Köstinger fordert EU-Labels für Herkunft von Lebensmitteln
Klare Hinweise auf der Lebensmittelpackung zu Herkunft, Tierwohl und Nährwert: Die deutsche Agrarministerin Julia Klöckner sieht Chancen, in der Europäischen Union einheitliche neue Kennzeichnungen einzuführen. Das sei vielen EU-Staaten sehr wichtig, sagte die CDU-Politikerin am Dienstag nach Beratungen mit ihren EU-Kollegen in Koblenz. Dazu zählt auch Österreich.
Die Neuerungen dürften aber noch Jahre dauern. Sie sollen Bauern helfen, für aufwendiger hergestellte Produkte höhere Preise durchzusetzen.
Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) hat beim Treffen der EU-Agrarminister in Koblenz eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung, insbesondere für Fleisch, Milch und Eier, in verarbeiteten Lebensmitteln gefordert. Sie kritisierte die EU-Kommission, die ein solches System in ihrer Farm-to-Fork-Strategie nicht vorgeschlagen hat.
Über die seit Jahren umstrittene EU-Agrarreform sei nicht vertieft gesprochen worden, sagte Klöckner. Hierzu wolle sie im Oktober eine gemeinsame Linie der EU-Staaten finden. Da Deutschland bis Jahresende den Vorsitz der 27 Länder hat, kommt Klöckner eine Vermittlerrolle zu.
Tierschutz
Fortschritte sah die Ministerin bei ihren Plänen für ein Tierwohl-Label, für striktere Regeln bei Tiertransporten und für eine Stärkung regionaler Produkte durch bessere Herkunftsbezeichnungen. "Ich denke, dass wir heute wirklich Schritte weiter gekommen sind", sagte Klöckner. Auch beim Nutriscore-Label - einer Kennzeichnung in Ampelfarben als Hinweis auf Zucker- und Fettgehalt - brauche man eine Harmonisierung.
Für Deutschland bereitet die Berliner Regierung einen Rechtsrahmen zur freiwilligen Verwendung des Nutri-Score-Logos vor. Eine entsprechende Verordnung liegt gerade zur Billigung in Brüssel. Über Pläne für ein nationales Tierwohl-Label für Fleisch aus besserer Haltung gibt es seit längerem Streit in der großen Koalition.
EU-Landwirtschaftskommissar Janusz Wojciechowski signalisierte Unterstützung für eine einheitliche Linie: "Wir stehen voll hinter der Entwicklung eines Kennzeichnungssystems." Zur Vorbereitung werde man nun zunächst eine erste Analyse zur Folgenabschätzung einleiten.
Thema bei dem Koblenzer Treffen waren auch die Lehren der Coronakrise für die Landwirtschaft - sowohl die stabile Lieferung von Lebensmitteln als auch die Freizügigkeit von Erntehelfern bei künftigen Krisen. Bei der Versorgung gehe es um eine Balance aus Produkten aus der Region, aus der EU und einem regelbasierten internationalen Handel, sagte Klöckner.
Mercosur-Abkommen
Über das fertige Handelsabkommen mit den Mercosur-Staaten in Südamerika äußerte sie sich - wie jüngst die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel - kritisch. Dass der Pakt ratifiziert werde, sehe sie noch nicht, sagte die Ministerin. In Südamerika würden Regenwälder für Ackerland gerodet, und europäische Landwirte müssten dann mit umweltschädlich produzierten Lebensmitteln konkurrieren.
Greenpeace begrüßte Klöckners Ansage gegen das Mercosur-Abkommen als wichtiges Signal. "Gesenkte Zölle auf viele Agrargüter würden unter anderem den Import von Geflügel und Rindfleisch aus den Mercosur-Ländern in die EU stark erhöhen den ruinösen Preiskampf der europäischen Landwirtschaft verschärfen", erklärte der Umweltverband.
Proteste
Doch in Koblenz protestierte Greenpeace auch gegen das Agrarministertreffen. Über der Stadt kreiste ein Gleitschirmflieger mit dem Banner: "Kein Geld für gestern." Bauern protestierten ihrerseits mit teils wütenden Parolen. "Die Henker der Landwirtschaft" stand auf einem Banner mit Abbildungen unter anderem von Merkel, Klöckner und Bauernpräsident Joachim Rukwied. Dieser betonte: "Wir distanzieren uns von jeder Radikalisierung, auch von Pflug und Schwert." Der Deutsche Bauernverband setze auf Dialog mit der Politik.