Wirtschaft

Öffnung oder Lockdown? Der Aufschwung lässt auf sich warten

Lockdown oder nicht – das ist auch bei den Wirtschaftsforschern die Frage.


Am Freitag haben WIFO und IHS ihre neue Konjunkturprognose für die Jahre 2021 und 2022 vorgelegt. Und sie müssen sich mit Szenarien begnügen, denn der weitere Verlauf der Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Schließungs- bzw. Öffnungsschritte sind derzeit mehr als unklar.

Im WIFO-„Öffnungsszenario“ werden die Einschränkungen im Laufe des Frühjahrs vollständig aufgehoben. Im Mai würden auch in Deutschland die Reisewarnungen  für Österreich fallen. Das heißt, die heimische Wirtschaft käme schon vor dem Sommer in Schwung. Das Wirtschaftswachstum könnte demnach heuer 2,3 Prozent betragen und würde 2022 nochmals auf 4,3 Prozent zulegen.


Alle werden geimpft

Dieser optimistischeren Sicht der Dinge schließt sich auch das IHS (Institut für Höhere Studien) an. Dort rechnet man mit einem Wachstum um 2,6 Prozent. Die wichtigste Annahme dahinter lautet: Spätestens ab dem Sommer sind so gut wie alle Österreicher geimpft, können wieder shoppen und reisen. Jede Woche weiterer Lockdown würde allerdings 400 bis 800 Millionen Euro kosten.

Das führt zum schlechteren WIFO-„Lockdown-Szenario“. In diesem  bleiben Handel und personennahe Dienstleister wie Friseure auch im April geschlossen. Die Öffnungsschritte erfolgten erst im Mai und Juni, die Reisewarnungen bleiben viel länger aufrecht, die Erholung würde erst im Herbst einsetzen. Damit käme die Wirtschaft heuer über ein Plus von 1,5 Prozent nicht hinaus, könnte dafür aber 2022 mit  4,7 Prozent etwas kräftiger ausfallen. 

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WIFO-Chef Christoph Badelt sagte bei der Präsentation: Zwischen beiden Szenarien liegen rund drei Milliarden an Wertschöpfung, die man gewinnt oder verliert. Die Gesundheitspolitik müssen daher Testen und Impfen was geht. Badelt: „Alles ist billiger als eine Verlängerung der für die Wirtschaft kritischen Situation.

Das zeigt sich auch in den Details. Für beide Szenarien gilt: Der private Konsum und der Reiseverkehr bleiben auch noch 2022 schwächer als vor der Pandemie. Der Arbeitsmarkt braucht noch längere Zeit, um sich zu erholen. Die Arbeitslosenquote sinkt laut WIFO von 9,9 auf heuer 9,3 Prozent und dürfte 2022 noch immer 8,5 Prozent betragen.

Boom am BauAuch der internationale Vergleich fällt nicht rosig aus. Sollte die Wirtschaft heuer um besagte 2,3 Prozent zulegen, wäre das nur rund halb so viel wie im Durchschnitt der Euro-Länder mit 3,9 Prozent. Deutschland wird heuer ein Wachstum von 2,8 Prozent zugetraut (UK: 5 %, USA: 6 %, China: sogar 8 %).

Ob man es glaubt oder nicht, es gibt aber auch noch gute Nachrichten: Die Exporte, die Industrie und die Bauwirtschaft  florieren. Sie sind bisher kaum von  den Covid-19-Maßnahmen betroffen und profitieren von der kräftigen Erholung im Welthandel (wenn nicht gerade der Suez-Kanal blockiert wäre).

Dazu kommt: Die Inflation beschleunigt sich nicht wesentlich und erreicht heuer laut WIFO maximal 1,8 Prozent. Und auch die Budgetsituation der öffentlichen Haushalte müsste sich allmählich verbessern, da die Belastungen durch die Krise sukzessive abnehmen.

 

Kommentar:

Das beste Programm

Länger als ein Jahr quält uns jetzt alle das verdammte Virus. Kein Bereich blieb davon unberührt, kaum ein Gespräch ist ohne das „C-Wort“ möglich. Die  Wiederauferstehung der Wirtschaft verzögert sich weiter, das kostet Milliarden und unendlich viel Geduld.

Ja, es gibt aber auch Lichtblicke. Deutschland hebt die Einreisebeschränkungen für Tirol auf. International erholt sich die Konjunktur, das hilft einer kleinen Exportnation wie Österreich. In der Industrie läuft es daher halbwegs rund, auch der Bau floriert im Rahmen des Möglichen.

Zwar gibt es mehr als 400.000 Arbeitssuchende, die Einbußen verkraften müssen. Aber im Durchschnitt der Bevölkerung blieben die Einkommen halbwegs stabil. In Wahrheit hatten die Menschen noch nie so viel auf der hohen Kante. Wenn Geschäfte, Wirte, Hotels, Kultur und Sport endlich wieder öffnen dürfen, müsste der Konsum anspringen wie selten zuvor. Daher: Impfen, Impfen, Impfen was das Zeug hält.

Das wäre das wirksamste Konjunkturprogramm aller Zeiten – mit ausschließlich positiven Nebenwirkungen.