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Türschlösser: Wie sicher sind neue Smart-Lock-Systeme?

Wer kennt folgendes Szenario nicht? Die Haustür fällt ins Schloss, man möchte noch schnell zusperren, sucht dabei verzweifelt in Jacken- und Hosentaschen nach dem Schlüssel , bis man merkt: Der Schlüssel steckt von innen. Ein ärgerliches und vor allem kostspieliges Missgeschick.

Smart-Lock-Systeme

Ein Schlüsseldienst in Wien kostet werktags im Durchschnitt zwischen 60 und 90 Euro, an Wochenenden oder in der Nacht sogar bis zu 200 Euro. Genau hier setzen Smart-Lock-Systeme an. Diese kommen nämlich ganz ohne physischen Schlüssel aus. Wie funktioniert das genau? Wie gewöhnliche Schlösser auch, bestehen Smart-Lock-Systeme aus einem Schloss und einem Schlüssel.

Digitaler Code als Schlüssel

Der wesentliche Unterschied: Der Schlüssel ist in dem Fall ein digitaler Code. Auf- und zugesperrt wird mit dem Smartphone per App. Klingt in der Theorie zunächst ganz interessant. In der Praxis sieht es jedoch so aus, dass die meisten Menschen in Wohnungen oder Häusern mit bereits eingebauten Türschlössern wohnen. Und gerade bei Mietwohnungen darf ein vorhandenes Schloss nicht einfach so ausgetauscht werden. Wie kompatibel und benutzerfreundlich sind Smart-Lock-Systeme also in der Realität?

Smart Home

Martin Pansy ist Geschäftsführer des österreichischen Unternehmens „Nuki“, das sich auf smarte Lösungen für den Wohnbereich spezialisiert hat. Sein Smart-Lock-System ist seit Dezember 2016 auf dem europäischen Markt und funktioniert laut Geschäftsführer so: „Das System wird an der Innenseite der Tür über dem bestehenden Zylinder montiert. Wir tauschen das vorhandene Schloss dabei nicht aus, und der Schlüssel bleibt im Zylinder stecken.“ Das Nuki-System ist mit allen Haus- und Wohnungstüren kompatibel, die über ein EU-Zylinderprofil verfügen. 85-90 Prozent der österreichischen Haustüren sind mit so einem Profil ausgestattet.

Steuerung per Smartphone-App

Ist das Smart-Lock-System erst einmal analog installiert, wird es dann digital mittels Smartphone-App gesteuert. „Den Zugriff kann man mit Familienmitgliedern, Freunden, oder Nachbarn teilen“, erklärt Pansy. Mithilfe der App kann man selbst aus der Ferne oder aus dem Urlaub auf das System und somit auf die Türverriegelung zugreifen. „Das dient auch zur Absicherung. Falls man nicht mehr weiß, ob man zugesperrt hat oder nicht, wird man von der Nuki- App erinnert, dass die Türe nicht abgesperrt ist“, erklärt Pansy.

Zugriffsberechtigung teilen

Das klingt soweit alles ganz bequem - was aber, wenn man - im Worst Case - sein Smartphone verliert oder dieses sogar gestohlen wird? Geschäftsführer Martin Pansy hat auch dafür eine Lösung:„ Im Falle eines Verlusts des Smartphones kann man in der App die Zugriffsberechtigung widerrufen und diese dann auf das neue Smartphone zustellen. Dabei muss ich mein Türschloss nicht austauschen.“ Für den Fall, dass man tatsächlich einmal vor der verschlossenen Tür steht und weder auf das Smartphone noch auf ein alternatives internetfähiges Gerät zugreifen kann , empfiehlt der Hersteller trotz allem einen physischen Schlüssel bei sich zu tragen. Damit könne man im Notfall immer aufsperren.

Hacking-Angriffe

Smart hin oder her - ganz ohne analoge Hilfe kommt dieses System jedenfalls noch nicht aus. Auch Christian Kudera, IT-Sicherheits-Experte vom SBA Research hat seine Zweifel, vor allem wenn es um die Sicherheit vor Hacking-Angriffen geht:„ Jeder von uns kennt ein mechanisches Schloss, das ist Technik, die seit Jahrhunderten erprobt ist. Ein digitales Schloss hingegen erhöht die Komplexität enorm. Als Kunde muss ich dem Hersteller vertrauen, dass das System sicher ist.“

Sicherheit und Transparenz

Es gibt allerdings Kriterien auf die man vor der Anschaffung eines Smart-Lock-Systems achten kann: „Einige Anbieter werben auf ihren Homepages mit geprüften Sicherheitszertifizierungen. Durch diese Zertifizierungen wird zumindest ein gewisser Mindeststandard erreicht. Das alleine ist aber noch keine Garantie. 100-prozentige Sicherheit gibt es nicht“, so Kudera. Zusätzlich sollte man auf die Transparenz des Herstellers achten. Erwähnt dieser auf der Website, dass ihm Security wichtig ist? Gibt es ein ausführliches Impressum und Kontaktdaten, an die ich mich im Notfall wenden kann?

Schlüsselsysteme

Derzeit sieht es in Österreich jedenfalls nicht danach aus, als würde das Smartphone bald den Schlüssel ersetzen. Bisher nutzen nur 1,5 Prozent der österreichischen Haushalte ein smartes Tür-System. Mit einem Anschaffungspreis von 199 bis 270 € ist es zumindest einigermaßen leistbar. Ob man dennoch lieber beim erprobten Schlüsselsystem bleibt und im Notfall in einen Schlüsseldienst investiert, ist wohl eine Frage der persönlichen Vorliebe.

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