Mit Engagement und Mentor
Von Nicole Thurn
Thomas Georgi steht zwischen weißen und schwarzen Würfeln. Sie gehören zu seinem Arbeitsplatz. „Das Labyrinth“, wie er es nennt. Mit den Hindernissen testet er die Orientierungsfähigkeit erblindeter Patienten. Seit sechs Jahren arbeitet Georgi an einem Forschungsprojekt der MedUni Graz an der Augenklinik mit: Ein Implantat im Auge, Elektroden auf der Netzhaut und eine kamerabestückte Brille sollen blinde Menschen sehend machen.
Doch der 24-Jährige ist – anders als sonst üblich – kein Doktorand. Und auch kein Post-Doc. Georgi begann mit der Forschung, als seine Kumpels sich damit beschäftigten, wie man am besten durch die Matura kommt. Im Alter von 18 Jahren, ein halbes Jahr vor der Matura, begann er mit dem Projekt.
Vielleicht standen die Sterne gut. Oder es war Glück. Ganz sicher war es aber sein Engagement, das den jungen Grazer in eine frühe Karriere als Forscher katapultierte.
Matura-Arbeit
In der Maturaklasse entschied sich Georgi, seine Fachbereichsarbeit über eine altersbedingte Augenkrankheit zu verfassen, die zur Erblindung führen kann, die sogenannte Makula-Degeneration. Auf das Thema kam er zufällig: „Biologie und Medizin haben mich interessiert, auch war meine Oma blind“ , erzählt er. Er kaufte Bücher, recherchierte zu dem Thema. Irgendwann fiel ihm eine Zeitung mit der Ankündigung eines wissenschaftlichen Vortrags in die Hände. Georgi setzte sich ins Publikum, ging danach auf die Vortragende Michaela Velikay-Parel zu. „Ich habe sie gefragt, ob ich ihre Folien für meine Fachbereichsarbeit haben kann. Sie hat nur gesagt: ,Nein, aber Sie können bei mir mitarbeiten.‘“
Das war der spontane Beginn einer langfristigen Zusammenarbeit. Mittlerweile studiert Georgi – natürlich – Medizin. Unter der Leitung von Velikay-Parel und mit Augenarzt Domagoj Ivastinovic baute er das Labor im „Artificial Vision Center“ auf, betreut die Patienten, führt Sehtests durch, wertet die Ergebnisse aus. Mittlerweile haben sich erste Erfolge eingestellt: „Die Patienten können mit dem Implantat Umrisse wahrnehmen, sehen Licht. Diese Momente sind das Größte in unserer Arbeit.“
Georgi weiß, ohne seine Mentorin hätte er diese Chance nicht gehabt: „Ein Mentor ist für Nachwuchsforscher sehr hilfreich. Es ist wichtig, dass man jemanden hat, zu dem man aufschauen kann.“
Für Michaela Velikay-Parel ist es ganz natürlich, Mentorin zu sein: „Ich will meine Begeisterung an der Forschung an die Jungen weitergeben.“ Bei ihren Forschungsaufenthalten in den USA wurde sie zur unkonventionellen Nachwuchsförderung inspiriert. Dort sei es üblich, Schüler in Forschungsprojekten mitarbeiten zu lassen. Die Professorin sucht den Nachwuchs nach Engagement aus: „Ich habe nie gute Erfahrungen gemacht, wenn ich Leute zur Mitarbeit überredet habe.“
Als Mentorin ist es ihr wichtig, die Jungforscher gegen Rückschläge resistent zu machen, denn „Forschung ist gelebtes Murphy‘s Law.“ Dass sie den Schüler damals überfordern hätte können, glaubt Velikay-Parel nicht: „Das Forschungsprojekt war ein guter Einstieg für Menschen, die nicht wissenschaftlich geschult sind. Es ging stark darum, mit Patienten gut umzugehen.“ Zudem gab es damals keine Experten für das noch neue Forschungsfeld: „Alles, was wir verwenden konnten, war unser Hausverstand.“
Um die Patienten sehend zu machen, ist es noch ein weiter Weg. Georgi will ihn weitergehen – und etwas zurückgeben: „Ich möchte auch selbst einmal junge Leute fördern.“
Schüler forschen unter der Anleitung von Universitätsprofessoren: 2007 hat das Wissenschaftsministerium das Nachwuchsförderprogramm initiiert, nun startet wieder die Antragsrunde für Herbst 2014. Universitäten, Privatuniversitäten, Fachhochschulen, Pädagogische Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen können von 2. Dezember 2013 bis 31. Jänner 2014 Projektanträge elektronisch einreichen, die Forschungsthemen sind frei wählbar. „Sparkling Science“ wird vom „Young Science-Zentrum für die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Schule“, das bei der OeAD-GmbH angesiedelt ist, abgewickelt.
57.000 Schüler waren dabei
Ziel ist es, Langzeitpartnerschaften zwischen Forschungs- und Bildungseinrichtungen zu etablieren, um zu einer nachhaltigen Zusammenarbeit zu kommen. Bisher wurden im Rahmen von „Sparkling Science“ rund 19 Millionen Euro ausgeschüttet, mehr als 57.000 Schüler haben profitiert. Die insgesamt knapp 570 Schulkooperationen wurden von rund 1000 Wissenschaftlern und Studierenden sowie rund 1000 Lehrern betreut. Bisher waren 356 Schulen, 151 Forschungseinrichtungen, 102 Partner aus Wirtschaft und Gesellschaft, 41 Universitäten, zehn Pädagogische Hochschulen und neun Fachhochschulen (mehrfach) beteiligt.