In 15 Minuten zum Job: Speeddating um Lehrlinge
Von Anita Staudacher
Hektisch begeben sich die Passagiere zum Gate A. „Achtung, Achtung, wir starten in zwei Minuten“, dröhnt es aus dem Lautsprecher. Moderator und Rapid-Platzsprecher Andi Marek lässt erst gar keine Verspätungen aufkommen. Valentina Burisic hat es gerade noch zu ihrem Abflug geschafft. Die 15-Jährige ist nicht etwa auf Ferienreise, sondern unterwegs zu ihrem Traumjob als Köchin. „Ich möchte in einem Hotel arbeiten oder in der gehobenen Systemgastronomie“, teilt sie etwas aufgeregt dem KURIER mit und setzt sich zum „Speeddating“ an den Tisch von Fleming’s Hotel.
Was folgt ist ein viertelstündiges Bewerbungsgespräch, bis die Stimme von Andi Marek wieder ertönt und die nächsten Passagiere warten. Rund 750 Jugendliche sind am Dienstag ins Kongresszentrum am Flughafen Wien gekommen, um „einen Volltreffer zu landen“, so das Motto der gemeinsamen Lehrstellenbörse von AMS Wien und Niederösterreich. Geboten wird den Jugendlichen neben den Lehrstellen auch eine geführte Besuchertour durch den Flughafen, Schmink-Kurse sowie ein Flugsimulator.
Aus ÜBA hinaus
Die Lehrlinge befinden sich im ersten oder zweiten Lehrjahr einer AMS-finanzierten überbetrieblichen Ausbildung (ÜBA) und können sich um eine Lehrstelle in einem Betrieb bewerben. 50 Unternehmen aus unterschiedlichsten Branchen haben 640 offene Lehrstellen in 45 Berufen im Gepäck. Die Palette reicht vom Einzelhandel (u.a. Rewe, Leiner, XXXLutz) über Hotellerie (Arcotel, Fleming’s) bis zu technischen Berufen (Siemens, Elin, ÖBB). Auch Klein- und Mittelbetriebe sind darunter. Burisic ist im ersten Lehrjahr und will rasch in eine „echte Lehrstelle“ wechseln. Sie hat gleich mehrere „Dates“ ausgemacht.
Die Jobchancen sind gut. Anders als bei der jüngsten Jobbörse der Regierung, der mehr PR-Show war, machen die Betriebe hier Nägel mit Köpfen. Schon am frühen Nachmittag sind die ersten 10 Lehrplätze fix vergeben, jeweils fünf bei den ÖBB und beim Stadtbaumeister Böhm.
Auch Siemens-Ausbildner Heinzjürgen Mair ist zuversichtlich, geeignete Bewerber für 28 Lehrstellen zu finden. Zur Unterstützung hat er selbst einen seiner Stahlbau-Lehrlinge mitgebracht. Von Lehrling zu Lehrling rede es sich gleich ganz anders, meint er. Betroffen zeigt sich Mair von den jüngsten Plänen der Westbahn, Zuggarnituren in China zu bestellen (siehe Seite 13). „Das tut uns wirklich weh“, sagt er und verweist auf die Arbeits- und Ausbildungsplätze im Siemens-Werk in Wien-Simmering.
Konjunkturbedingt stellen die Betriebe wieder etwas mehr Lehrlinge ein. Die Regierung will daher die teuren Ersatz-Lehrstellen stark zurückfahren. Die Anzahl sank gegenüber dem Vorjahr um 800 auf 8302.
Wien gefordert
Ganz ohne ÜBA werde es aber nicht gehen, sagt AMS-Vorstand Herbert Buchinger. Insbesondere in Wien seien nicht alle Jugendlichen nach der Schule reif für eine betriebliche Lehre, da müsse weiterhin „nachjustiert“ werden. Schwierig gestaltet sich bei den zumeist minderjährigen Lehrlingen die überregionale Vermittlung. „Wenn tägliches Pendeln nicht möglich ist, bedarf es einer Beaufsichtigung“, so Buchinger.
AMS-Wien-Chefin Petra Draxl sieht auch die Wiener Betriebe in der Pflicht, die Lehrstellenlücke zu schließen. „Es haben viele eine Lehrberechtigung, bilden aber nicht aus.“ Das AMS schickt daher in den kommenden Wochen Lehrlingsscouts aus, um Betriebe mit Lehrberechtigung zu überzeugen, ihrer Verantwortung als Ausbildungsbetrieb auch nachzukommen.
„Einige hundert“ meist branchenspezifisch oder regional ausgerichteter Lehrstellenbörsen veranstaltet das AMS jährlich in ganz Österreich. Der Erfolg hänge auch von den Betrieben ab, meint Buchinger. Nach dem Speeddating des AMS Wien im Rapid-Stadion vor einem Jahr konnten 50 Lehrstellen und weitere 100 Praktikumsplätze fix vergeben werden.