Mahrer zu Embargo-Folgen: "Wir tappen im Dunkeln"
Von Michael Bachner
Im Gegensatz zur heimischen Industrie kann sich Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer (ÖVP) vorstellen, dass Österreich ein Ölembargo gegen Russland mitträgt. Glücklich ist der Wirtschaftsvertreter damit nicht, denn ein EU-Verzicht auf russisches Öl würde die Ölpreise weiter anheizen. Mahrer würde aber – unter anderem aus europäischer Solidarität – mitgehen, sollte es soweit kommen.
Ganz anders verhalte es sich weiterhin in der Gas-Frage. „Das ist die rote Linie“, sagt der Kammerchef. Russisches Gas sei weder kurz- noch mittelfristig ersetzbar, teilt Mahrer die Meinung der Bundesregierung. In diesem Zusammenhang übt der Kammerchef auch scharfe Kritik an Energieministerin Leonore Gewessler von den Grünen.
Die bisherige Nicht-Einbindung der Sozialpartner spreche Bände. Im Gewessler-Ministerium sei man offenbar der Ansicht, die Expertise des Kabinetts reiche aus. Dabei seien bis heute keine genauen Pläne und Szenarien für den Ernstfall vorgelegt worden. „Wir tappen im Dunkeln. Wir vermissen ganz konkrete Szenarien“, sagt Mahrer, der in seiner früheren Funktion als Wirtschaftsminister auch die Energieagenden über hatte.
An Maßnahmen gegen die galoppierende Inflation wünscht sich Mahrer ein Vorziehen der noch ausstehenden Maßnahmen aus der Steuerreform sowie ein rasches Aus für die kalte Progression. Außerdem könnten Arbeitnehmer entlastet werden, indem man Teile des Lohns als steuer- und abgabenfreie Prämie ausbezahlt.
Entlastung Mitte 2022
Ein Teil der Steuerreform ist ja schon umgesetzt worden, etwa die Senkung des Eingangssteuersatz in der Lohnsteuer von 25 auf 20 Prozent. Der nächste Schritt, die Senkung der zweiten Stufe von 35 auf 30 Prozent, steht heuer zur Jahresmitte an. Die Senkung der dritten Stufe von 42 auf 40 Prozent sowie die Senkung der Körperschaftssteuer – beides ist für 2023 bzw. sogar erst 2024 vorgesehen – sollte ebenfalls auf Mitte dieses Jahres vorgezogen werden. Selbiges sei auch bei der kalten Progression machbar. „Die Modelle liegen alle auf dem Tisch.“
Finanzminister Magnus Brunner, ebenfalls ÖVP, hatte zuletzt angekündigt, bis zur Jahresmitte die Abschaffung der kalten Progression erst einmal prüfen zu lassen. Potenziell reißt ein solcher Schritt ein Riesenloch ins Budget. Mahrer kann sich daher vorstellen, dass nicht die gesamte kalte Progression abgegolten wird und sich der Finanzminister einen gewissen budgetären Spielraum erhält.
Was den Wirtschaftsbund-Skandal in Vorarlberg angeht, will Wirtschaftsbund-Chef Mahrer rasch eine neue Richtlinie beschließen lassen. Darin soll festgehalten werden, dass die Kammer und all ihre Teilorganisationen (Landeskammern und 694 Innungen, Fachverbände etc.) keine Inserate mehr in Fraktionsmedien schalten dürfen. Das sei zwar nicht ungesetzlich, doch Mahrer ist der Ansicht, dass es solche Werbung nicht brauche. „Ich hätte gerne, dass das alle Teile der Selbstverwaltung so machen.“ 22,6 Millionen Euro hat die Gesamtorganisation der Wirtschaftskammern Österreich im Vorjahr an Inseraten geschalten.