Wirtschaft

Finanzielle Lücken bei der Pflege

Im Jänner benötigten in Österreich rund 445.000 Menschen Pflege, daheim oder in Heimen. Die Versorgung ältere Menschen bedeutet für viele Pflegebedürftige bzw. deren Angehörigen eine hohe Belastung – auch finanziell.

"80 Prozent der Betroffenen werden zu Hause betreut, die Pflegeaufgaben übernehmen meist weibliche Familienmitglieder", betont Erich Fenniger, Bundesgeschäftsführer der Volkshilfe Österreich. Unterstützt werden sie in wenigen Fällen durch die mobile Pflege (durch Caritas, Volkshilfe, Rotes Kreuz). Wird der Pflegebedarf mit diesen Mitteln nicht mehr gedeckt, geht an einem stationären Aufenthalt in einem Pflegeheim oft kein Weg vorbei.

Teurer Heimplatz

Rund 1500 bis 3500 Euro pro Monat kostet in Österreich ein Platz in einem öffentlichen Pflegeheim, in privaten Häusern noch deutlich mehr. Das übersteigt, was die meisten Betroffenen an Pension beziehen, bei Weitem. Reichen die laufenden Einnahmen des Pflegebedürftigen (Pension, staatliches Pflegegeld) nicht aus, wird auf das Vermögen (Ersparnisse, Aktien, Immobilien) der Betroffenen zugegriffen. Der Fachbegriff für diesen Vorgang heißt Eigenregress. 150 Millionen Euro werden jährlich auf diese Weise herangezogen.

"Den Familienregress, also die Möglichkeit, auch auf der Vermögen von Verwandten zur Finanzierung des Heimplatzes zuzugreifen, gibt es nur mehr in der Steiermark und wird auch dort stark kritisiert", sagt Fenninger. In rund 60 Prozent der Fälle reichen die Mittel der Pflegebedürftigen (Einkünfte, Vermögen und Pflegegeld) nicht aus, um die Kosten für den Heimplatz langfristig zu decken. In diesem Fall springt die Sozialhilfe ein, versucht sich das Geld aber zurückzuholen. Die Rechtslage ist in jedem Bundesland verschieden.

Bei der Vermögensbewertung sind die Sozialämter auf die Ehrlichkeit der Antragsteller angewiesen. Direkte Auskünfte von Bankinstituten erhalten weder Heime noch Sozialhilfeträger. Eigentumswohnungen und Häuser noch schnell zu verschenken macht aber keinen Sinn, denn der Blick ins Grundbuch ist Routine bei der Prüfung eines Antrags auf Sozialhilfe.

Immobilienbesitz

In den meisten Bundesländern werden Liegenschaften der Pflegebedürftigen eher belastet als verkauft, wenn die Heimkosten nicht beglichen werden können. Ein Verkauf ist nicht möglich, wenn nahe Angehörige in der betroffenen Immobilie wohnen. In Vorarlberg ist das Haus am besten geschützt. Dient es dem Ehepartner oder dem Kind als Unterkunft, kann es auch nicht im Grundbuch belastet werden.

In manchen Bundesländern ist auch eine Kostenersatzpflicht für Geschenknehmer vorsehen. Vor dem Verlust der Liegenschaft schützen kann man sich, wenn man diese rechtzeitig verschenkt. Je nach Bundesland darf der Sozialhilfeträger drei bis fünf Jahre rückwirkend auf den Schenkungswert zurückgreifen. Bei der Übergabe der Liegenschaften an Kinder ist es von großer Bedeutung, auch Gegenleistungen in den Vertrag aufzunehmen, etwa ein lebenslanges, unentgeltliches Wohnrecht. Denn das mindert den Wert der Schenkung deutlich.

All diese Probleme, die die Finanzierung eines Heimplatzes mit sich bringen, macht Pflegebedürftigen zu schaffen. Viele wollen nicht ins Pflegeheim, um finanziellen Schaden von sich selbst und den Verwandten abzuwenden. "Wir fordern, dass das individuelle Risiko, pflegebedürftig zu werden, solidarisch getragen wird", sagt Erich Fenniger, Geschäftsführer der Volkshilfe Österreich. Das würde gelingen, indem Vermögenszuwächse zugunsten der Pflege besteuert würden. Nur so werde die Pflege für alle leistbar.

Pflegeversicherung

Fast alle österreichischen Versicherungen bietet mittlerweile private Pflegeversicherungen an. Die Prämien sind relativ hoch. Je früher die Versicherung abgeschlossen wird, desto niedriger fällt die monatliche Prämie aus.

So kostet etwa eine Pflege-Polizze für eine 50-Jährige Person bei der Wiener Städtischen Versicherung 110 Euro monatlich. Dafür wird das staatliche Pflegegeld verdoppelt, gültig bereits ab Pflegestufe 1. Manche Produkte sehen Leistungen nur bei schwerster Pflegebedürftigkeit, andere wiederum bereits ab Pflegestufe eins vor.