Zwei Oberösterreicher haben einen Indoor-Kompostierer erfunden, in dem Würmer aus Küchenabfällen wertvollen Humus machen. Dank eines Sitzpolsters kann man die Holzbox auch als Hocker verwenden. Ein Besuch im Workshop, wo gezeigt wird, wie man die kompakte Kiste selbst bauen kann.
"Willkommen beim Wörkshop, i zag eich jetzt amoi olle Schritte, die wir heit mochn, und daunn verteil ma uns auf die Stationen. Vasteht mi a jeda oder muss ich schön sprechen?", beginnt der Oberösterreicher David Witzeneder seinen Kurs zum Bau einer eigenen Wurmkiste. Die Gruppe, bunt zusammengewürfelt, hauptsächlich Frauen, werkt im Atelier von Wohnwagon in
Ottakring.
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Wirbellose Kriecher sind die Leidenschaft des BOKU-Studenten, der es nicht mehr ertragen konnte, seinen Biomüll in
Wien im Restmüll zu entsorgen. Sogar von schlaflosen Nächten berichtete er in der Puls-4-Show "2 Minuten 2 Millionen" und überzeugte Winzer
Leo Hillinger, mit 25.000 Euro in das Start-up einzusteigen, das er mit seinem Bruder, einem Tischler, gegründet hatte.
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Schleifen, Ölen, Bohren und Tapezieren stehen etwa an diesem Samstag auf dem Programm. Die Holzstücke sind schon passend zugeschnitten. Bis die Kiste fertig ist, dauert es ca. sechs bis sieben Stunden. Auch wenn die Anweisungen im Dialekt verständlich sind, freuen sich Do-It-Yourself-Neulinge über eine erneute Erklärung oder eine helfende Hand von David. Erfahrenere Teilnehmer haben den Dreh sofort raus, manche arbeiten zu zweit am Projekt.
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Die Idee dahinter ist, einen
Kompost für die Wohnung zu schaffen, der geruchlos und praktisch ist: Der Biomüll wird nicht "verschwendet", die Haustiere – 500 bis 2000 an der Zahl – verarbeiten ihn zu einer düngenden Flüssigkeit (Wurmtee) sowie zu fruchtbarem, wertvollem Wurmhumus. David nennt ihn "Schwarzes Gold". Gerade so viel, um damit Balkon- und Wohnungspflanzen zu "füttern".
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Während des Werkens erklärt der Unternehmer, wie sich die "Freunde" fortpflanzen, worauf man im Alltag achten muss , was sie gerne und was sie gar nicht fressen. Obst- und Gemüsereste, Kaffee und Tee sowie Zeitungspapier und Bioplastik dürfen in die Kiste. Zitrusfrüchte, Fleisch und Knochen nicht. Er erzählt Anekdoten von Freunden, die ihn panisch anrufen, weil in der Wurmkiste Pflanzen wachsen (ein gutes Zeichen) oder warum es wichtig ist, das Futter zu zerkleinern (mehr Oberfläche). Im Grunde ist alles sehr einfach, geduldig muss man aber sein: Bis der Hummus "geerntet" wird, dauert es etwa ein halbes Jahr.
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Belüftungslöcher werden in die Platten gebohrt, damit die Tiere genug Sauerstoff bekommen und der Abfall nicht zu stinken beginnt. Mit dünnem Vlies werden sie wieder zugetackert. "Damit die Würmer net obhaun", scherzt David, der von Neo-Wurmhaltern öfter mit der Sorge konfrontiert wird, dass die Kriecher ausbrechen, sich in der Wohnung ausbreiten. Die Angst sei unbegründet – die Haustiere bleiben dort, wo es etwas zu essen gibt und dunkel ist, erklärt der Oberösterreicher. Das Vlies sei dazu da, dass keine unerwünschten Tiere wie Fliegen in die Kiste kommen. Sie würden den Mikroorganismus nicht stören, Freude hätte damit aber keiner. Doch Würmer sind nicht die einzigen Bewohner des Komposts: Enchyträen (kleine weiße Würmer), Springschwänze und Asseln helfen neben Bakterien und Pilzen, den organischen Abfall zu zersetzen.
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Eine Membran soll später den
Humus vom Tee trennen, der Deckel wird mit einem Schaumstoff-Polster zum
Hocker gepimpt, der je nach Geschmack mit Stoffen bezogen wird. Eine der mühevollsten Aufgaben des Tages.
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So individuell wie die Stoffe können auch die Kisten gestaltet werden. Ein Vorteil für die Workshop-Teilnehmer. Alternativ besteht die Möglichkeit, einen Bausatz nach Hause zu bestellen oder eine aufgebaute Kiste zu kaufen.
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Sind die Teile fertig, geht es daran, alles zusammenzusetzen. Dazu wird geleimt und geschraubt. Bei Letzterem rufen manche D-I-Y-Anfänger nach dem Profi. Zum Beispiel wenn die Schraube etwas zu weit ins Holz geht. David steht mit einer helfenden Hand zur Seite, bessert Fehler aus, zeigt alles vor und ermutigt, es noch einmal selbst zu versuchen.
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Schnell nimmt alles Formen an, die auf ein Erfolgsprojekt schließen lassen – auch wenn sich die Scharniere für den
Hocker als besonders tückisch erweisen. Die Rollen lassen sich hingegen ganz leicht montieren. Ein Blick auf das neue Möbelstück: Hübsch, aber perfekt sieht es nicht aus, dafür erkennt man, dass es selbst gemacht ist. Ein Erfolgshigh überkommt eine Neo-Handwerkerin.
Auch David scheint es zu gefallen, wenn er zum finalen Akt sein Logo auf die Kiste brennt. "Vü Spaß" wünscht er dann und gibt letzte Tipps mit auf den Weg. Und so rollen die Teilnehmer die Kisten mit stolzgeschwellter Brust und neuen Freunden nach Hause.
Im Online-Shop von 1000worms.com können der fertige Wurmhocker (265–285 Euro), das Selbstbauset mit oder ohne Sitz (170–209 Euro) sowie der Workshop (200 Euro) erstanden werden. Eine Startpopulation Kompostwürmer (ca. 500 Stück) ist nur beim Workshop inkludiert und kommt separat auf 38 Euro.
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Die nächsten Workshops in
Wien finden am 3. und 4. November im Atelier von Wohnwagon in
Ottakring statt.
Am 11. November wird in Graz gewerkt. Geeignet sowohl für Anfänger als auch Hobbytischler. Aktuelle Termine und weitere Infos: www.wurmkiste.at