Richtig kündigen: So gestaltet man seinen Abschied und geht im Guten
Von Ornella Wächter
Eine Karriereberaterin sagte einmal im Gespräch mit dem KURIER, dass die Freude am Job wie die Freude in einer Beziehung sei. „Zu Beginn sorgt ein Verliebtheitsgefühl für anhaltende Glücksgefühle, die mit der Zeit etwas nachlassen.“
Auch der Anfangszauber im Job verblasst also allmählich. In manchen Fällen ist die Phase eher wie ein kurzer Durchhänger. Nach einiger Zeit fängt man sich wieder, sucht sich neue Aufgaben, lenkt den Blick auf das, was im Job positiv ist, was einem Freude bereitet und es geht munter weiter.
Innere Kündigung
In anderen Fällen wächst sich der Durchhänger aus und kann zu dem werden, was Paulino Jimenez, Arbeitspsychologe an der Universität Graz, auch Kündigungsbereitschaft nennt. Man geht weiter zur Arbeit und ist doch nicht mehr wirklich bei der Sache. „In diesem Fall haben Betroffene innerlich gekündigt, sie ziehen sich zurück, das Engagement sinkt. So eine innere Kündigung kann Jahre andauern.“
Das passiere oft in jenen Branchen, wo es ohnehin schon schwierig sei, den Job zu wechseln, so Jimenez. „Für viele ist es dann das ökonomisch Sinnvollste, im alten Job zu verbleiben. Psychisch sinnvoll ist es allerdings nicht.“
In anderen Fällen kann der Durchhänger zu einer bewussten Entscheidung führen. Man beginnt, sich nach einem neuen Job umzuschauen. Aus der Kündigungsbereitschaft wird eine aktive Kündigung.
Erhöhte Wechselbereitschaft
Meist wird dieser Prozess von der Arbeitgeberseite aus beleuchtet. Dabei ist auch der Abschied eines Mitarbeiters von seinem Arbeitgeber ganz normal – nur wenige Menschen bleiben ihr gesamtes Berufsleben in einem Unternehmen. Vor allem jetzt, wo sich der Arbeitsmarkt wieder erholt, erhöht sich auch die Wechselbereitschaft. In den USA hat das zu einer regelrechten Welle an Kündigungen geführt, auch „The Great Resignation“ oder „The Big Quit“ genannt.
Dass die große Kündigungswelle auch nach Österreich überschwappt, glauben Arbeitsmarktexperten zwar nicht. Laut aktuellem Arbeitsklimaindex der Arbeiterkammer aber denkt jeder vierte Berufstätige über berufliche Veränderung nach.
Fair und professionell bleiben
Die Gründe für die wachsende Wechselwilligkeit sind der Umfrage zufolge große Unzufriedenheit aufgrund von schlechten Arbeitsbedingungen, geringer Wertschätzung und Entlohnung, fehlender Sinnhaftigkeit, aber auch psychische wie physische Arbeitsüberlastung durch die Pandemie.
„Unabhängig davon, was einen zum Gehen bewegt hat – es ist wichtig, im Kündigungsprozess fair und professionell zu bleiben. Selbst dann, wenn man mit der oder dem Vorgesetzten nicht zufrieden war“, rät Birgit Sciborsky, Geschäftsführerin der Personalberatung Dopeg. Denn die Art des Abschieds könne Auswirkungen über den weiteren Verlauf einer Karriere haben.
„Die Jobwelt in Österreich ist ein Dorf.“ Zwar nehme es tendenziell ab, dass Arbeitgeber im Bewerbungsprozess Informationen über Kandidatinnen und Kandidaten einholen – es hänge aber auch von der Branche, der Position oder vom Arbeitsmarkt ab. „Im europäischen Ausland wird man teilweise nach Referenzen des Ex-Arbeitgebersgefragt.“
Ablauf: Ihr Chef beziehungsweise ihre Chefin sollte zuerst von der Kündigung erfahren. Im Gespräch selbst kann dann besprochen werden, wie und wann die Kolleginnen und Kollegen informiert werden.
Begründung: Neben den formalen Punkten, die im Gespräch zu klären sind, lautet der Expertenrat: stets zu begründen, warum man gehen will. Arbeitgeber bekommen die Chance, Dinge zu ändern, mitunter wird ein Abgang auch verhindert.
Sachlich bleiben: Ein Kündigungsgespräch sollte nicht emotional werden,mit Vorwürfen bespickt sein oder als Abrechnung dienen, sondern konstruktiv verlaufen, der Ton respektvoll bleiben.
Aktiv das Gespräch suchen
Da eine Kündigung einen Arbeitgeber oft unvorbereitet trifft, kann die Stimmung kippen, das Gespräch damit ungut verlaufen. Um den Kündigungsprozess möglichst positiv zu gestalten, sollten Arbeitnehmer aktiv das Gespräch suchen“, rät Psychologe Jimenez.
