreich zu hart. In der Eurozone steigen die Banken generell bei Firmenkrediten auf die Bremse (mehr dazu hier). Die Zahl an neuen Darlehen sackte im November zum Vorjahresmonat um 3,9 Prozent ab, der bisher stärkste Rückgang.

Ankerprodukt

Für die BA ist der Kredit „das Ankerprodukt“, aber alleine damit würden die Unternehmen bei ihrer Finanzierung nicht glücklich werden. „Die Unternehmen müssen sich deutlich breiter aufstellen.“ In Europa entfallen knapp 60 Prozent der Finanzierungen auf Kredite, dies wird sich laut Hengl „klar Richtung 50 Prozent oder darunter“ bewegen.

Alternativen zum Kredit seien u. a. Schuldschein-Darlehen (heuer knapp eine Mrd. Euro Volumen in Österreich) oder Anleihen (knapp 7,8 Mrd. Euro). Auch in den nächsten Jahren erwartet Hengl ein jährliches Volumen von fünf bis sieben Mrd. Euro, da auslaufende Anleihen refinanziert werden müssten.

Dass es hierzulande kaum Börsegänge gebe, liege an den Eigentümern vieler Unternehmen (Familien oder Stiftungen). „Viele haben ihre Hausaufgaben gemacht und können alleine expandieren“, so Hengl.

Die BA als UniCredit-Tochter ist im Konzern neben Osteuropa auch für internationale Firmenkunden (u. a. aus Skandinavien, Spanien, Südafrika, Neuseeland und Südkorea) zuständig.