Wirtschaft

Minister Klug verspricht schnelles Internet

Seit drei Wochen ist Gerald Klug nun als Technologie- und Verkehrsminister im Amt: Was er plant.

KURIER: Ihr Vorgänger Alois Stöger war kein Freund der Privatisierung und trauerte der staatlichen Voest nach. Ihre Meinung dazu?

Gerald Klug: Ich kann den Mehrwert von Privatisierungen für die Republik nicht erkennen. Im Gegenteil, es gibt genug Beispiele, die keine Erfolgsmodelle sind.

Im Gegensatz zu AUA und Telekom war die Voest aber eine Erfolgsgeschichte.

Die Voest hat Großartiges geleistet und ist heute als Leitbetrieb für den Standort extrem wichtig.

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Hätte Sie das auch als nicht-privatisierte Firma geschafft?

Ich denke schon. Die Pensionsdebatte läuft doch ähnlich: Jene, die von kapitalmarktfinanzierten Pensionen geträumt haben, wissen seit der Finanzmarktkrise, dass das ein Irrweg war.

Die Voest war eine defizitäre Firma, dominiert vom starken Betriebsrat und unkündbaren Mitarbeitern. Ist der Staat wirklich allein selig machend?

Nein, denke ich nicht. Ich glaube aber auch nicht, dass eine starke Arbeitnehmervertretung die wirtschaftliche Entwicklung blockiert. Sie kann eine Bereicherung sein. Bedenken Sie die neuen Herausforderungen!

Jetzt geht’s ans Eingemachte, siehe Industrie 4.0 – Roboter ersetzen Menschenarbeit.

Es geht auch um den weltweiten Konkurrenzkampf, siehe Voest. Da sind China und Russland ein Thema, die uns durch Billig-Stahl unter Druck bringen. Hierzulande haben wir eine jahrzehntelang gut gelebte Wirtschafts- und Sozialpartnerschaft. Österreich hat mit seiner Politik europaweit Vorteile gehabt und war besser unterwegs als andere.

Das haben wir längst verspielt.

Wir haben Stärken, die wir nützen müssen. Wir haben etwa hervorragend ausgebaute strategische Netze – Straße, Schiene, Kommunikationsstruktur und Energieversorgung. Die öffentliche Hand wird weitere 25 Milliarden in den nächsten fünf Jahren investieren. Ein wichtiger Teil davon ist leistungsfähiges Internet flächendeckend bis 2020. In Sachen Umweltstandards oder Lohndumping können und wollen wir nicht konkurrieren.

Niedriglohnbranchen wandern ab – wie sichern wir Jobs in einer hoch technisierten Welt?

Das Ministerium versucht, die technologische Entwicklung zu begleiten. Wir haben schon eine Pilotfabrik für Industrie 4.0 in Wien-Aspern und werden drei weitere in ganz Österreich ausschreiben. Es gibt spannende Entwicklungen: In einer Autobremse könnte ein Sensor eingebaut sein, der der Autowerkstatt mitteilt, dass ein Service fällig ist. Künftig wird man Mitarbeiter anders ausbilden müssen.

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Anders und höher. Ich bin aber optimistisch, weil einer unserer Standortvorteile immer gut ausgebildete Fachkräfte waren. Um unser Lehrlingsausbildungssystem beneidet uns ganz Europa.

Bei uns funktioniert es doch gar nicht mehr so gut, die Lehre hat ein Imageproblem.

Wir haben schon einiges gemacht – etwa Lehre mit Matura. Die Lehre darf keine Sackgasse sein. Neue Technologien können dazu führen, dass Arbeitsplätze verloren gehen. Darum steuern wir gegen und investieren 500 Millionen Euro pro Jahr in industrienahe, angewandte Forschung. Denn wer die Industrie hat, hat die Jobs.

Aber Industrie und Wirtschaft fühlen sich durch Steuerlast, verrückte Bürokratie und Neuregelungen schlecht behandelt.

Ich möchte ein offenes Ohr für die Anliegen der Industrie haben und bemühe mich derzeit um Gespräche.

Wie kann man das Sozialsystem weiter finanzieren, wenn mehr Jobs vernichtet als geschaffen werden?

