Metaller: 5,5 % mehr Lohn oder Kampf
Von Franz Jandrasits
Die Gewerkschaften PRO-GE (Metaller) und GPA (Angestellte) brachen am Mittwoch mit einem Jahrzehnte alten Tabu: Mitten in der laufenden Lohnrunde für rund 170.000 Metaller legen sie erstmals öffentlich ihre Forderung nach einer konkreten Lohnerhöhung auf den Tisch. Und die hat es in sich: Die Arbeitnehmer-Verhandler verlangen eine Erhöhung der Ist-Löhne und -Gehälter um 5,5 Prozent.
"Wir haben den Eindruck", begründet Metaller-Chef Rainer Wimmer die Forderung, "dass die Arbeitgeber unsere KollegInnen in den Unternehmen nicht ernst nehmen." Die Wirtschaft wachse stark, die Auftragsbücher der Unternehmen seien voll und die Firmen machten zum Teil "sensationelle Gewinne". Vor diesem Hintergrund wolle man die Arbeitnehmer mit der Abgeltung der Inflation und einer Einmalzahlung "abspeisen".
Einmalzahlung
Das Angebot - das die Arbeitgeber in der ersten Verhandlungsrunde am vergangenen Dienstag auf den Tisch gelegt hatten - sei eine "Beleidigung aller Beschäftigten in der Metallindustrie". Die Arbeitgeber hatten zuletzt eine Lohnerhöhung um 3,1 Prozent plus eine an das Betriebsergebnis gekoppelte Einmalzahlung von 200 Euro geboten.
Bei einer für das Gesamtjahr erwarteten Inflationsrate sei das - so GPA-Chefverhandler Karl Proyer - "nicht der geringste Reallohn-Zuwachs".
Einmalzahlungen seien, wies Wimmer das Angebot zurück, "der Schnittlauch aufs Brot", sie würden aber eine nachhaltige Lohnerhöhung nicht ersetzen. Außerdem hätten die Unternehmen - nach einer Untersuchung von 200 Firmen der Metallbranche - in den vergangenen drei Jahren 90 Prozent der Gewinne an Aktionäre und Eigentümer ausgeschüttet. Den Mitarbeitern dagegen habe man Zurückhaltung bei den Löhnen gepredigt, sonst sei der Industriestandort Österreich gefährdet.
Kampfmaßnahmen
Die Gewerkschaften wollen jetzt den Druck erhöhen. Noch vor der nächsten Verhandlungsrunde am kommenden Mittwoch sollen am 10. und 11. Oktober in Betriebsversammlungen Kampfmaßnahmen beschlossen werden. Diese sollen umgesetzt werden, wenn es am 12. Oktober keinen Lohnabschluss gibt. Beginnen wollen die Gewerkschaften mit längeren Betriebsversammlungen, weitere Maßnahmen könnten von Großdemonstrationen bis hin zu Streiks gehen.
Arbeitgeber Christoph Hinteregger, Chefverhandler der Arbeitgeber, reagiert auf die Kampfansage "betroffen und überrascht". Den Verhandlungspartner via Pressekonferenz über die Forderungen zu informieren, sei "ein Bruch in der österreichischen Sozialpartnerschaft". Bei den Verhandlungen hätten die Gewerkschaften keine konkreten Forderungen gestellt.
5,5 Prozent lehnt er rundweg ab: "Das überfordert jedes Unternehmen im Metallbereich." Vor allem kleine und mittlere Firmen, die sich eben erst von der Krise erholten, seien dadurch gefährdet: "Das wäre eine Hypothek für die Zukunft, die nicht zu bewältigen ist."
Kraftakt: Metaller geben Linie vor
Messlatte Der Lohnabschluss der Metaller ist die Richtschnur für die anderen Lohnrunden im Herbst. Insgesamt werden heuer noch Löhne und Gehälter für rund eine Million Beschäftigte – Handel, Beamte, Metallgewerbe – verhandelt.
385 Millionen So viel mehr würde die Branche bei einer gesamten Lohn- und Gehaltssumme von knapp 7 Milliarden Euro die Gewerkschaftsforderung kosten.
Mindestlohn Der Mindestlohn für die Metaller würde dadurch von derzeit 1560 auf 1645 Euro brutto/Monat steigen. Im Handel beträgt dieser derzeit etwa 1300 Euro.