Wirtschaft

IHS: Lockdown könnte pro Woche 1 bis 1,5 Milliarden Euro kosten

Trotz Milliarden an Staatshilfen kommen mit dem zweiten Lockdown erneut erhebliche Schäden auf die heimische Volkswirtschaft zu. Die genauen Folgen seien zwar noch nicht abschätzbar, der Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS), Martin Kocher, schätzt jedoch, dass die Kosten rund eine bis 1,5 Mrd. Euro pro Woche ausmachen könnten. Ohne Lockdown wären die Schäden aber noch größer, so der Ökonom im Ö1-Mittagsjournal des ORF-Radio.

"Die Alternativen sind schlechter als das, was jetzt passiert", sagte Kocher. Die Regierung habe derzeit zum Glück noch Spielraum im Budgetrahmen für weitere Maßnahmen, da für die bisherigen Coronahilfen mehr budgetiert als bisher ausgezahlt wurde. Sollte es aber im Verlauf der Krise zu weiteren Lockdowns kommen, würde das budgetär "sehr, sehr schwierig" werden, so der IHS-Chef. Eine wichtige Rolle spiele auch, wie der Umsatz-Ersatz genau ausgestaltet sein werde. "Das wissen wir noch nicht genau", sagte Kocher.

Wirtschaftlich verkraftbar

Der Schaden aus dem zweiten Lockdown werde insgesamt geringer ausfallen als im Frühling, schätzt der Ökonom. Damals belief er sich auf rund 2 Mrd. Euro pro Woche. Da es nun aber keine Ausfälle in der Produktion oder im Bau geben werde, dürften die Kosten für den November-Shutdown geringer ausfallen. Rund 1 bis 1,5 Mrd. Euro Schaden pro Woche seien wahrscheinlich.

Ohne einen Lockdown würde der volkswirtschaftliche Schaden aber noch größer ausfallen, so Kocher. Denn dann wäre die wirtschaftliche Aktivität bei anhaltend hohen Infektionsraten wohl über Monate hinweg zurückgegangen. "Die Hoffnung ist jetzt aus meiner Sicht, dass dieser schärfere Lockdown die Infektionsraten nach unten bringt, wir danach gelernt haben, dass sie nicht mehr so schnell steigen und damit wirtschaftliche Aktivität wieder möglich ist. Dann ist es auch wirtschaftlich verkraftbar und es hat sich ausgezahlt, diese Kosten auf sich zu nehmen", sagte Kocher im Ö1-Journal.

Produktivität in Österreich sinkt

Die Schulschließungen seien ebenfalls mit langfristigen ökonomischen Folgen verbunden, sagt der IHS-Chef. Die Kosten seien sowohl für die Schüler als auch für die Eltern hoch. Für die Eltern sei dies der Fall, da diese durch den Lockdown möglicherweise Schwierigkeiten bei der Vereinbarkeit von Beruf und Kinderbetreuung bekommen und damit die Produktivität in Österreich sinke.

Die Schüler könnten dagegen ihren Bildungs-Rückstand eventuell nicht mehr zur Gänze aufholen, was wiederum ihre Abschluss- und Berufschancen negativ beeinträchtige, so Kocher. In Folge müssten sie zum Teil auch mit einem geringen Einkommen rechnen. "Es gab offensichtlich keine andere Möglichkeit. Wahrscheinlich ist der Nutzen aus Infektionssicht so hoch, dass er die Kosten überwiegt," sagte Kocher.

Mehr Insolvenzen

Kocher rechnet damit, dass ab Anfang des kommenden Jahres klarer sein wird, wie lange die aktuelle Lage noch anhält und wie viel staatliche Unterstützung die Wirtschaft dann noch braucht. Ab dann müsse auf politischer Ebene auch evaluiert werden, wie lange noch welche Sektoren mit Staatshilfen unterstützt werden sollen.

In Folge könnte es dann auch zu mehr Insolvenzen kommen. Heuer habe es nur geringe Insolvenzraten gegeben, Kocher erwartet jedoch für 2021 Nachholeffekte - insbesondere, wenn die Steuerstundungen beendet werden. Gefährdet durch mögliche Insolvenzen seien dann vor allem Unternehmen mit schlechter Kapitalausstattung, so der IHS-Chef.