Die häufigsten Fragen im Bewerbungsgespräch
Von Ornella Wächter
„Erzählen Sie uns über sich und Ihren Werdegang.“
Diese Frage ist ein echter Klassiker und eröffnet sozusagen das Bewerbungsgespräch – Anita Stadlmann, Personalexpertin und Partnerin des HR-Netzwerks Wolkenrot, spricht auch vom „Kennenlern-Gespräch.“ Zwischen fünf und zehn Minuten sollte die Vorstellung dauern, die wichtigsten Ausbildungs- und Berufserfahrungen sollten erwähnt werden, idealerweise chronologisch.
Stadlmann rät: „Wer zum Beispiel auf einer FH studiert hat, sollte nicht nur den Studiengang nennen. Sondern auch erzählen, warum man sich dafür entschieden hat und über die Beweggründe aufklären.“ Birgit Sciborsky, HR-Expertin und Geschäftsführerin der DOPEG GmbH, gibt noch den ergänzenden Tipp: „Bereits hier kann man über Aufgabenbereiche oder Verantwortungen des vergangenen Jobs erzählen und welche Erfahrungen man mit bringt.“
„Warum bewerben Sie sich bei uns?"
Auch diese Frage ist ein Klassiker. „Aber man sagt nicht einfach, weil der Job interessant ist“, so Sciborsky. „Man sollte schon im Detail anführen, welche Tätigkeiten einen ansprechen, welche Fähigkeiten man dafür mitbringt und in welchen Situationen man diese bereits eingebracht hat.“
Darauf aufbauend werden oft Angaben aus dem Motivationsschreiben hinterfragt. Wer angibt „kommunikativ“ oder „verlässlich“ zu sein, sollte konkrete Situationen beschreiben, wo diese Eigenschaften zur Geltung kommen. „Für den Arbeitgeber ist relevant, wie Sie diese Fähigkeiten einsetzen, in welcher Situation Sie sich verlässlich zeigen“, so Stadlmann. „Simulieren Sie Bewerbungsgespräche zur Vorbereitung auch mit Freunden oder Bekannten.“
„Warum möchten Sie Ihren aktuellen Arbeitgeber verlassen?“
Wer sich mit aufrechtem Dienstverhältnis woanders bewirbt, kann auf jeden Fall mit dieser Frage rechnen. Doch aufpassen: „Manche BewerberInnen verhalten sich plötzlich wie in einer Therapiestunde und lassen sich über Streitereien mit Vorgesetzten oder KollegInnen aus“, weiß Sciborsky. „Das ist ein klares No-Go. Es entsteht auf der anderen Seite der Eindruck, dass auch über ihn einmal schlecht geredet wird, sollte das Arbeitsverhältnis nicht passen.“
Besser sei es, fehlende Weiterentwicklung zu nennen und über neue Herausforderungen zu sprechen, die man durch einen Jobwechsel erreichen möchte. Auch wenn das schlechte Arbeitsklima der primäre Grund ist, solle man nie „die Schuld im Außen“ suchen, rät auch Stadlmann. „Gerade wer sich für einen Job mit Verantwortung bewirbt, zeigt damit: für Fehler macht man nicht sich, sondern andere verantwortlich.“ Nicht überzeugend.
„Und, wie schaut es mit dem Kinderwunsch aus?“
Ganz klar – arbeitsrechtlich eine unzulässige Frage. Weist man sofort darauf hin? Das hängt von der „Stimmung“ im Gespräch ab und kann heikel sein, wenn man den Job wirklich haben will. „Bleiben Sie höflich, werden Sie nicht emotional, auch wenn Sie unangenehm überrascht sind und stellen Sie eine Gegenfrage: Inwiefern ist diese Frage relevant?“, empfiehlt Stadlmann.
„Wenn der potenzielle Arbeitgeber damit ein Problem hat, ist er wahrscheinlich auch nicht der richtige.“ Wichtig zu wissen: „Unzulässige Fragen muss man nicht wahrheitsgetreu beantworten“, so Personal-Expertin Sciborsky.
„Wo sehen Sie Ihre Schwächen?"
„Ich würde eher fragen: Was würde Ihr Chef über Sie erzählen, wenn ich ihn auf der Straße treffe?“, sagt Stadlmann, das würde auf dasselbe abzielen. Es erfordere von BewerberInnen auch eine kognitive Leistung, sie müssten sich in ihren Vorgesetzten hineinversetzen.
„Überlegen Sie sich, wo es Bereiche gibt, wo Sie sich weiterentwickeln und Neues lernen können und was Ihnen Ihr Chef für Feedback gegeben hat.“ K. O.-Kriterien wie Unpünktlichkeit eher vermeiden. Sciborsky rät: „Schwächen wie chaotische Arbeitsweisen ansprechen und gleichzeitig Strategien nennen, die diese ausgleichen, etwa das Schreiben von To-Do-Listen.“
„Sind Sie Teil einer Gewerkschaft?"
Ob man Teil einer Gewerkschaft ist, welche Partei man gewählt oder welcher Religion man sich zugehörig fühlt, darf grundsätzlich nicht gefragt werden. Sciborsky und Stadlmann raten, sich immer im Vorfeld zu überlegen, wie viel man von seinem Privatleben preisgeben möchte und wo die Grenzen liegen.
„Manche haben kein Problem damit, etwa über Ihre politische Haltung zu sprechen“, so Sciborsky. Bewirbt man sich in einem sogenannten Tendenzbetrieb, etwa einer Partei oder Gewerkschaft, sind solche Fragen allerdings berechtigt.
„Haben Sie eine Vorerkrankung?“
Generell ist man nicht dazu verpflichtet, den potenziellen Arbeitgeber über Krankheiten zu informieren, mit Ausnahe von akut ansteckenden. Sie erlebe es aber häufig, dass BewerberInnen ihren Gesundheitszustand von sich aus ansprechen, so Sciborsky.
„Viele erklären so auch mögliche Lücken im Lebenslauf, wenn sie etwa aufgrund einer Krankheit oder Operation länger ausgefallen sind“, so Stadlmann. Sciborsky: „Wer eine überstandene Krankheit von sich aus anspricht, kommt auch dem Arbeitgeber entgegen und kann damit signalisieren: ich bin wieder gesund und einsatzfähig.“
„Haben Sie noch weitere Fragen?“
„Keine Fragen zu stellen, ist wirklich ein No-Go“, sagt Sciborsky. „Das vermittelt den Eindruck von Desinteresse und mangelnder Vorbereitung.“ Da es eine Frage ist, die fast immer am Ende eines Bewerbungsgespräch gestellt wird, sollte man sich also im Vorfeld darüber Gedanken machen.
Stadlmann: „Wichtig ist: Stellen Sie offene Fragen. Etwa: Wie ist das Team aufgestellt, wie funktioniert hier die Zusammenarbeit, oder spezifische Fragen an die Führungskraft über den Tagesablauf, was dem Vorgesetzten wichtig ist und was man von ihm lernen kann.“