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Auszeit mit Buch – was Führungskräfte lesen

Der Buchrücken knackt, es riecht nach Papier – und wenig später ist man für alles andere unerreichbar. Aber zu welchem Buch soll man nur greifen? Manager, Wissenschaftlerinnen und andere prominente Persönlichkeiten verraten, welche Lektüre für sie prägend war. Buchhändlerin Anna Jeller erklärt, warum Lesen nach wie vor der „schönste Einsamkeitszustand“ ist.

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Die Wirkungskraft der Bücher

Lesen – gemütlich sitzend auf dem Sofa im Wohnzimmer, entspannt auf dem Strand im Liegestuhl, stehend in der U-Bahn oder am Flughafen unter tausenden von Reisenden – mit einem guten Buch in der Hand kann man überall dem Alltag entfliehen und sich Seite für Seite tiefer in eine Parallelwelt verlieren, die Welt um sich herum ausblenden.

Wie schafft es ein simples Buch, in einer durch und durch digitalisierten und mit Inhalten überfluteten Welt, nach wie vor, den Leser derart in den Bann zu ziehen? Denn obwohl das Gros der Menschen Unterhaltung, Entspannung oder Ablenkung auf schnell konsumierbaren Kanälen sucht – und eher ein Abo auf Netflix  abschließt als eine Buchhandlung aufzusuchen – ist das Interesse an gedruckten Geschichten noch immer nicht verschwunden.

Bücher stimulieren die Vorstellungskraft

Nach wie vor pilgern tausende von Besuchern zu den größten Buchmessen Europas: 285.024  waren es 2018 in Frankfurt. Zur zweitgrößten Buchmesse in Leipzig kamen diesen März rund 286.000 Besucher, darunter 27.400 Schüler. Und diese Zahlen halten sich stabil. Trotz der großen Entertainment-Konkurrenz, wird noch immer gelesen. Vielleicht, weil in Filmen und Netflix-Serien eines nicht angesprochen wird: die Vorstellungskraft. Genau das können Bücher.

Die Wirklichkeit, die im Buch beschrieben wird, entsteht im Kopf und setzt sich völlig individuell zusammen. Inwiefern die Fantasie eines Lesers angeregt wird, habe aber weniger mit dem Genre zu tun, sondern hänge vom Leser selbst ab, wie offen oder neugierig er an die Geschichte herangeht, erklärt die Buchhändlerin Anna Jeller, Inhaberin der gleichnamigen Buchhandlung in der Margaretenstraße im Wiener Bezirk Wieden.

„Beim Eintauchen in die Welt eines Buches kommt es eigentlich nicht darauf an, was erzählt wird, sondern wie der Autor es macht. Wie detailliert ein Land, eine Epoche oder die Beziehung der Figuren untereinander beschrieben werden“, erklärt die Buchhändlerin.   
Anna Jeller ist seit mehr als 30 Jahren im Buchgeschäft, berät täglich Kunden, kennt die Neuerscheinungen und Klassiker und weiß, wie man auch Menschen die schon länger kein Buch mehr in der Hand gehabt haben, wieder zum Lesen bekommt.

„Natürlich sollte man zuerst eine Buchhandlung aufsuchen und einen Händler des Vertrauens finden“, so Jeller. Um richtige Buchempfehlungen geben zu können, würde ihr ein Überblick der persönlichen „Lesebiografie“ helfen. „Unter den Lesern finden sich verschiedenste Ansprüche“, erklärt sie.

Schneller Lese-Kick oder langsames Abarbeiten

„Manche wollen nach dem berühmten ersten Satz oder Absatz im Buch überzeugt werden – auch für mich als Vielleserin ist dieses Kriterium wichtig – andere möchten am Buch arbeiten und brauchen diesen schnellen Kick nicht.“ Früher hätte man den Lesern stilistisch mehr zumuten können, ergänzt sie. Heutzutage falle es vielen schwer, sich zu konzentrieren und Zeit zum Lesen zu finden. 

Diesen Zeitgeist erkennt die Buchhändlerin auch am Buchmarkt: Neue Stile würden kreiert, um sehr schnellviele Leser zu überzeugen.  
Aber egal ob Unterhaltungsroman, anspruchsvoller Klassiker oder Sachbuch – jedes Buch habe seine Berechtigung.

„Jedes Buch bringt ein Abenteuer, man muss sich nur drauf einlassen“, betont Anna Jeller. Denn jeder, der liest, lernt, Zeit mit sich selbst zu verbringen – eine Qualitätszeit, die immer seltener und immer kostbarer wird.