Günther Tengel: „Lineare Karrierewege sind Vergangenheit“
Von Nicole Thurn
KURIER: Laut Kienbaum-Studie überschätzen sich die High Potentials. Wie sind Ihre Erfahrungen dazu?
Günther Tengel: Die Uni-Absolventen sind heute deutlich besser ausgebildet als noch vor 15 Jahren, haben dadurch viel Selbstvertrauen. Zwischen ihren hohen Erwartungen an den Job und den Anforderungen am Arbeitsmarkt klafft aber eine große Lücke: Das führt zu Frustration.
Mit 20 Filialleiter, mit 40 Top-Manager? Wie jung muss man Führungsverantwortung übernehmen, um es ganz nach oben zu schaffen?
Entscheidend ist, möglichst früh Verantwortung zu übernehmen. Die linearen Karrieren vom Produktmanager zum Vertriebschef sind Vergangenheit. Man muss bereit sein, auch eine Stufe quer oder zurück zu steigen. Künftig wird es viele Karrierewege geben, die mit Führung weniger zu tun haben als mit Verantwortung. Ob ich 100 oder 8000 Mitarbeiter führe, hat keine Bedeutung mehr – es geht darum, was man verantwortet. Siehe Red Bull, das ist ein eher kleines Unternehmen.
Was müssen High Potentials für eine Management-Position mitbringen?
Sie müssen überlegen, welche Themen sie besetzen wollen. Sie werden nie ein Top-Manager sein, wenn sie kein guter Kommunikator sind. Die, die wir auswählen, haben schon mit 14, 15 Jahren Verantwortung übernommen – sei es als Kapitän einer Fußballmannschaft oder im Pfadfinderlager. Sie müssen Dinge voranbringen wollen, teamfähig, kommunikativ sein. Solche Persönlichkeitsfaktoren selektieren die Personaler im Bewerbungsprozess.
Braucht es einen MBA für einen Führungsjob?
Ein MBA garantiert noch keinen besseren Job. Er passt für die internationale Karriere, aber nicht unbedingt für ein mittelständisches Unternehmen in Österreich. Am besten aufgestellt ist man, wenn man sich in den Bereichen Finanzen, Sales und Kommunikation bildet. Da reichen einzelne Module. Aber das muss früh passieren – mit 35 Jahren ist es zu spät.
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