Lange krank. Was bleibt?
Von Nicole Thurn
Wer zahlt, wenn Sie erkranken E s gibt kein Kündigungsverbot während des Dienstverhältnisses. Der Erkrankte erhält ein Krankenentgelt vom Arbeitgeber, sofern er sich nicht absichtlich verletzt oder grob fahrlässig gehandelt hat (Unfall nach Trunkenheit am Steuer).
Kündigt der Arbeitgeber einen kranken Mitarbeiter oder entlässt ihn ohne ausreichende Begründung, ist er verpflichtet, das Krankenentgelt während des Krankenstands weiterzuzahlen. Bei Mitarbeitern (Arbeiter und Angestellte) mit Dienstjahren von ein bis fünf Jahren muss das volle Krankenentgelt sechs Wochen und das halbe vier weitere Wochen gezahlt werden, die Dauer verlängert sich bei weiteren Dienstjahren. Manche Arbeitgeber drängen auf eine einvernehmliche Lösung des Dienstverhältnisses. Weil: Bei der Einvernehmlichen erhält der Erkrankte das Krankengeld von der Krankenkasse, das dann aber nur 50 Prozent des Entgelts beträgt (Bemessungsgrundlage ist Bruttolohn inkl. aller Zulagen). Ab dem 43. Tag erhöht es sich auf 60 Prozent des Entgelts.
Besteht kein gesetzlicher Anspruch auf Krankenentgelt (z. B. wenn die Erkrankung nach der Kündigung erfolgte), erhält der Arbeitnehmer ab dem 4. Tag der Arbeitsunfähigkeit das Krankengeld von der Krankenkasse. Es wird für 26 Wochen (Unterschiede je nach Bundesland), bei bestimmten Vorversicherungszeiten bis zu 52 Wochen gewährt. Ist man dauerhaft erkrankt, kann man beim AMS einen Pensionsvorschuss, Invaliditätspension (Arbeiter) - oder eine Berufsunfähigkeitspension (Angestellte) beantragen.
Der Selbstständige: "Die Existenzängste waren das Schlimmste"
Im ersten Monat nach dem Unfall konnte ich nicht einmal ein SMS verschicken." Gerhard Brandl, ehemaliger Triathlon-Weltmeister, wurde eine Radtour in Fuerteventura im April zum Verhängnis. Eine Autolenkerin raste an der Radgruppe vorbei, bog ab - und erwischte Brandl. "Sie ist mir mit 70 km/h in den Rücken gefahren", erzählt der 63-Jährige. Diagnose: Neun Rippen zertrümmert, gefährliche Lungenpunktion. Intensivstation. Zurück in Österreich war Brandl drei Monate außer Gefecht. "Ich konnte nur am Rücken liegen."
Als Einzelunternehmer betreibt er die Erste Triathlonschule in Pressbaum, trainiert Athleten, Politiker. Die Kunden fielen weg und damit sein Verdienst. "Im ersten Monat 100 Prozent, seit dem dritten Monat fehlen 60 Prozent. Aber die Existenzängste waren das Schlimmste." Brandl, der nach seiner Scheidung ein Haus erhalten muss, hält sich mit dem Schreiben von Trainingsplänen über Wasser, aktives Trainieren ist nicht möglich. "Laut meinem Arzt wird das die nächsten drei Jahre so bleiben", sagt er. Von der SVA erhielt er die Möglichkeit zur Ratenzahlung und einen höheren Geldbetrag aus deren Unterstützungsfonds und dem Hilfsfonds der WK: "Das hat mir sehr geholfen - auch psychisch." Die gute Nachricht: Die Versicherung der Autolenkerin zahlt Schmerzensgeld und Verdienstentgang.
Die Angestellte: Kündigung nach 23 Jahren
Da fragt man sich schon: Wo war mein Stellenwert in der Firma?" 23 Jahre hat Gerda Wilfinger* in dem Familienbetrieb gearbeitet. Vor ein paar Wochen erhielt die 48-Jährige die Diagnose: kaputte Schulter. Ein Operationstermin wurde angesetzt. "Ich habe meinen Abteilungsleiter informiert, dass ich vier Wochen in den Krankenstand müsste. Es gab keine Reaktion", erzählt sie. "Nur hatte ich das Gefühl, dass mir mein Chef aus dem Weg ging." Bis eine Woche vor dem OP-Termin: "Da hat er mich ins Büro zitiert und gesagt, dass er meine Arbeitszeit aus Spargründen von 40 auf 30 Wochenstunden herabsetzen will."
Wilfinger lehnte aus finanziellen Gründen ab: "Das habe ich schon zwei Mal gemacht. Er wusste, dass ich das nicht noch mal mitmache." Der Chef bot ihr eine einvernehmliche Auflösung mit Aussicht auf Wiedereinstellung für 32 Stunden an, Wilfinger lehnte ab. Einen Tag vor der Operation sprach er die einseitige Kündigung aus, datierte sie in den Krankenstand. So erhält Frau Wilfinger zumindest das Krankenentgelt vom Betrieb. Enttäuscht ist sie trotzdem: Sie glaubt, dass das alles nur ein Vorwand war, um sie loszuwerden.
*Name v. d. Red. geändert
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