„Dazu gehört Mut. Es kann aber der Auslöser für eine gute Wendung sein. Vor allem, wenn man die Kündigung begründet. Viele Firmen sind froh, wenn sie wissen, was sie hätten besser machen können.“
Die letzten Tage im Job seien genauso wichtig, wie die ersten, betont Expertin Sciborsky. „Man weiß nie, in welcher Form man sich wieder begegnet. Das Ende bleibt am längsten in Erinnerung – am besten in guter.“
"Keine Ungleichbehandlung"
Robert Kaup, Geschäftsführer bei Tieto Evry Österreich
KURIER: Welche Erfahrungen haben Sie mit Kündigungen gemacht?
Robert Kaup: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man auch nach einem Kündigungsgespräch noch die Chance hat, Mitarbeiter zu halten, sie umzustimmen. Je nachdem, wie lange die Kündigungsfrist angesetzt ist. Manche sind auch wieder zurückgekommen.
Was macht eine gute Kündigung aus?
Es ist für beide Seiten keine einfache Situation. Die Person, die kündigt, hat sich das aber sicher sehr gut überlegt. Als Chef sollte man immer versuchen, sich selbst mit seinen Emotionen und Sichtweisen zurückzuhalten, um zu verstehen: warum möchte da jemand gehen, was waren die ausschlaggebenden Gründe. Ein No-Go wäre, wenn es jemand anderes aus dem Team weiß, bevor ich es erfahre. Das ist mir aber in der Form noch nie passiert. Man sollte auch Austrittsgespräche anbieten, um erfahren zu können, was man als Führungskraft oder Organisation besser machen könnte.
Wie sollten die letzten Tage im Job ablaufen?
Ich höre immer wieder, dass Personen die gekündigt haben, als Persona non grata im Unternehmen gesehen werden. Das sollte nicht passieren. Es soll keine Zwei-Klassen-Kultur geben. Zudem sollte man klären, wo sich die Person noch einbringen soll, wo nicht und man sollte bis zum Austrittsdatum wertschätzend miteinander umgehen.
"Feedback geben"
Michaele Kreitmayer, Leiterin des Herstein Instituts
KURIER: Welche Erfahrungen haben Sie mit Kündigungen gemacht?
Michaela Kreitmayer: Eine Kündigung ist die Überbringung einer schlechten Nachricht und erwischt einen oft unvorbereitet. Da beginnt es im Kopf zu rattern: was bedeutet das jetzt? Wenn der erste Schock vorbei ist, weiß man: daraus können sich auch Chancen entwickeln. Man kann sich neu und anders aufstellen.
Was macht eine gute Kündigung aus?
Wenn man sie nicht zwischen Tür und Angel bespricht, sondern sich einen Termin ausmacht, um es persönlich zu klären. Bei einem guten Verhältnis wird das in der Regel auch angekündigt. Wenn man kündigen möchte, sollte man klären, warum man gehen will, sich weiterentwickeln will. Daraus können Führungskräfte für später viel mitnehmen. Mitunter lassen sich durch ein gutes Gespräch Kündigungen auch abwenden. Wichtig ist auch die Rollenverteilung. Wer, wie und wann die Kündigung im Haus kommuniziert wird. Geheimniskrämerei ist fehl am Platz.
Wie sollten die letzten Tage im Job ablaufen?
Ich erlebe immer wieder, dass Mitarbeiter fallen gelassenwerden, wie eine heiße Kartoffel. Aber Wertschätzung bleibt wichtig, sonst sinkt das Engagement. Außerdem sollte man am Ende ein Gespräch vereinbaren, wo sich wechselseitig Feedback gegeben wird. Hier sind die Menschen oft am Ehrlichsten, weil sie nichts zu verlieren haben.
"Nicht im Stich lassen"
Paul Stanzenberger,Geschäftsführer von Teamazing
KURIER: Welche Erfahrungen haben Sie mit Kündigungen gemacht?
Paul Stanzenberger: Gute und schlechte: Es gab Kündigungen, wo die Kommunikation überhaupt nicht geklappt hat und alles schief gegangen ist. Und es gab solche, wo bis zum Schluss alles harmonisch war, die Mitarbeiterin bei der Nachfolgesuche geholfen hat und gemeinsam überlegt wurde, wie die Stelle anders gestaltet werden könnte, damit die Probleme in Zukunft nicht mehr da sind.
Was macht eine gute Kündigung aus?
Sobald die Kündigung ausgesprochen ist, ist es wichtig, dass der Fokus auf das verbleibende Team gelegt wird. Kündigungsgründe müssen ordentlich aufgearbeitet werden, dem Team sollte eine nachvollziehbare Darstellung der Gründe kommuniziert werden. Wenn es kritische Gründe gibt, es an der Unternehmens- oder Führungskultur lag, sollte das nicht ausgespart werden. Idealerweise lernt man daraus, kann Kündigung als Chance sehen, wie man das Arbeitsklima verbessern kann.
Wie sollten die letzten Tage im Job ablaufen?
Man sollte nicht das Gefühl bekommen, dass da jemand das sinkende Schiff verlässt, oder dass am Ende nicht mehr so viel Energie in die Arbeit investiert wird. Es hilft, sich gemeinsam einen Plan zu überlegen, wie man die Nachfolge einarbeitet, Projekte übergibt. Das bewirkt auch, dass man in guter Erinnerung bleibt.