Wirtschaft/Karriere

Rollende Chefsessel: Wer nicht mitspielt, ist raus?

Es beginnt mit der Anpassung der Sprache an die der Kollegen. Mit der Zeit werden auch Gestik, Kleidung und Gewohnheiten modifiziert. Oft ändern sich der Freundeskreis, die Hobbys. Und ab und zu werden auch die eigenen Wertvorstellungen revidiert, zumindest verschoben - an jene des Unternehmens angepasst. Was in der Vergangenheit gegen die eigenen Werte war und zum Brückensprung verleitet hätte, kann im Gleichklang des Kollektivs schöngeredet werden. Die weiße Weste bleibt weiß, weil das Verständnis der Farbe eben von der Mehrheit definiert wird. Sich ausgrenzen ist keine Lösung, denn alleine - da sind sich die Manager und Personaler einig (siehe oben) - kommt man nicht nach oben.

Verbiegen ja, aber nur so lange das Spiegelbild mitlächelt, denn Integrität und Ehre sind auch in der heutigen Wirtschaftselite zentrale Werte. Auch wenn in den vergangenen Wochen und Monaten eine Reihe von Korruptionsskandalen publik wurde. "Natürlich ist es möglich mit einer weißen Weste nach oben zu kommen. Das ist doch lächerlich", sagt Franz Hofbauer. 27 Jahre lang war er im Vorstand von Alcatel Austria, vormals ITT, von 2003 bis 2007 Generaldirektor. Heute ist er im Beirat von Transparancy International Österreich. "Es stimmt schon", sagt Hofbauer, "es gibt eine Anhäufung von Korruptionsfällen in der letzten Zeit, aber man darf Manager und Politiker nicht pauschal verurteilen. Es ist nicht schlechter geworden, es wird mehr aufgedeckt. Die überwiegende Zahl der Entscheidungsträger ist sauber." Andreas Treichl gibt ihm mit einer plakative Aussage, getätigt beim Forum Alpbach, recht: "Ich glaube nicht, dass wir heute größere Schweine sind, als es unsere Kollegen in den Großbetrieben vor 20 oder 30 Jahren waren. Wir haben aber wesentlich mehr Transparenz und Aufsicht heute", so der Erste-Bank-Chef.

Eben diese Kontrolle ist laut Hofbauer essenziell. Probleme gibt es in Österreich trotz der Beschränkung des Spielraums durch Aufsichtsräte, Kollegen, Gewerkschaften dennoch. Einfacher Grund: die Freunderlwirtschaft. "Das ist in Österreich nach wie vor ein Problem. Sie ist ein Grundübel. Aber ich hoffe, dass diese Skandale die Leute zum Nachdenken anregt", sagt Hofbauer. Mit Freunderlwirtschaft wollen die Österreicher nichts mehr zu tun haben. Sie netzwerken lieber. Same same, but different.

Macht macht

Ist man in einer entscheidenden Position angelangt, werden die Früchte der jahrelangen Arbeit geerntet: Anerkennung, Respekt, noch mehr Gehalt, mehr Mitarbeiter, mehr Statussymbole, Boni - und ein größerer Gestaltungsspielraum. Allein: "Wer einmal Macht hat, gibt sie nur ungern wieder her", schreibt Walter K. H. Hoffmann in seinem Buch "Macht im Management", in dem er 41 hochkarätige Führungskräfte interviewt hat. Er schreibt auch, dass Manager viel Zeit und Energie darauf verwenden, die Macht zu erhalten "und das nicht nur zum Wohl des Unternehmens oder zum Wohl der Kunden und Mitarbeiter, sondern oft zum eigenen Wohl, zur Befriedigung der eigenen Bedürfnisse."

Ein Teufelskreis, der nur einen Ausweg kennt und zwar den bodennahen. "Wer führen will, muss das eigene Verhalten immer wieder reflektieren und ändern können", sagt Deloitte-Personalerin Gundi Wentner. Das kann nur, wer sich auch außerhalb des Dunstkreis der Kollegen bewegt.

Weg nach oben

Christine Bauer-Jelinek hat die Netzwerke und Spielregeln der Macht und Mächtigen analysiert und in Buchform veröffentlicht. Sie hat für den KURIER den Weg an die Spitze formuliert:

Bewusstmachen Ein Führungsjob kostet seinen Preis, den muss man auch bereit sein zu zahlen. "Das gefährlichste, das Ihnen passieren kann ist, dass es gelingt, Sie den Job haben und dann nicht wissen, wie Sie mit den Herausforderungen fertig werden sollen", sagt Bauer-Jelinek.

Netzwerken
Man muss Netzwerke früh aufbauen und vor allem auch pflegen. "Wenn Frauen in das Alter kommen in Netzwerken aktiv zu sein, betreiben sie Familienpflege. Doch es ist notwendig, zum Abendessen zu gehen, dort spielt es sich ab", sagt Bauer-Jelinek. Und man muss auch wissen, wo man sein muss - ins falsche Netzwerk zu investieren, ist verlorene Müh'. "Noch etwas muss klar sein: Wenn man etwas von jemand anderem will, wird man auch von anderen gefragt. Wenn man den Handel mit Infos anfängt, muss man sich auch überlegen, was man selbst einbringen kann", erklärt die Expertin das Spiel.

Aufmerksamkeit
Die gesamte Szene muss immer aufmerksam beobachtet werden. "Man soll wissen, wo sich was bewegt, dazu sind die Vertrauenspersonen da. So kommt man rechtzeitig zu den Informationen."

Updaten Wer die Startposition eingenommen hat und die Chance bekommt (ohne Frühstart), vorzupreschen, sollte vorbereitet sein und alles auf den letzten Stand gebracht haben. "Die Anforderungen an die Selbstpräsentation ändern sich, das Foto, das Layout der Bewerbung, die Struktur des Konzepts dürfen nicht veraltet wirken."

Ochsentour Nicht nur das Hearing ist wichtig. "Sie sollten im Vorfeld abklopfen, wer sie unterstützt, welcher Seilschaft Sie vertrauen. Das ist nicht nur in der Politik so, sondern überall in Großorganisationen, aber vor allem in Konzernen, wo die Politik mitreden kann."

Ein aufbauender Tipp zum Schluss: Rückschläge nicht persönlich nehmen. "Oft war schon jemand anderer für den Job vorgesehen." Dann gilt es, für die nächste Runde wieder motiviert zu sein.