Wirtschaft/Karriere

Traumjob in 10.000 Metern: Wie man im Cockpit landet

Wie schreibt man über Traumjobs in der Luft, wenn man Flugangst hat? Wenn man vor jeder Reise seinen Nachlass regelt und bei der ersten Turbulenz – wieder einmal – dem Atheismus abschwört?

Indem man sich der Sache verpflichtet. Ohne Rücksicht auf Ängste und schlaflose Nächte. Und sich bei einer der besten und größten Fluglinien der Welt ansieht, wie Piloten und Flugbegleiter ausgebildet werden. Sogar selbst das größte Passagierflugzeug der Welt fliegt. Aber alles der Reihe nach.

4.300 Kilometer entfernt

Die Recherche führt nach Dubai, in die Vereinigten Arabischen Emirate. Nur fünfeinhalb Flugstunden von Wien entfernt, ist die Luft trocken und heiß, der Horizont durch Sand getrübt.

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Hier ist das Headquarter der Fluglinie Emirates. Sie fliegt 158 Destinationen an, macht einen Umsatz von 25,2 Milliarden US-Dollar und hat die größte A380-Flotte der Welt, das größte Passagierflugzeug im Dienst: 109 Stück. Mehr als 4000 Piloten und 22.000 Cabine-Crew-Mitglieder arbeiten hier.

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Nur wenige Autominuten vom Flughafen entfernt, ragt die hauseigene Flugakademie über der mehrspurigen Straße – in der Optik eines Fliegers, versteht sich. Das „Emirates Aviation College“, so prangt es in glänzenden Lettern im Eingangsbereich, umfasst 20 Gebäude, und ist so einzigartig, dass sich selbst fremde Fluglinien fürs Training hier einmieten. Mehr als zehn Millionen investierte man vor zwölf Jahren, um Emirates-Mitarbeiter aus 165 Ländern mit 60 unterschiedlichen Muttersprachen für die Routine und den Ernstfall auszubilden.

Ernstfall?

Den Ernstfall, sagt der 48-jährige Oliver Benedikt – er ist einer von 33 österreichischen Piloten bei der Airline – hat es in seiner Karriere noch nicht gegeben. Zum Glück. „Das einzige Gefährliche am Fliegen ist die Fahrt mit dem Auto zum Flughafen“, scherzt er. Und betont: „Was sich für einen Passagier wie ein Notfall anfühlt – eine Notlandung, ein medizinisches Problem an Bord – ist für uns ein Standard-Prozedere.“

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Alle sechs Monate sind er und alle anderen Piloten der Fluglinie dazu verpflichtet, sich drei Tage lang Tests an einem der vielen Simulatoren zu unterziehen.

Die kleine Kiste, in die er dafür steigt, ist ein hochtechnischer, geheimnisvoller Ort: Piloten-Ausbilder Thomas Cumming kann hier jedes Szenario simulieren. „Ein Flugzeug kann fast selbstständig starten, fliegen und landen. Wenn die Maschine und ihre Systeme aber ausfallen, braucht es uns Menschen“, sagt er beinahe ehrfürchtig und deutet auf den freien Piloten-Sitz – man möge Platz nehmen.

Der Piloten-Sitz

Unter großem Herzklopfen starten wir nach kurzer Einschulung die vier Turbinen des A380.

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Die Kraft ist gewaltig – ist das wirklich ein Simulator? Wir betätigen Pedale, Hebel, Knöpfe und etwas, das wie ein Joystick aussieht – und fliegen.

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Losgelöst, wendig drehen wir Runden über Dubai. Wie hoch, tief oder geneigt kann es gehen? Der Computer reguliert jede Übersteuerung, tariert aus. Kapitän Cumming erklärt mit ruhiger Stimme, was passiert. Das Herzklopfen legt sich.

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Nach der sicheren Landung führt eine Crew-Trainerin ins Herzstück der Akademie: eine große Halle mit Korpussen von zwei Boeings und einem zweistöckigen Airbus auf Simulator-Beinen, dazwischen ein riesiger Pool, ringsum aufgeblasene Wasserrutschen. Es riecht nach Gummi.

 

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Es riecht nach Gummi. Einer der Flieger wippt auf und ab, im anderen heult eine Sirene, ein Feuer soll unter Kontrolle gebracht werden. „Nur Party-Rauch und bunte Lichter“, winkt die Trainerin ab – in 10.000 Metern Höhe wäre Feuer aber ein echter Notfall.

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Jeder Raum eine Übung

Wenige Meter weiter schon das nächste Setting: Hier übt man, Flugzeugtüren zu öffnen.

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Im nächsten Raum wiederum den Umgang mit Sauerstoffmasken, Schwimmwesten und Leuchtpistolen. „Bei einer Notlandung muss das Flugzeug in 90 Sekunden evakuiert werden – jeder Handgriff muss da sitzen.“ Zwei Monate trainiert hier die Crew alle nur erdenklichen Abläufe. Nach vier Monaten im Job muss sie eine Abschlussprüfung ablegen. Das Zertifikat, das sie dann erhält, muss sie jedes Jahr hier erneuern.

