Regionale Exoten: Diese Betriebe verkaufen Alpenkaviar und mehr
Von Claudia Weber
Garnelen, Zitronen, Reis, Tofu: Was nach den Zutaten für ein Rezept klingt, sind in Wahrheit neue Absatzwege von heimischen Produzenten und Landwirten. Der KURIER stellt drei Betriebe vor, die ihr Rezept für Exklusivität entwickelt haben
Familie Gärtner und ihre 500 Strauße
- Im Kamptal züchten Wolfgang und Sonja Gärtner Strauße. Die Betreiber leben vom Fleisch, den Eiern, Federn und von vielen Besuchern
Alles begann mit Vater Reiner, der in den 70er-Jahren Puten am eigenen Hof züchtete, und mit einer Reise nach Südafrika. „Mein Vater hat dort zum ersten Mal Strauße in freier Wildbahn gesehen. Er kam zurück und sagte uns, dass er diesen Vogel auch haben will“, erzählt Sohn Wolfgang Gärtner, heutiger Geschäftsführer des Straußenlandes im Kamptal/Niederösterreich. „Die Idee war, zwei oder drei Strauße zu erwerben und sie als sprichwörtliche Lockvögel einzusetzen, damit mehr Kunden kommen und Puten kaufen“, lächelt Wolfgang Gärtner.
Diese Idee ging nicht auf, da der Strauß ein Herdentier ist. Aus tierschutzrechtlichen Gründen darf man nicht nur zwei oder drei Vögel halten. „Dann machen wir es eben g’scheit“, sagte sich Familie Gärtner damals. Ein Zuchttier kostete etwa 7.000 Euro. „Der Bankangestellte hat die Augen aufgerissen, als wir gesagt haben, wir brauchen zwei Millionen Schilling für Strauße.“ Der Kredit wurde bewilligt und Familie Gärtner startete mit 21 Tieren. Heute sind mehr als 500 Strauße in deren Besitz. „Von der Fläche her sind wir etwa so groß wie der Tiergarten Schönbrunn“, sagt Wolfgang Gärtner stolz.
Straußen-Schmalz
Verkauft werden die Eier, Straußenfedern, Ledertaschen und das Fleisch – im Onlineshop und im Hofladen. „Zu einem großen Teil leben wir aber vom Tourismus“, sagt Wolfgang Gärtner. So hat die Familie jährlich 8.000 bis 12.000 Besucher, die sich die Strauße bei einer Tour ansehen, etwas über die exotischen Tiere lernen und in Gruppen auch Eierspeise vom Strauß verkosten können.
Vater Reiner, rüstige 80, kümmert sich um die Touristen, die Mutter um die Buchhaltung, Gattin Sonja um den Hofladen. Außerdem hat die Familie noch vier Mitarbeiter. „Unseren Straußen-Rohschinken und das Straußen-Schmalz verkaufen wir an die Heurigen in der Umgebung. Werbung machen die Gärtners keine. „Bei uns läuft alles über Mundpropaganda“, sagt Wolfgang Gärtner. Das Geschäft blieb trotz Corona und aktueller Preissteigerung stabil. „Ich glaube, man muss heutzutage als Landwirt sehr flexibel sein und etwas Besonderes machen.“
Garnelen aus dem Tiroler Bergwasser
- Daniel Flock und Markus Schreiner züchten Alpengarnelen
Süßwasserfische im Keller züchten zählte zu den Hobbys von Daniel Flock und Markus Schreiner. Es war eine TV-Reportage, die schließlich den Anlass für die zwei Techniker gab, ein Unternehmen zu gründen. Die Reportage handelte von der Garnelenzucht in Asien. Dort werden Garnelen unter niedrigsten hygienischen Standards und massivem Chemieeinsatz und vielen Antibiotika gezüchtet – mit fatalen Folgen für die Umwelt.
„Das können wir nachhaltiger“, dachten sich die zwei Jungs aus Hall in Tirol, die ursprünglich einen technischen Beruf erlernten. Im Jahr 2016 begannen sie zu recherchieren, wie man überhaupt Garnelen züchtet. „Wir knüpften weltweit Kontakte und tauschten uns mit zahlreichen Experten aus“, sagt Geschäftsführer Daniel Flock.
