Verhandlungen gescheitert, Bahnstreik am Montag - ÖBB-Chef: "Mutwillig"
Die fünfte Verhandlungsrunde zu einem neuen Bahn-KV ist am Sonntag gescheitert. Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter gaben sich gegenseitig die Schuld am nun kommenden ganztägigen, österreichweiten Warnstreik der Eisenbahner am morgigen Montag. Nur Busse und kommunale Verkehrsbetriebe sind unterwegs, aber keine Regional-, Fern- und Nachtzüge oder S-Bahnen. ÖBB-Chef Andreas Matthä kritisierte die Gewerkschaft vida sehr scharf für ihren "mutwilligen Streik".
Die Gewerkschaft vida kritisierte nach den gescheiterten Verhandlungen, dass die Arbeitgeberseite der Wirtschaftskammer ihr ursprüngliches Angebot von plus 200 Euro (und Einmalzahlung von 1.000 Euro) zuletzt nur um 8 Euro erhöht hätten.
"Acht Euro wenden keinen Warnstreik ab", wurde vida-Chefverhandler Gerhard Tauchner in einer Aussendung zitiert. Die Arbeitgeber teilten hingegen mit, dass sie ihr Angebot von einem Plus von 8 Prozent auf plus 8,44 Prozent erhöht hätten. Sie gaben der Gewerkschaft die Schuld einen Streik vom Zaun zu brechen und dabei einem Drehbuch zu folgen.
"Die Verantwortung für diesen Warnstreik, für die Auswirkungen auf die Pendlerinnen und Pendler sowie für den wirtschaftlichen Schaden liegt damit ausschließlich bei der Wirtschaftskammer. Hätte sie sich in den letzten zwei Monaten bewegt und ernsthaft verhandelt, hätten wir schon lange einen Abschluss", so Tauchner.
"Waren die Forderungen bisher schon maßlos, dann ist diese Vorgehensweise unmittelbar vor einem Streik verantwortungslos", so Arbeitgeber-Chefverhandler Thomas Scheiber. Er fragte, warum niedrigere Gehaltsabschlüsse von der vida in anderen Branchen "abgefeiert" werden aber bei der Bahn gestreikt werde. "Die Gewerkschaft nimmt mit ihren unrealistischen Forderungen die gesamte Branche und ihre Kunden in Geiselhaft."
Solange es bei der Eisenbahn noch 40-Stunden-Jobs gäbe, wie im Nachtzug, wo Kolleginnen und Kollegen lediglich 1.356 Euro netto im Monat als Einstiegsgehalt bekämen, gäbe es im Kollektivvertrag noch massiven Aufholbedarf, so Tauchner. "Wir fordern weiterhin einen monatlichen Fixbetrag in Höhe von 400 Euro auf KV- und Ist-Löhne, weil dieser insbesondere die niedrigen und mittleren Einkommen in Zeiten der anhaltenden Rekordinflation von inzwischen 11 Prozent stützt", bekräftigt Tauchner.
ÖBB: Kein Verständnis
Die ÖBB bedauerten am Sonntag die Nicht-Einigung der Sozialpartner. Daher komme der gesamte Zugverkehr in Österreich am Montag, 00:00 bis 24:00 Uhr, zum Erliegen. "Mir fehlt jedes Verständnis für diesen Streik", kritisierte ÖBB-Chef Matthä die Gewerkschaft vida in einer Stellungnahme ganz offen. "Die Arbeitgeberseite hat mit 8,44 Prozent das höchste Angebot aller Branchen gestellt", bekräftigte er. "Es ist ganz klar, ein mutwilliger Streik der Gewerkschaft. Es schmerzt mich, dass unsere Fahrgäste dermaßen in Mitleidenschaft gezogen werden." Matthä entschuldigte sich wie die Verhandler beider Seiten bei den betroffenen Fahrgästen. "Die ÖBB werden alles daran setzen, den Betrieb so rasch wie möglich wieder hochzufahren."
Die ÖBB ersuchten die Fahrgäste, nicht notwendige Fahrten zu verschieben bzw. alternative Reisemöglichkeiten zu wählen. Es kann bereits ab Sonntagabend bzw. bis Dienstagfrüh zu Ausfällen bei den Nightjet-und EuroNight-Verbindungen kommen. Die Bahn werde im Streikfall Details zu Einschränkungen, Verzögerungen oder Ausfällen auf oebb.at/streik, den ÖBB-SocialMedia-Kanälen sowie in der Fahrplanauskunft Scotty bekanntgeben. Alle Bahnunternehmen versuchen laut Scheiber, die Fahrgäste so gut es geht zu informieren und die Tickets zu ersetzen oder weiter gelten zu lassen.