Krieg der Worte ist vorbei: Strafzölle fliegen tief
Schon im Wahlkampf machte Donald Trump kein Hehl daraus, dass er gegen das enorme Loch in der Außenhandelsbilanz der USA mit China ankämpfen will. Es folgten heftiges Getwitter sowie im Februar erste Nadelstiche gegen China-Importe, etwa mit Zöllen auf Solarmodule und Waschmaschinen. Dann traten im März und Juni Zölle auf Stahl- und Aluprodukte in Kraft – unter anderem gegen China. Seit Freitag, 6. Juli, hat der Disput allerdings eine neue Ebene erreicht.
Der Konflikt zieht sich über Monate. Was ist neu?
Am Freitag, 6 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit, aktivierten die USA die angedrohten Sonderzölle auf chinesische Waren im Wert von zunächst 34 Milliarden Dollar (29 Milliarden Euro). Eine Liste mit weiteren 16 Milliarden Dollar, darunter Halbleiter und Baumaterial, bleibt vorerst noch ausgesetzt. Der Hintergrund der Aktion: Die USA werfen China Patentklau und Technologiediebstahl vor.
Was ist von den US-Strafzöllen betroffen?
Die zusätzlichen Einfuhrzölle von 25 Prozent betreffen 818 Produkte – viele Hochtechnologieteile aus China, die in die Produktion von Autos und Flugzeugen einfließen, sowie Elektronikkomponenten und Festplatten.
Wie hat China reagiert?
Nur eine Minute verstrich, bevor um 6.01 Uhr Strafzölle auf 545 US-Importe im Wert von 34 Milliarden Dollar verhängt wurden. Peking wirft dem US-Präsidenten nun vor, den „größten Handelskrieg aller Zeiten“ vom Zaun gebrochen zu haben. Es ist zumindest der größte seit der Großen Depression der 1930er-Jahre. Laut Chad Bown vom Peterson Institute betrifft der Hick-Hack bereits Warenströme von 165 Milliarden Dollar.
Gegen wen ist Chinas Vergeltungsaktion gerichtet?
Mehr als ein Drittel auf Chinas Liste machen landwirtschaftliche Produkte wie Sojabohnen, Baumwolle und Schweinefleisch aus. Der Aufschrei der Sojabauern in den USA (siehe rechte Seite) zeigt, dass sich wenig Freunde bei der agrarisch geprägten Wählerschaft im Mittleren Westen macht. Betroffen sind auch Autoexporte im Wert von 11 Milliarden Dollar. BMW kündigte an, die Zoll-Kosten nicht zur Gänze auffangen zu können. Die in den USA gefertigten und in China verkauften SUV X4, X5 und S6 werden somit teurer. Daimler bereitete seine Aktionäre schon auf geringere Gewinne vor.
Wer profitiert?
Wenn sich zwei streiten, freut sich üblicherweise der Dritte. In diesem Fall gibt es aber keine Gewinner, sind Handelsexperten und Ökonomen überzeugt. „Niemand profitiert von so etwas“, sagt etwa Martin Kocher, Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS). Letztlich würden alle Maßnahmen dazu führen, dass Produkte teurer werden. Bezahlen müsse der Konsument. „Und das geht auf Kosten des Wachstums.“ Michael Hüther, Direktor des Instituts der Wirtschaft (Köln), fürchtet dadurch Auswirkungen auf Deutschland: Sinkt das Wachstum in China, dann hätte das Auswirkungen auf die Exporte deutscher Erzeuger ins Reich der Mitte.
Wie trifft es Österreich?
Wenn die deutschen Exporte schlechter laufen, bekommen auch die heimischen Unternehmen, viele von ihnen Zulieferbetriebe, weniger Aufträge – schlecht für die Entwicklung der Arbeitsplätze. Von den österreichischen Unternehmen seien laut Michael Löwy von der Industriellenvereinigung (IV) vor allem jene betroffen, die in China produzieren und von dort in die USA exportieren. Das sind deutlich mehr als in die Gegenrichtung.
Nach Einschätzung eines Beraters der Zentralbank in Peking sollen die US-Strafzölle das Wachstum der chinesischen Volkswirtschaft um 0,2 Prozentpunkte dämpfen. Die Regierung in Peking denke darüber nach, besonders hart betroffene Branchen zu stützen.
Ist der Höhepunkt des Handelskrieges erreicht?
Nein, ein rascher Ausweg ist nicht absehbar. Trump hat weitere Zölle von 10 Prozent gegen chinesische Waren im Wert von 200 Milliarden Dollar angedroht, sollte China Gegenwehr zeigen. Er sprach sogar von potenziell 500 Milliarden Dollar, womit de facto alle Importe aus China betroffen wären. US-Firmen befürchten jetzt, in Asiens größtem Markt noch feindseliger behandelt zu werden – sei es mit schikanösen Inspektionen oder Boykott-Aufrufen. Dass chinesischen Touristen von Reisen in die USA aus Sicherheitsbedenken abgeraten wurde, könnte ein erster Vorgeschmack sein.