Konjunktur: Rekord für das Guinness-Buch
Von Christine Klafl
Für Karl Aiginger, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO), wäre das "einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde wert": Österreichs Wirtschaftskraft wird sich heuer und nächstes Jahr erneut besser entwickeln als jene des Euroraums. "Das ist dann schon das zwölfte Jahr in Folge", sagte Aiginger bei der Präsentation der jüngsten Konjunkturprognose.
0,6 Prozent Zuwachs heuer und 1,3 Prozent im kommenden Jahr – so lautet die WIFO-Voraussage für das heimische Bruttoinlandsprodukt. Das Institut für Höhere Studien (IHS) ist optimistischer. Der neue IHS-Chef Christian Keuschnigg traut Österreich ein Plus von 0,8 (2011) und 1,7 Prozent zu. Seine Argumente: Österreichs Wirtschaft sei sehr gut aufgestellt, die Beschäftigung im ersten Halbjahr habe überraschend stark zugenommen und besondere Anzeichen für eine Kreditklemme gebe es keine.
Leichte Rezession
Der Euroraum-Durchschnitt wird durch Krisenländer wie Griechenland, Spanien, Portugal oder Italien deutlich nach unten gezogen. Dem gesamten Währungsgebiet wird für heuer eine leichte Rezession von 0,2 bis 0,3 Prozent vorausgesagt. Nächstes Jahr sollte sich dann wieder ein Plus von rund einem Prozent ausgehen. "Man darf nicht vergessen, dass in den Krisenländern schon viel geschehen ist", so Keuschnigg. Griechenland oder Spanien hätten die Hälfte ihrer verlorenen Wettbewerbsfähigkeit bereits wieder zurückgewonnen.
Mit einem kleinen Seitenblick auf Aiginger meinte Keuschnigg: Österreich sollte sich nicht am Euroraum-Durchschnitt sondern an Deutschland messen. Dem wichtigsten heimischen Wirtschaftspartner sagen die Forscher ein Wachstum von heuer einem und nächstes Jahr zwei Prozent voraus. Das ist eine Spur robuster als die heimische Entwicklung.
Arbeitsmarkt
Der österreichische Arbeitsmarkt sei seit einiger Zeit Janus-köpfig, sagt Aiginger, und das werde auch vorerst so bleiben. Die zwei Gesichter des Janus-Kopfes: Auf der einen Seite steigt die Zahl der Arbeitslosen heuer um rund 18.000 an, auf der anderen Seite nimmt aber auch die Zahl der Beschäftigten um 42.000 zu. Die Industrie stellt, obwohl sie selbst in einer Stagnationsphase steckt, Personal ein. Aiginger ortet hier die Angst vor einem Mangel an Fachkräften, wenn die Industriekonjunktur wieder anspringt. Insgesamt liegt die Beschäftigung um 80.000 über dem Vorkrisenniveau des Jahres 2008.
Beide Forscher mahnen die heimische Politik, an der Budgetsanierung unbedingt festzuhalten. Eltern würden für ihre Kinder im Lauf der Zeit Vermögen ausgeben, als Steuerzahler dürften sie ihnen nicht eine schwere Hypothek hinterlassen, sagt Keuschnigg. Aus jetziger Sicht wird das österreichische Budgetdefizit nächstes Jahr laut WIFO-Prognose 2,3 Prozent ausmachen. "Ich warne schon jetzt vor Wahlgeschenken", so Aiginger. Spielraum, etwa für Konjunkturprogramme, "gibt’s nur mit niedrigen Schulden", sagt Keuschnigg.
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