Kreditkäufer warnen vor Bugwelle an Insolvenzen in Deutschland
Mit der in Corona-Zeiten ausgesetzten Insolvenzantragspflicht baut sich nach Ansicht der Kreditkäufer eine Bugwelle von Firmenpleiten in Deutschland auf. Die Bundesvereinigung Kreditankauf und Servicing (BKS) erwartet, dass die Zahl der Insolvenzen von derzeit circa 4.500 pro Quartal ab nächstem Jahr auf dann 6.000 bis 7.000 pro Vierteljahr in die Höhe schnellt.
Laut BKS-Präsident Jürgen Sonder könnte die Welle an aufgeschobenen Insolvenzen kleiner und mittlerer Firmen sowie die zu erwartenden Pleiten von Solo-Selbständigen das gesamte Bankensystem schwer belasten. Zusammen mit einer eventuellen Einschränkung der Kreditvergabe werde eine schnelle Konjunkturerholung unwahrscheinlich, warnte Sonder am Montag, dessen Verband die Interessen von derzeit 31 im Kredithandel tätigen Mitgliedsunternehmen in Deutschland vertritt.
Die Pflicht zur Anmeldung von Insolvenzen ist wegen der Corona-Krise teilweise bis Jahresende ausgesetzt. Experten warnen vor "Zombie"-Unternehmen, die dadurch künstlich am Leben erhalten würden. Wenn zu viele Unternehmen oder Privatpersonen gleichzeitig ihre Kredite nicht mehr bedienen könnten, stießen die Banken bei Kapital und Abwicklung an ihre Grenzen, so der BKS-Chef. "Das betrifft nicht nur das vorzuhaltende Risikokapital, sondern dann auch die real gewordenen Kosten der Kreditausfälle."
Die Europäische Zentralbank (EZB) warnte unterdessen mit Blick auf den Euro-Raum vor einer vorschnellen Rücknahme der Hilfsmaßnahmen für die Wirtschaft. Falls die Erholung ausgebremst werde und das Wachstum schwächer als erwartet ausfalle, könnte ein früher Ausstieg die Zahl der Firmenpleiten erheblich steigen lassen, schreibt die Notenbank in ihrem Finanzstabilitätsbericht. Dies hätte auch Folgen für Banken. Bei einem abrupten Ende der Maßnahmen würden zudem Finanzierungsrisiken zunehmen. Firmen würden dann voraussichtlich noch verwundbarer sein als zum Höhepunkt der globalen Finanzkrise.
Bisher haben laut EZB die Hilfsmaßnahmen dazu beigetragen, die Zahl der Firmenpleiten zu begrenzen. Dazu gehörten Kreditgarantien der Regierungen und die Aussetzung von Insolvenzantragspflichten. Unternehmen sollten weiter in der Lage sein, ihre Schulden zu bedienen. Dies setze voraus, dass die Kreditkosten niedrig blieben und sich die Wirtschaftsaktivität und die Zahlungsströme letztendlich erholten, schreiben die Experten.
Die EZB hat zur Eindämmung der Pandemie-Folgen umfangreiche geldpolitische Stützungsschritte für Unternehmen auf den Weg gebracht - darunter ein inzwischen 1,35 Billionen Euro schweres Pandemie-Anleihenkaufprogramm. Im Rahmen dieses PEPP getauften Programms erwarb sie unter anderem bis Ende September Firmenanleihen im Volumen von mehr als 20 Mrd. Euro und kurzfristige Schuldentitel der Unternehmen (Commercial Paper) im Volumen von mehr als 31 Mrd. Euro.