Wirtschaft

Keine Angst vor Zinswende

Hochspannung vor der Zinssitzung der US-Notenbank Federal Reserve (Fed): Am Donnerstag, den 17. September, gibt Fed-Chefin Janet Yellen bekannt, ob sie die Zinswende einleitet und den Leitzins für die USA um einen Viertelprozentpunkt anhebt. Das wäre ein bedeutsamer Schritt: Die letzte Anhebung fand Mitte 2006 statt. Seither ging es mit den Zinsen infolge der Krise nur bergab – auf aktuell 0,25 Prozent.

Die Frage ist nicht ob, sondern nur wann es so weit ist. Aufgrund der guten US-Wirtschaftsdaten müsste Yellen eigentlich aktiv werden. Zuletzt sind aber Zweifel aufgekeimt: Die Turbulenzen in China und der Aktien-Kursabschwung wären zu große Unsicherheitsfaktoren.

"Wir würden uns den Schritt schon im September wünschen", sagt dagegen Andreas Auer, Ökonom der auf Vermögensverwaltung spezialisierten Privatbank Bank Gutmann, zum KURIER. "Das würde ein Zeichen der Stärke aussenden und aus unserer Sicht eher zur Stabilisierung der Märkte beitragen." Im Moment liege die Inflationsrate in den USA zwar deutlich unter den angepeilten zwei Prozent. Aber: Nach Fed-Definition herrscht in den USA Vollbeschäftigung. In manchen Regionen drohen die Arbeitskräfte knapp zu werden. "Eine Steigerung der Löhne ist da nur eine Frage der Zeit", sagt Auer. Und damit steigende Preise. "Notenbanker können aber nicht erst reagieren, wenn es soweit ist." Ein weiteres Argument: Die Wirtschaftszyklen der USA liefen in der Vergangenheit meist über sieben bis acht Jahre. "So lange läuft der aktuelle Zyklus auch schon", sagt Friedrich Strasser, Veranlagungschef der Bank. Für eine mögliche künftige Rezession sollte die Fed über Munition – in Form von Zinssenkungen – verfügen. Mit einem Leitzins nahe Null stünden Notenbanken "am Rande der Handlungsfähigkeit".

Munition im Köcher

Eigentlich müssten Aktien und Anleihen durch höhere Zinsen unter Druck geraten. "Ich glaube, die Märkte würden gut reagieren", sagt jedoch Strasser. Die Fed dürfe sich nicht von Einzelereignissen wie in China abhängig machen. Bei 0,5 Prozent könne man zudem nicht von höheren Zinsen sprechen. Entscheidender sei, wie rasch der Zinssatz danach steigt. Auer erwartet diesen Ende 2016 bei 1,5 bis 1,7 Prozent.

Viele Händler sind aber auf eine verzögerte Anhebung eingestellt. Das sorgt für Unsicherheit – und die lieben die Märkte gar nicht. "Ich hoffe doch, dass sich jetzt niemand mehr schockieren lässt", sagt Auer. Schließlich habe die Fed das von langer Hand vorbereitet. Der Dollar wertet schon seit Monaten stark gegenüber anderen Weltwährungen auf. Die US-Wirtschaft könne das verkraften, weil sie weniger vom Export als von den Konsumenten im eigenen Land abhängig ist. Und die seien durch den gesunkenen Ölpreis gerade um 100 Milliarden Dollar entlastet worden.Recht entspannt sehen die Investmentprofis China. "Fast niemand hatte mitbekommen, als die Börsen in Shenzhen und Shanghai fast 160 Prozent zugelegt haben", sagt Strasser. "Dafür soll jetzt wegen 40 Prozent Rückgang die Welt untergehen?" Für die 20 oder 30 Millionen Chinesen, die an der Börse aktiv sind, sei das wie Lottospielen: "Da verliert keiner deswegen seine Wohnung."