Es gibt Branchen, wo die Beschäftigungsverhältnisse sogar wachsen, etwa im Sozialbereich. Und wir haben eine starke Industrie, Stichwort Elektronik oder Maschinen – viele mit internationalen Verflechtungen.

Die Beschäftigten im Ausland zahlen aber leider keine Sozialversicherungsbeiträge in Österreich.

Aber was hätte es für die nationale Wertschöpfung bedeutet, wenn diese Industrieunternehmen nicht international expandiert hätten? Beim Verkehr kommt mit dem selbstfahrenden Auto eine neue Technologie auf uns zu. Die entscheidende Frage kann nur sein: Bin ich von Anfang an dabei und sichere ich die Wertschöpfung im Land?

Österreich stimmt CO2-Abkommen zu und zahlt dann Strafe. Werden wir uns auch 2030 noch freikaufen? Der CO2-Ausstoß im Verkehr nimmt kaum ab.

Wir unterstützen die E-Mobilität. Eine besondere Herausforderung ist der große Zuzug in die Ballungsräume. Damit kann der Straßenausbau nicht Schritt halten. Daher bin ich ein Fan des öffentlichen Verkehrs. Wir müssen die Umlandregionen an das öffentliche Verkehrsnetz der Städte besser anbinden.

Versuche, eine U-Bahn über die Landesgrenze von Wien nach Niederösterreich zu bauen, sind aber kläglich gescheitert.

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Ich betrachte das als Herausforderung. Im täglichen Pendelverkehr nach Wien kommen aus dem Westen rund 32 bis 34 Prozent mit öffentlichen Verkehrsmitteln, aus dem Süden aber nur 16 bis 18 Prozent. Das muss besser werden. Auch die Schnellbahn ist eine Möglichkeit.

Zur Finanzierung des öffentlichen Verkehrs: Das System der Direktbestellung bei den ÖBB und Subventionen für nicht kostendeckende Strecken läuft erst einmal bis 2019. Wird es danach bis „Ende nie“ fortgesetzt oder wird es Ausschreibungen einzelner Verbindungen geben?

Da kommen mehrere Fragen auf einmal auf uns zu. Wir haben uns jetzt einmal darauf verständigt, dass die Direktvergabe Priorität haben soll. Es ist aber noch zu früh, festzulegen, wie die neue Konstellation ausschauen soll. Tendenziell würde ich sagen, dass sich dieses System bewährt hat.

Man hat aber gar nicht versucht, auch auf der Südstrecke gleich Wettbewerb zuzulassen. Allerdings hätten sich andere Anbieter vielleicht gar nicht darum gerissen.

Sie sprechen das Problem indirekt an: Wer bemüht sich oder reißt sich wo? Aufgabe der Republik ist es, das Gesamte im Auge zu behalten und flächendeckende Versorgung sicherzustellen.

Der Bau der teuren Bahntunnel am Semmering, auf der Koralm und am Brenner sollen auch Verkehr, vor allem Güterverkehr von der Straße auf die Schiene verlegen. Bisher hat das aber nicht wirklich funktioniert. Zuwächse gab’s nur auf der Straße.

Die Frage ist, was wir da an Lenkungseffekten leisten können. Wir stoßen oft an rechtliche Grenzen, zum Beispiel bei der Brennermaut. Die Basis für die Maut sind die Infrastrukturkosten ...

...plus 25 % Aufschlag für die Finanzierung der Bahnstrecke ...

...aber das ist der Plafond. Die Alternative ist ein Vertragsverletzungsverfahren bei der EU und Strafzahlungen in Millionenhöhe. Das können wir uns nicht leisten.

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Zur Person: Gerald Klug

Der 47-jährige steirische Sozialdemokrat ist seit der Regierungsumbildung im Jänner Minister für Verkehr, Innovation und Technologie. Davor war er Verteidigungsminister. Klug ist gelernter Dreher, absolvierte die Sozialakademie der Arbeiterkammer und danach nebenberuflich ein Jus-Studium. Sein legendärer Ausdruck "situationselastisch“" war 2014 "Wort des Jahres". Die größten Wellen seiner politischen Karriere schlug er mit seinem Vorhaben zur Abschaffung der Militärmusik.