Sensibel
Die Garnele mag es warm und ist ein sensibles Geschöpf. Aus dem Grund muss die Aufzucht auch im Haus erfolgen. Flock und Schreiner bauten daher eine eigene Indoor-Kreislaufanlage, welche die Garnelen 24 Stunden bei 28 bis 30 Grad Wassertemperatur in Bewegung hält. Das Wasser aus den Tiroler Bergen ist reich an Mineralien und hat eine ausgezeichnete Qualität.
In Kombination mit hochwertigem Meersalz wird es direkt in die Aufzuchtbecken geleitet. „Das ist etwas sehr Außergewöhnliches und hat zu dem Zeitpunkt niemand anderer gemacht“, sagt Flock. Nach anfänglichen Versuchen fiel der Ertrag im ersten Jahr mit 200 Kilo sehr mager aus. Heute sind es bereits zehn Tonnen pro Jahr.
Knackig
Flock und Schreiner züchten die Sorte „White Tiger“ in Sushi-Qualität. „Sie eignet sich gut für die Aufzucht in Aquafarmen und schmeckt süßlich und nussig, mit einer knackigen Konsistenz“, sagt Flock. Ihre Abnehmer sind Gastronomen und Feinkostläden aus Österreich. „Wir verkaufen aber auch direkt am Hof und im Onlineshop.“
Allerdings hat sowohl Corona als auch die derzeitige Inflation das Geschäft getroffen. Flock: „Man kann mit der altbekannten Vieh- oder Milchwirtschaft nicht überleben und die Konkurrenz im Ausland wird auch nicht kleiner. Darum versuchen wir auf nachhaltige Partnerschaften und ein qualitativ hochwertiges Produkt zu setzen.” Mit ein Grund, warum die zwei Jungs künftig auch Alpenwelse nachhaltig züchten wollen. Eine weitere Spezialität.
Alpenkaviar der Sonderklasse
- Helmut Schlader produziert Kaviar so naturnah wie möglich
Den ersten Kontakt zum Stör hatte Helmut Schlader in Rumänien auf einer Business-Reise. Dort wurde auf der Straße, nahe dem Donaudelta, Stör verkauft. Schlader arbeitete damals noch als Verkaufsdirektor beim Rewe Konzern. Der Fisch, die Art wie er aufwächst und sein wertvolles Gut, der Kaviar, gingen ihm aber nicht mehr aus dem Kopf. „Ich bin in einem landwirtschaftlichen Betrieb aufgewachsen und ich wollte schon immer ehrliche Handarbeit machen“, sagt Schlader.
Nach einigen Recherchen und den ersten gekauften Fischen machte der Züchter einen Businessplan und entschloss sich, seinen Job zu kündigen. „Die Liebe zum Land und zur Natur haben gewonnen“, schmunzelt Schlader.
Heute hält Schlader Sibirische und Russische Störe sowie Sterlet am Rande des Nationalparks Kalkalpen im Steyrtal in Oberösterreich. „Ich kaufe die Fische zu und mäste sie. In Zukunft wollen wir aber vergrößern und die Fische selber züchten.“ Die Aufzucht geschieht so naturnah wie möglich. „Der Stör braucht sauberes Quellwasser, zum Wachsen etwa 20 Grad und für die Kaviar-Produktion muss es sehr kalt sein. Da darf das Wasser nicht mehr als sieben Grad haben“, erklärt Schlader. Da die Fische in Gefangenschaft nicht laichen, wird der Fisch getötet. „Wir verwerten danach den ganzen Fisch, nicht nur den Kaviar“, so der Züchter.
Günstige Ware aus China
Angefangen hat Schlader 2014 mit ein paar Hundert Stück, mittlerweile hat er einige Tonnen Fisch in seinem Besitz. Den Alpenkaviar gibt es in ausgewählten Delikatessenläden und wenigen Restaurants zu kaufen. „Leider greifen österreichische Spitzengastronomen vorwiegend zu chinesischer Ware, da diese günstiger ist. Wir hingegen setzen bei der Produktion aber auf keine Medikamente oder Antibiotika und der Geschmack unseres Kaviars ist sehr rein.“ Aus dem Grund wird der Alpenkaviar auch in Nachbarländer wie Deutschland, Portugal oder Slowenien exportiert.
100 Gramm erhält man übrigens ab 130 Euro. Ein Luxus, den man sich leisten können muss. Schlader: „Wir sind trotz Inflation im Wachstum. Unsere Kunden sind von den Preissteigerungen nicht betroffen. Jetzt möchte ich auch noch österreichische Spitzengastronomen überzeugen.“