John Friedmann an der TU
Von Andrea Hlinka
John Friedmann ist eine Koryphäe in den Bereichen Planungs- und Entwicklungstheorie. Bekannt wurde er als er 1986 mit Goetz Wolff die sieben Thesen umfassende Weltstadthypothese veröffentlichte – ein wesentlicher Beitrag zur Definition moderner Weltstädte. Für einen Vortrag wurde Friedmann von der TU, dem Department für Raumentwicklung, Infrastruktur- und Umweltplanung, nach Wien geholt. Ein Vortrag war dem 1926 in Wien geborenen Wissenschaftler jedoch zu wenig. Er wollte ein Seminar mit PhD-Studenten. Schlussendlich wurden es drei Tage.
John Friedmann hat ein bewegtes Leben und eine internationale Karriere hinter sich. Nicht immer ganz freiwillig: Im Zuge der zunehmenden Judenverfolgung in den 1930er-Jahren, emigrierte er mit seinen Eltern in die USA, 1944 erhielt er die Staatsbürgerschaft. 1955 promovierte er an der Uni von Chicago, in den Fächern Raumplanung, Wirtschaft und Geografie. In seiner Zeit als Forscher und Professor arbeitete er an verschiedenen Hochschulen, etwa dem MIT und der UCLA in Kalifornien und an verschiedenen Orten, etwa in Korea, Brasilien oder Venezuela. John Friedmann ist ein erfrischender alter Mann.
Interview
KURIER: Woher nehmen Sie die Energie, Herr Friedmann?
John Friedmann: Ich bin Vegetarier (lacht laut).
Ernsthaft.
Ich bin wirklich Vegetarier (lacht). Aber ich gehe auch mit der Zeit und lebe im Bewusstsein der Geschichte. Man muss die Zeit beobachten und immer auf die Geschichte beziehen.
Wann sind Sie emeritiert?
Ich bin mit 70 Jahren emeritiert und bin mit meiner Frau von Kalifornien nach Melbourne gegangen. Dann hat sie an der Uni in Vancouver eine Stelle bekommen und ich bin mitgekommen.
Die Weltstadthypothese hat Ihnen viel Ruhm gebracht.
Das war Glück. Es ist wie beim Surfen.
Sehr bescheiden.
Wenn man zur richtigen Zeit das richtige Thema findet, dann geht es schnell. Zur falschen Zeit passiert nichts.
Wie hat es Ihnen gefallen, mit den Studierenden zu arbeiten?
Es war ein Vergnügen und ich habe sehr viel von ihnen gelernt, etwa über ihre Forschungsprojekte im Kosovo, Argentinien und Österreich.
Sie kommen nur selten nach Wien. Was ist Ihnen aufgefallen?
Wie sich die Stadt über die Donau ausdehnt – dieser Stadtteil ist noch nicht ganz mit Wien verwachsen.
Sein Vortrag: Ein Rückblick
Österreicher in der Welt 130 Studierende und Kollegen verschiedener Unis und Fachbereiche lauschten Friedmans Vortrag „Austria in the world“ im Schütte-Lihotzky-Hörsaal. Friedmann erzählte von Österreichern, die ihn bewegten, etwa Joseph Schumpeter.
Weltstadthypothese In „The world city hypothesis“ präsentierte Friedmann sieben Thesen zur Interdependenz von Stadtentwicklungsprozessen und Weltwirtschaft. Den Weltstädten schrieb er eine maßgebliche Rolle in der internationalen Arbeitsteilung zu.