Wirtschaft/Immo

Alte Donau: Revival der Wiener Riviera

Wenn das Thermometer mehr als 30 Grad anzeigt, dann wird es so richtig voll an der Alten Donau. Die Badegäste teilen sich mit Segelbooten, Ruderern und Tretbooten das Wasser und in den Strandcafés ist kaum ein Platz zu bekommen.

Seit ein paar Jahren ist die idyllische Szenerie im Nordosten Wiens um eine Facette reicher: Rund um die Alte Donau ragen Baukräne in den Himmel und an den Wänden der Bootsvermieter prangern Werbeplakate für Eigentumswohnungen. „Die Käufer sind vom Wasser magisch angezogen“, sagt Immobilienunternehmerin Edith Krauss, „das Gebiet entwickelt sich zum zweiten Döbling Wiens.“

Im ehemaligen Arbeiterbezirk hat in den vergangenen Jahren ein regelrechter Immobilienboom eingesetzt. Derzeit sind mehr als zehn Neubauprojekte mit Wohnungen und Häusern am Markt. Bis zu 10.000 Euro pro Quadratmeter blättern Käufer für eine Eigentumswohnung hin. „Die vielen Grünflächen, die Lage am Wasser, Sportmöglichkeiten und die Nähe zur Innenstadt sind einzigartig in Wien“, schwärmt Edith Krauss. Doch warum wurde die Gegend erst in den vergangenen Jahren so richtig entdeckt?

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Eine lange Tradition als Badeparadies der Stadt hat die Alte Donau jedenfalls. Das Gebiet zwischen Floridsdorfer Brücke und Donaustadtbrücke nördlich des Donau-Hauptarms entstand nach der Donauregulierung, bei dem die Alte Donau zum Binnengewässer wurde. Bereits 1907 öffnete das erste öffentliche Strandbad am „Gänshaufen“. Sukzessive entstanden sieben weitere Strandbäder, mehrere Kleingartenvereine und eine kleinteilige, dörfliche geprägte Struktur mit Einfamilienhäusern. Schon Reinhard Fendrich bekannte 1981 im Kultschlager „Strada del Sole“: „I steh aufs Gänsehäufel, auf Italien pfeif i.“

Dennoch musste sich der Stadtteil den guten Ruf erst erarbeiten: Lange konnte das 1,6 Quadratkilometer große, oft mit Algen zugewucherte Gewässer mit dem klaren, türkisblauen Wasser eines Wörthersees oder Attersees nicht mithalten. Die Stadt investierte Anfang der 90er Jahre in eine aufwendige chemische Sanierung und hält seit dem mit vielen Maßnahmen wie eine regelmäßige Zu- und Ableitung mit Donauwasser die Wasserqualität hoch. „Das Gebiet hat eine wesentliche Wandlung durchlaufen“, meint Michael Pisecky, Chef des Immobilienunternehmens sReal.

In den vergangenen Jahren wurden zudem viele Lokale modernisiert – auch das zog jüngeres Publikum an. Die Gastronomen-Familie Querfeld, die Besitzer des bekannten Café Landtmann in der Innenstadt ist, übernahm kürzlich das traditionsreiche „Neu Brasilien“ und eröffnete es wieder unter dem Namen „Das Bootshaus“, direkt am Wasser. „Die Qualität ist insgesamt deutlich gestiegen“, sagt Josef Bitzinger, Chef von „Die Schankwirtschaft“ im Bundesbad. „Freitags gibt es zwar nach wie vor gebackene Scholle. Wenn es das nicht mehr gebe, würden die Stammgäste Sturm laufen. Zusätzlich haben wir aber Speisen wie gegrillten Tofu auf der Karte.

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Die Alte Donau ist hip geworden. Dieser Coolness-Faktor beflügelte auch den Immobilienmarkt. Eines der Top-Projekte ist „Liv an der Alten Donau“. In begehrter Lage, in der Mühlschüttelgasse hinter einem Park und einem öffentlichen Badeplatz, baut der Immobilienentwickler Liv 110 Eigentumswohnungen mit zwei bis fünf Zimmern. Der Blick zur gegenüberliegenden Arbeiterstrandbadstraße ist unverbaubar. Das hat seinen Preis: Ab 5000 Euro pro Quadratmeter ist eine Wohnung zu haben. Die Spitzenpreise im Dachgeschoß erreichen allerdings mehr als 9500 Euro. „Ich gehe davon aus, dass die Preise künftig weiter steigen“, so Peter Hack von Liv.

