Der verbotene Bachelor
Von Nicole Thurn
Die Alternative zum Bachelor" – so bewirbt die WU Executive Academy der Wirtschaftsuni Wien zur Zeit den Lehrgang "Akademischer Diplom-Betriebswirt", der im Herbst startet.
Normalerweise ist es der "Akademische Experte" oder der Master, den man unter den postgradualen Weiterbildungsangeboten der Universitäten für Akademiker findet. Mit dem berufsbegleitenden "Universitätsstudium", wie es die WU nennt, will sie berufstätige Nicht-Akademiker ansprechen – Matura und Berufserfahrung reichen als Voraussetzung. Der Vorteil? "Andere Universitätslehrgänge bilden eine Sackgasse", meint Lehrgangsleiter Dieter Scharitzer, "der akademische Diplom-Betriebswirt berechtigt zum MBA-Studium." Nach Bologna-System entspreche er mit 180 ECTS-Punkten einem Bachelor-Studium – berappen muss man 18.960 Euro.
Lücke im Gesetz
Postgradual ist der Lehrgang streng genommen nicht. Die WU umgeht damit das gesetzliche Verbot, berufsbegleitende Bachelorstudien in der postgradualen Weiterbildung anbieten zu dürfen. Was im AUCEN-Netzwerk für universitäre Weiterbildung für Überraschung sorgte. Elke Gornik vom Postgraduate Center der Uni Wien versteht die Entscheidung: "Damit hat die WU eine Lücke im Universitätsgesetz genützt, um Berufstätige ohne Abschluss anzusprechen." Gornik ist dafür, das Gesetz zu überdenken. "Wir würden gern Programme auf Bachelorniveau für Berufstätige anbieten", sagt sie. Vor allem im Gesundheitsbereich gäbe es Bedarf. In Deutschland bieten bereits einige Postgraduate Center wie jenes der Uni Oldenburg berufsbegleitende – meist teure, weil von den Teilnehmern finanzierte – Bachelor-Studien an. Die FH könne man als Konkurrenz durchaus ausschalten, glaubt Gornik: "Wir müssten sehr spezifische Programme anbieten, die es anderswo nicht gibt und die wissenschaftliche Stärken widerspiegeln."
Service für Berufstätige
Auch Martin Bauer, Geschäftsführer der Weiterbildungsgesellschaft Uni for Life an der Karl-Franzens-Uni Graz, würde eine gesetzliche Änderung begrüßen: "Wir können die Berufstätigen in Sachen Grundlagenstudium derzeit nicht so servicieren, wie wir uns das wünschen." Anfragen gebe es immer wieder. Ein berufsbegleitendes Bachelor-Studium im Bereich Pflege anbieten zu dürfen, wäre "eine Sensation", so Bauer. Es stelle sich aber die Frage, "ob ein Bachelor im postgradualen Bereich von Berufstätigen und Arbeitgebern angenommen wird".
Das Wissenschaftsministerium denkt nicht an eine Gesetzesänderung, will lieber den Ausbau der berufsbegleitenden Angebote bei den ordentlichen Studien forcieren: Bei den derzeitigen Verhandlungen zu den Leistungsvereinbarungen 2013–’15 sei dieses Thema auf der Agenda.
Genau das haben die Universitäten bis dato bei den Bachelor-Studien verhindert. Die Rektorenkonferenz verwies auf Anfrage auf das Positionspapier aus dem Jahr 2009, wonach berufsbegleitende ordentliche Bachelor-Studien Mehrkosten für die Universitäten brächten und die Nachfrage sowieso gering sei. Darin heißt es auch: "Mit voller Absicht des Gesetzgebers engagieren sich viele Universitäten zunehmend in der Weiterbildung und betrachten diese auch immer mehr als mögliche Finanzierungsquelle." Will heißen: Man setzt lieber auf teuer verkaufte Weiterbildung, um Geld hereinzubekommen. Gornik relativiert: "Als große Finanzierungsquelle würde ich die Weiterbildungsangebote nicht sehen." Das Postgraduate Center an der Uni Wien will dennoch sein Angebot ausbauen. Gornik: "In Richtung Bachelor-Äquivalent wie die WU werden wir aber nicht gehen."
Neue Lehrgänge: Was studieren nach dem Studieren?
Im kommenden Studienjahr starten einige neue universitäre Lehrgänge für Uni-Absolventen an den Postgraduate-Zentren der Universitäten:
Das neue viersemestrige Vollzeit-Studium zum Menschenrechtsexperten Vienna Master of Arts in Human Rights ab Oktober an der Universität Wien kostet 19.980 Euro. Ebenfalls startet an der Uni Wien das englischsprachige Vollzeit-Masterstudium Legal Theory, das Master-Abschlüsse für Juristen (Kosten: 7980 Euro, zwei Semester) und Nicht-Juristen (Kosten: 11.970 Euro, drei Semester) bietet.
Die Med Uni Graz und die FH JOANNEUM starten im Wintersemester einen neuen MBA-Lehrgang in Health Care and Hospital Management. Ziel des fünfsemestrigen berufsbegleitenden Lehrgangs ist die Ausbildung von Führungskräften im Gesundheitswesen. Kosten: 14.500 Euro.
Die WU Executive Academy bietet ab Herbst in sechs Semestern den berufsbegleitenden Lehrgang zum Diplom-Betriebswirt um 18.960 Euro an der WU Executive Academy an. Angesprochen sind Maturanten mit ein bis zwei Jahren Berufserfahrung sowie Akademiker.