Wirtschaft/Karriere

Quittok: Junge Leute kündigen ihren Job über TikTok

„Ich wollte Sie nur anrufen und Ihnen mitteilen, dass ich die Entscheidung getroffen habe, das Unternehmen zu verlassen“: Was über die Pandemie mit Quiet-Quitting (Leises Kündigen) anfing, wird nun lauter. Viel lauter. „Loud-Quitting“ (oder auch "Live-Quitting“)  flutet derzeit die soziale Plattform "TikTok". Junge Leute nehmen sich dabei auf, wie sie kündigen. Ob telefonisch oder vor Ort.

Angefangen hat der Trend in England. Mitarbeiter einer Fastfood-Kette kündigten und filmten dabei den Ablauf (Video unten). Das Restaurant stand leer. Nur auf der Theke lag ein Zettel mit den Worten „Everyone Quit. We are closed“ (übersetzt: Alle haben gekündigt. Wir haben geschlossen.“)

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Seither schließen sich zahlreiche Arbeitnehmer an und posten ihre Kündigungen unter #Quittok. Dort filmen sie sich beispielsweise dabei, wie sie nervös eine Kündigungsemail absenden und auf die Antwort ihrer Arbeitgeber warten. Warum? In einem BBC-Interview sagt die TikTokerin Christina Zumbo: „Ich habe beschlossen, diese Reise online zu teilen, weil einfach nicht genug darüber gesprochen wird.“

Therapeutin und Coachin, Tess Brigham sieht laut BBC den Grund für den Trend in der Generation, die ihn ins Leben gerufen hat. GenZ sei es nämlich gewohnt alle möglichen Lebensschritte öffentlich zu machen. Außerdem ist GenZ bekannt dafür besonders auf „Mental Health“ und positive Unternehmenskulturen Wert zu legen. Deswegen würden Videos, in denen Mitarbeitende toxische Arbeitsplätze verlassen und unfaire Chefs aufzeigen, inspirierend wirken. Die lobenden Kommentare bestätigen diese Vermutung: „Gut, dass du für dich selbst einstehst!“, heißt es etwa unter einem Video.

Die Unzufriedenheit am Arbeitsplatz zeigt sich aber auch in #Quittok-Videos, in denen niemand kündigt. Einige sprechen nur den Wunsch aus Kündigen zu wollen, trauen sich dann aber nicht. Eine TikTokerin sagte nach einer Kündigung: „Ich habe keinen Plan B und das ist in Ordnung. Ich bin hier, um euch zu sagen, dass ihr auch die Erlaubnis habt einen Job, der euch unglücklich macht, zu kündigen.“

Das Problem

„Schlechtes Benehmen mit einer großen Portion Narzissmus“, nennt es Steve Palmisano, Gründer des Marketing- und Beratungsunternehmens AdElevat, in einem LinkedIn-Beitrag - und ist damit nicht allein. Es sei unprofessionell, bloßstellend und könne künftige Arbeitgeber abschrecken, ist die Meinung einiger Personalberater.

Auf der anderen Seite hört man auch Stimmen, die meinen, dass es auf die Form ankomme. Also wie man solche Videos aufbereitet. Denn nicht alle gefilmten Kündigungen stammen von Leuten, die einer toxischen Umgebung entkommen wollten. Die TikTokerin Darby mochte ihren Arbeitsplatz zum Beispiel. Sie bekam jedoch ein besseres Angebot. In ihrem TikTok-Video (mit aktuell 1,3 Millionen Likes) sieht man ihr dabei zu, wie sie ihre verständnisvolle Chefin anruft, um das Arbeitsverhältnis zu beenden. Das Gespräch war sehr freundlich und emotional.

Genau solche Videos brauche es, laut TikTokerin Leslie Beck. In einem Insider-Interview sagt sie: „Ich denke, dass es gut ist, Videos mit positivem Management zu sehen. Es gibt Hoffnung.“ Laut Beck würden solche Videos anderen dabei helfen zu kündigen, wenn sie sich unwohl fühlen oder um eine Gehaltserhöhung zu bitten oder sie würden lernen einfach ihre Bedenken zu äußern.