Wirtschaft

Jeden Tag sperren fünf Geschäfte zu

Der stationäre Handel ist unter Druck, mehr und mehr Geschäfte sperren zu: Diese Entwicklung macht vor Österreich, einem der Länder mit der höchsten Handelsdichte weltweit, nicht halt. Neu ist jedoch die Geschwindigkeit: Der Trend hat sich zuletzt dramatisch beschleunigt – und er nimmt weiter Fahrt auf.

So haben binnen zehn Jahren 7600 Handelsstandorte für immer den Rollbalken heruntergelassen – davon allein 1900 im Jahr 2014. Die Zahl der Geschäfte ist somit erstmals unter die 40.000er-Marke gerutscht.

Kleine Filialisten sperren zu

Und so dürfte es weitergehen, befürchtet René Tritscher, Geschäftsführer der Sparte Handel der Wirtschaftskammer: „Der Wettbewerb wird sich weiter verschärfen.“ Große Stücke des Umsatzkuchens wandern in Richtung Onlinehandel ab. Dessen Verkaufsumsätze wachsen weiterhin – wenn auch weniger rasch als in der Vergangenheit. Wenig betroffen ist davon noch der Lebensmittelhandel, dort beträgt der Online-Anteil nur ein Prozent.

Ganz anders sieht die Online-Konkurrenz bei Computer, Foto und Unterhaltungselektronik aus: Dort erleben die stationären Händler gerade das, was ihre Buchhandelskollegen einige Jahre zuvor durchmachen mussten.

Früher machten vor allem Einzelstandorte dicht, bei denen der Besitzer oder die Inhaberin im Geschäft stand. Jetzt sind es zunehmend auch Kleinfilialisten, also Händler, die schon mehr als einen Standort haben, analysiert Ernst Gittenberger von der KMU Forschung Austria.

Alle Inhalte anzeigen

Registrierkasse: "Horrende" Kosten

Wegen der Registrierkassenpflicht ab 2016 werden noch mehr kleinere Betriebe zusperren, prophezeit Tritscher. Er berichtet von einer Flut erboster Anfragen in der Wirtschaftskammer wegen des „horrenden“ Investitionsaufwandes: Im günstigsten Fall müsse ein Händler 1000 Euro ausgeben, für einen Eisenwarenhändler mittlerer Größe fielen rund 55.000 Euro für Hardware, Software und Wartung an.

Die Registrierkassenpflicht sieht Tritscher als "Irrweg und Sackgasse": Im Handel seien die von Schelling angepeilten 900 Millionen Euro jedenfalls nicht zu holen.

Man sei mit der Sparte Handel ständig im Gespräch und um „unbürokratische Lösungen“ bemüht, heißt es dazu im Finanzministerium. Die Kosten kann man dort nicht nachvollziehen: Einfache Kassensysteme mit Signatureinheit gebe es schon ab 700 Euro – abzüglich 200 Euro Prämie und günstiger Steuer-Absetzmöglichkeiten.

Verkaufsfläche sinkt

Doch nicht nur die Kleinen sind auf dem Rückzug. Auch große Handelsketten legen die Expansion auf Eis und optimieren lieber bestehende Standorte. Die Verkaufsflächen gingen 2014 das zweite Jahr in Folge zurück – um 240.000 Quadratmeter auf 14,1 Millionen Quadratmeter.

War der Rückgang 2013 mit den Großpleiten von dayli und Niedermeyer erklärbar, so sank die Fläche im abgelaufenen Jahr querbeet in allen Handelsbranchen – außer im Lebensmittelhandel. Besonders betroffen war der Uhren- und Schmuckhandel, wo die Flächen im vergangenen Jahr um 6 Prozent auf 70.000 Quadratmeter einbrachen.

Hohe Rückgänge gab es auch bei Geschäften, die Fotoartikel bzw. optische Artikel (-4 Prozent auf 120.000 Quadratmeter) verkaufen, bei Sportartikelhändlern (-4 Prozent auf 730.000 Quadratmeter), in den Bereichen Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräte (-3 Prozent auf 300.000 Quadratmeter), im Schuh- und Lederwareneinzelhandel (-3 Prozent auf 410.000 Quadratmeter) sowie im Bau- und Heimwerkerhandel (-3 Prozent auf 2,85 Millionen Quadratmeter).

Die mit Abstand meisten Flächen beansprucht der Lebensmittelhandel - dort gab es 2014 entgegen dem Trend ein leichtes Plus von 1 Prozent auf 3,27 Millionen Quadratmeter.

Siegreiche Sportartikel

Erfreulich war im ersten Halbjahr 2015 zumindest, dass sich erstmals seit Ende 2010 ein realer Umsatzzuwachs ausging. Das heißt: Unter Abzug der Preisschwankungen wurde gegenüber dem Vorjahr um 0,5 Prozent mehr Ware verkauft (Grafik).

Alle Inhalte anzeigen
„Eine der besten Umsatzentwicklungen der vergangenen Jahre“, freute sich Handelsspartenobmann Peter Buchmüller. Die Preissteigerungen lagen im Einzelhandel (+0,7 Prozent) unter der allgemeinen Inflationsrate (+0,9 Prozent). International gesehen sei Österreichs Konsum aber immer noch schwach.