Diese Preisentwicklung hat einen einfachen Grund: Das Angebot rund ums Wasser sowie in den umliegenden Stadtteilen wie Bruckhafen, Kaisermühlen und Donaufeld ist extrem beschränkt. Bebaubare Grundstücke – meist mit einem Altbestand an kleinteiligen Häusern – werden von den Immobilienentwicklern derzeit zu Höchstpreisen erworben und später mit größeren Einheiten bebaut. Für private Käufer sind diese Preise unerschwinglich. „Den Markt für klassische Einfamilienhäuser gibt es daher fast nicht “, sagt sReal-Chef Michael Pisecky.

Sehr viele Grundstücke stehen zudem im Besitz des Stifts Klosterneuburg. Die Kirche verkauft Grund und Boden grundsätzlich nicht, sondern vergibt Grundstücke nur mit einem Baurecht von 60 oder 100 Jahren. Das bedeutet soviel wie Eigentum auf Zeit. „Der Unterschied zur Pacht ist, dass der Baurechtsnehmer für diese Zeit als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist“, sagt Lukas Sattlegger vom niederösterreichischen Bauträger Glorit.

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Das Unternehmen hat schon mehrere Dutzend Projekte an der Alten Donau realisiert, derzeit hat es drei Wohnungen in der Cherubinistraße im Angebot und plant ein Projekt direkt am Wasser an der Adresse An der oberen Alten Donau 147 mit acht Wohnungen. Der Verkauf dafür startet demnächst. Sattlegger: „Die Nachfrage ist sehr hoch, vor allem für jene Wohnungen mit Donau-Blick.“

Der Boom an der Alten Donau führt allerdings zu einer Veränderung in der Bewohnerstruktur. Ein symbolisches Beispiel dafür ist das Projekt „Der Goldene Schwan“ am Schüttauplatz in Kaisermühlen. Es liegt genau in jenem Grätzl, wo einst die Kult-Serie „Kaisermühlen Blues“ spielte und Charaktere wie Burschi Leitner, Joschi Täubler und Gitti Schimek das Vorstadtleben zelebrierten.

Im „Goldenen Schwan“ werden derzeit 24 Wohnungen gebaut, die im Frühjahr 2020 bezugsfertig sind. Die künftigen Bewohner genießen demnächst den Ausblick über den Park und im Dachgeschoß sogar bis zur Donau. Die Ausstattung der Wohnungen ist sehr hochwertig. „Unsere Kunden kommen mittlerweile zu 30 Prozent aus dem englischsprachigen Raum, viele arbeiten in der UNO-City“, erzählt Immobilienunternehmerin Edith Krauss.

Auch viele einheimische Käufer schätzen das Flair, schließlich wohnt man an der Alten Donau fast wie im Urlaub – und zwar das ganze Jahr über. Immobilienmakler berichten, dass es nicht wenige Käufer gibt, die ihr großes Haus verkaufen und für die Pension in eine kleinere Wohnung an die Alte Donau ziehen. Doch auch für Familien ist die Gegend aufgrund der guten Infrastruktur mit Schulen, Einkaufsmöglichkeiten und Ärzten interessant. Edith Krauss: „Wer in der Innenstadt arbeitet, kann sogar mit dem Rad zur Arbeit fahren. Das ist eine unglaubliche Lebensqualität.“

Für all jene Alte Donau-Liebhaber, die bei der Preissteigerung nicht mehr mithalten können, bleibt ein kleiner Trost: Wesentlich günstiger als eine Eigentumswohnung ist die Miete einer der 300 Vorbau-Kabinen im Gänsehäufel. Die beliebten Kabanen – so werden sie im Bad genannt – kosten pro Saison vergleichsweise günstige 627 Euro. Allerdings beträgt die Wartezeit dafür mittlerweile schon zwischen vier und sechs Jahren.