 

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Der Blick hinter die Ausbildungskulissen hat gezeigt: Hinter Jobs im Flugzeug steckt monate-, jahrelange Ausbildung. Fliegen ist durchdacht, aufs geringste Risiko minimiert. Fliegen ist faszinierend. Aber: Wird es bei all der Automatisierung im Cockpit und in der Fliegerei in Zukunft überhaupt noch Piloten brauchen? „Auf jeden Fall. Diesen Job wird es die nächsten Jahrzehnte geben“, sagt Oliver Benedikt. „Wenn Sie heute anfangen, können Sie als Pilotin noch in Pension gehen.“

Der Rückflug aus Dubai – in einem echten A380 – ist entspannt. Die Gedanken kreisen um die Piloten im Cockpit: Hebel schieben, Knöpfe drücken, die Welt von oben sehen – so ein Job muss schön sein.

Die Reise erfolgte auf Einladung der Emirates.

Emirates-Pilot: „Sehr angenehmes Leben“

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Mit 23 Jahren bei einer Fluglinie anfangen, mit 60 bei der gleichen in Pension gehen –  das war Oliver Benedikt zu wenig. „Ich wollte mehr Abenteuer. Also wechselte ich.“ Elf Jahre lang war er bei der  AUA, seit  16 Jahren ist er nun bei Emirates.

Je nach Dienstplan fliegt er rund zwei Mal im Monat einen Langstreckenflug (bis zu 17 Stunden), dazwischen manchmal auch Kurzstrecke und er schult  andere Piloten.  Was für manche als Nachteil empfunden werden könnte:Sein Lebensmittelpunkt ist  Dubai –  hier leben alle Emirates Piloten.

Und das gar nicht mal so schlecht

Um die Unterkunft in einer der teuersten Städte der Welt braucht sich Benedikt nicht sorgen: Das Einfamilienhaus, das er bewohnt, stellt die Firma. Auch wird er vor  jedem Flug von einem Chauffeur abgeholt und anschließend wieder nach Hause gebracht. „Es ist ein sehr schönes, angenehmes Leben in Dubai“, lächelt er.

Wie hoch sein Verdienst ist, möchte er nicht verraten. Laut Emirates-Homepage starten Kapitäne aber bei einem Gehalt von 11.126 Euro im Monat – steuerfrei. Co-Piloten (Erste Offiziere) bei 7.240 Euro.

Für jede ungeplante Stunde im Flieger kommen noch rund 170 Euro dazu. Die Firma deckt weiters auch die Lebens- und Unfallversicherung, Kosten für medizinische Versorgung inklusive Zahnärzte, es gibt Vergünstigungen auf Flüge, kostenlose Reinigung und natürlich ein kräftiges Pensions-Paket. Ähnliche Angebote gelten auch für Flugbegleiter.

Das alles sei aber nicht der Grund, warum Benedikt beruflich  fliegt: „Es gibt so viel Schönes da oben: Wenn man die  Aurora über dem Nordpol sieht oder im Schneesturm New York anfliegt – die Liste ist endlos.“ 

Frauen: Markenbotschafterinnen der Airline

 

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In den Gängen des „Aviation College“ duftet es nach edlem Parfüm, im ganzen Gebäude wuseln junge, schöne Frauen und Männer  herum. Sie hasten zu Kabinen-Service-Übungen, Duty-free-Verkaufsschulungen oder den Sicherheitstrainings.

Dabei strahlen sie  in ihrer auf den Leib geschneiderten Uniform, auf den ersten Blick sind sie aber kaum voneinander zu unterscheiden: Das Make-up, die Frisur, die Nagellackfarbe und auch die Nagel-Form gibt die Fluglinie vor. Auf den zweiten Blick erkennt man: Hier kommen Menschen aus 135 Ländern zusammen, die sich dafür entschieden haben, neben Flugbegleitung auch Markenbotschafter zu sein.

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Frauen als Flugbegleiterinnen haben bei Emirates Tradition. Im Cockpit saß die Erste erst 2017. Die arabische Pilotin Nevin Darwish flog  gemeinsam mit  Alia Al Muhair,  damals jüngste A480-Pilotin der Emirates, den A380 nach Wien.

Rund 29.000 Frauen sind bei der Fluglinie heute mit an Bord (vorrangig als Kabinenbesatzung und im technischen Bereich)  – was einen sehr hohen  Frauenanteil von 44 Prozent ausmacht. Rund 2,5 Prozent haben eine Führungsposition. 2018 wurde anlässlich des Weltfrauentags ein ganzer Flug von Dubai nach San Francisco komplett von Frauen durchgeführt – insgesamt 75 aus über 25 Ländern.  

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