Wirtschaft/Karriere

Österreicher bei EuroSkills: Unschlagbar gut

Azzura Boeris ist an jenem Freitagmittag spürbar nervös. Das leere Weinglas vergisst sie nachzufüllen, das Beef Tatar serviert sie ohne Brot. Dann kommt die Italienerin auch noch mit den englischen Zeiten durcheinander. „Hat es Ihnen geschmeckt?“, fragt sie ihre Gäste, die eben zu essen begonnen haben. Der ältere französische Schiedsrichter schaut streng und notiert etwas. Ein paar Tische weiter schenkt Monika Pöllabauer gerade Wasser nach. Frisur und Dirndl sitzen ordentlich. Das Weißbrot ist da, wo es hingehört. Die Gäste wirken zufrieden. Der Schiedsrichter ebenfalls.

500 Bewerber aus 28 Nationen trafen bei der Berufsmeisterschaft EuroSkills zwischen 25. und 29. September in der Budapester Messe aufeinander. Für Österreich waren 43 junge Fachkräfte am Start, um in 36 Disziplinen einen begehrten Europa-Meistertitel zu holen. Vor 80.000 Besuchern, die sich in vier Hallen um die Absperrungen drängten, wurde programmiert, frisiert, gemalt, gekocht, serviert und an Maschinen geschraubt.

Steile Karrieren

„Die Skills sind eine wunderbare Chance, um das Können heimischer Fachkräfte vor den Vorhang zu holen“, erklärt Johannes Fraiss, offizieller Delegierter der zur Wirtschaftskammer gehörenden SkillsAustria. Und verweist zugleich auf Teilnehmer aus früheren Jahren, die es inzwischen weit gebracht haben. Etwa Malerin Lisa Janisch, Gold-Siegerin aus 2016, die mittlerweile nicht nur Meisterin, sondern auch Botschafterin für die EM in Graz 2020 ist. Anlagenelektriker Stefan Steinbichl, 1995 selbst Kandidat, ist heute Lehrlingsausbilder bei voestalpine Stahl und seit nunmehr zehn Jahren EuroSkills-Teamleader.

Für Arbeitgeber-Betriebe ist die Teilnahme Employer-Branding im besten Sinne. Bestes Beispiel heuer: die Spenglerei Franz Sajowitz. Mit 50-köpfiger Delegation begleiteten die Kapfenberger ihren Marc Krause nach Budapest – Fan-Leiberl und rot-weiß-rote Ratschen inklusive. Geschäftsführer Marcel Holzer: „Ich bin stolz. Marc hat bei uns als Lehrbursche angefangen.“ Dass er Krause für Trainings teilweise freistellte, sei Ehrensache. „Die Wirtschaftskammer hat uns unterstützt.“

Bis bald in Graz

Die 15.000 Sitzplätze der Papp László Sportarena sind später am 29. September gut gefüllt. Fans in T-Shirts ihrer Landesfarben jubeln und schwenken Fähnchen während die 28 Nationalteams zur Siegerehrung einziehen. Nach drei Stunden sind schließlich alle Medaillen verteilt. Monika Pöllabauer, die mit 730 von 800 Punkten Platz eins um nur fünf Punkte verpasst hat, reißt am Podest die Arme nach oben. In Summe holt das Österreich-Team 21 Medaillen – darunter vier goldene in den Berufen KFZ-Technik, Maler, Sanitär- und Heizungstechnik sowie Betonbau.

Die Latte liegt hoch für das Nationalteam, das 2020 in Graz zu den nächsten antritt: Es wird ein Heim- aber sicher kein Kinderspiel.

Alle Inhalte anzeigen

EuroSkills Medaillenspiegel

Österreich        4x Gold    14x Silber        3x Bronze    insgesamt 21

Russland        9x Gold     8x Silber         2x Bronze    insgesamt 19

Frankreich        3x Gold    4x Silber        5x Bronze    insgesamt 12

Ungarn        3x Gold    3x Silber        3x Bronze    insgesamt 9

Alle Sieger aus Österreich finden Sie hier.
 

Best of the Nation: Ich will beruflich an die Spitze

Alle Inhalte anzeigen

Der KFZ-Techniker Klaus Lehmerhofer (BMW Auer) erzielte von allen Österreichern die meisten Punkte. Damit ist der Niederösterreicher Best of the Nation.

KURIER: Bei den WorldSkills 2017 warst du Siebenter. War es diese Erfahrung, die diesmal den Gesamtsieg gebracht hat?

Klaus Lehmerhofer: Dass ich mit dem Wettbewerb vertraut war, war sicher ein Vorteil. Bei 80.000 Zuschauern kann man schon nervös werden. Ich war im Training diesmal noch besser auf die KFZ-Modelle im Wettbewerb vorbereitet. Die Autos 2017 in Abu Dhabi gibt es in Europa teilweise gar nicht.

Was ist jetzt dein nächstes Ziel?

Jetzt mache ich die Abendmatura. Die erste Einheit vorige Woche habe ich wegen EuroSkills leider verpasst. Ich will  beruflich an die Spitze.
 

Harald Mahrer: "Duale Ausbildung ist Exportschlager"

Alle Inhalte anzeigen

Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer sieht die Skills-Bewerbe als Chance gegen Fachkräftemangel.

KURIER: Über 200 Lehrberufe hat Österreich. Populär ist davon nur eine Handvoll. Wie kann den Jugendlichen künftig die Vielfalt besser vermittelt werden?

Harald Mahrer: Jugendliche sollten ihre Stärken mittels Talentechecks frühzeitig kennenlernen. Wir müssen ihr Interesse für die berufliche Ausbildung wecken, mit Fokus auf zukunftsträchtige Berufe in IT und Technik. Projekte wie die Skills-Bewerbe leisten dabei einen wertvollen Beitrag.

Uns fehlen 162.000 Fachkräfte. Eignen sich die Skills, um ausländische Talente zu finden?

Die Skills sind eine Leistungsschau der Talente. In manchen Bereichen sind qualifizierte ausländische Fachkräfte für uns die einzige Lösung. Der Mangel bedroht nicht zuletzt bestehende Jobs, weil sich die Betriebe im Wettbewerb nicht entwickeln können. Gut, dass die Rot-Weiß-Rot-Karte reformiert wird.

Und im Gegenzug?

Die duale Ausbildung ist ein Exporterfolg. Wir unterstützen andere Länder, ein ähnliches System aufzubauen. Das nützt österreichischen Betrieben vor Ort. Wenn Österreich in weiterer Folge Fachkräfte anwirbt, profitieren wir ebenfalls.