IHS fordert von Regierung Taten gegen Fachkräftemangel
Spätestens ab dem Jahr 2022/2023 droht Österreich ein chronischer Facharbeitermangel. Die Babyboomer-Generation verabschiedet sich bis dahin größtenteils in Pension. Zehn- bis Hunderttausende Fachkräfte würden dadurch fehlen, warnte Martin Kocher, Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS) am Mittwoch und forderte die Regierung auf, diesbezüglich beherzter gegenzusteuern.
Das Problem fehlender Arbeitskräfte könnte sich in den Folgejahren weiter verstärken, denn dann drohe innerhalb Europas ein noch härterer Wettbewerb um die besten Fachkräfte, so Kocher weiters. Dass es schon zuletzt und aktuell einen Fachkräftemangel gibt, unter dem manche Branchen besonders leiden, sei vor allem hochkonjunkturell bedingt, nicht aber chronisch.
Den Fachkräftemangel ließe sich nicht über Nacht beenden, so Kocher. "Je früher nachgedacht wird, wie man für Fachkräfte auch aus Drittstaaten attraktiver wird, desto besser für den Standort. Lediglich die Rot-Weiß-Rot-Karte etwas attraktiver zu gestalten, wird nicht reichen." Es gehe darum, Signale zu senden, dass Österreich ein attraktives Land ist, um dort zu arbeiten. Dazu brauche es eine gewisse Öffnung, wie etwa mehr englischsprachigen Unterricht oder englischsprachige Beamte für Amtswege etwa beim Finanzamt. Ob eine solche Öffnung für Ausländer aus Nicht-EU-Staaten unter der derzeitigen ÖVP-FPÖ-Regierung realistisch ist, wollte Kocher nicht konkret beantworten. Er sagte, das Problembewusstsein rund um den Fachkräftemangel sei bestimmt gegeben.
Digitalisierungsstrategie
Außerdem hält Kocher eine klarere Digitalisierungsstrategie der Bundesregierung für notwendig. Es handle sich bisher nur um verschiedene "Titel", nicht aber um ein großes Ganzes. "In einzelnen Bereichen geht etwas weiter, aber es ist eine Gesamtstrategie gefordert und eine einhergehende Priorisierung der Gesamtstrategie."
Kocher hinterfragte auch das Fördersystem für Unternehmen in Österreich. "Mittelgroße Unternehmen gehören besser gefördert." Selten gelinge es, dass Start-ups richtig groß würden, was am Risikokapitalmarkt in Österreich und dem Fördersystem liege. Kleine und Große würden gut gefördert, "dazwischen muss man sich die Förderlandschaft anschauen". Auch die Regulierung in Europa und Österreich sei sehr defensiv ausgerichtet und es sollten Strukturen überlegt werden, die mehr Wettbewerb und mehr Innovation ermöglichten. "Der Fokus von Reformen gehört mehr auf Innovation gelegt, nicht so sehr Verwaltung an sich. Es geht um die Frage, wie wir Österreich im wirtschaftlichen Umfeld zukunftsträchtiger machen können und Ideen besser unterstützen. Das wäre langfristig von Vorteil", sagte Kocher.