Wirtschaft

Höhere Grundsteuer für alle

Knapp 40 Jahre ist es her, dass der Staat zuletzt den Wert aller Grundstücke seiner Bürger festgestellt hat. Eine Inflationsanpassung blieb bisher aus. Angesichts von Budgetnöten erwägt man nun offenbar einen neuen Anlauf. Im Raum steht eine neue Hauptfeststellung der Einheitswerte, die Basis für die Grundsteuer aller Immobilienbesitzer ist. Im Zuge der Budgetverhandlungen wurde ausgemacht, dass 2014 alle land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke neu bewertet werden.

Doch dabei dürfte es nicht bleiben. „Geplant ist, dass man 2014 die landwirtschaftlichen Flächen und im Anschluss oder auch gleichzeitig die anderen Flächen angeht“, erklärte SP-Finanzstaatssekretär Andreas Schieder am Freitag im Ö1-Interview. Auch Kanzler Werner Faymann erklärte vergangene Woche, die Grundsteuer-Debatte sei noch nicht abgeschlossen. Im Finanzministerium wird betont, es gebe noch keine koalitionäre Vereinbarung.

Doch im KURIER-Gespräch stößt auch Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer von der ÖVP ins selbe Horn: „Wenn man eine Einheitswert-Berechnung durchführt, dann soll man es gleich für alle machen.“ Und aus dem Büro von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner heißt es, „das Thema müsse man sich grundsätzlich ansehen.“

Die Grundsteuer ist eine der Haupteinnahmequellen für die wiederholt über Geldnot klagenden Gemeinden: 550 Millionen Euro bringt die Steuer jährlich. Wobei: Nur 50 Millionen davon kommen aus der Landwirtschaft, wo die „Grundsteuer A“ anfällt, der Großteil kommt von Grundstücken mit Gebäuden, wo die sogenannte „Grundsteuer B“ anfällt.

Papierkrieg

In der Landwirtschaft erfolgte die letzte Einheitswertfeststellung in den 80ern, bei den übrigen Gebäuden gar 1973. Der Grund: Die Erhebung ist extrem aufwendig, meint BDO-Steuerexperte Karl Bruckner: „Der Einheitswert von Grundvermögen wird aus dem Boden- und dem Gebäudewert errechnet. Dieser Gebäudewert wurde in den 70ern durch eine Steuererklärung ermittelt, wo man sein Haus umfassend beschreiben musste samt genauer Ausstattung.“ Zahllose Streitigkeiten mit den Steuerbehörden über die Wertigkeit von Badezimmerfließen oder Bodenbelägen waren die Folge.

Behält man das System bei, droht den Österreichern ein Papierkrieg. Bruckner: „Wir haben in Österreich rund zwei Millionen Liegenschaften mit Einheitswerten. In Folge müssten zwei Millionen Steuerpflichtige neue Formulare ausfüllen.“ Auch Eigentumswohnungen seien betroffen. Für sinnvoller hält er eine Gruppierung von Grundstücken, z. B. in jene in innerstädtischen Lagen oder unbebaubares Land. „Das könnte man weitgehend elektronisch machen.“

Höhere Steuer?

Neue Einheitswerte müssten nicht zwangsläufig höhere Steuern bringen. Das sei eine politische Entscheidung, so Bruckner. Nehme man den aktuellen Verkehrswert, drohe oft eine Verzehnfachung. „Das schließe ich aus.“

In ÖVP-Kreisen kursiert eine Steuererhöhung von 20 Prozent, fix ist freilich noch nichts. Wifo-Experte Franz Sinabell verweist auf eine Studie aus 2010, wonach ein Mehrerlös von 500 Millionen Euro möglich sei. Aus der SPÖ wiederum heißt es: „Für uns wird es wichtig sein, dass es zu einer gerechteren Verteilung kommt.“ So könnten Spitäler oder Pflegeheime ausgenommen werden – andere müssten mehr zahlen.

Wie man es künftig einfacher machen könnte, darüber brüten bereits Arbeitsgruppen. Die Regierung will sich in Zukunft eine Hauptfeststellung ersparen. Mödlhammer plädiert etwa für eine Indexierung. Kritik kommt von den Bauern: Hier sind die Einheitswerte auch Basis für Einkommenssteuer und Sozialversicherung. Bauernbund-Chef Jakob Auer: „Eine Anhebung der landwirtschaftlichen Grundsteuern wäre eine Substanzbesteuerung.“