Infineon-Österreich-Chefin: "Wenn Chips fehlen, stehen Bänder still"
Von Anita Staudacher
Österreich mischt in der globalen Halbleiterindustrie kräftig mit. Gemessen an der Größe des Landes sind Österreichs Unternehmen in der Halbleiterindustrie Nummer 1 in der EU beim Beitrag zu Wertschöpfung, Beschäftigung und bei Investitionen in Forschung und Entwicklung. Laut Fachverband der Elektro- und Elektronikindustrie beschäftigen die 280 Firmen in der Chip-Branche hierzulande rund 72.000 Menschen.
Eine Stärken-Schwächen-Analyse des Lieferketteninstituts ASCII sieht nun im Wandel zur Elektromobilität große Chancen für die Branche.
Aktuelle Stärkefelder der heimischen Halbleiterproduktion ist die Erzeugung von Vor- und Zwischenprodukten für die Industrie, speziell für die Autoindustrie. Durch die nötige Transformation der Mobilität ergibt sich für heimische Chip-Zulieferer laut Studie ein großes Potenzial. "In einem Elektroauto sind heute 3.000 Chips verbaut, doppelt so viele wie in einem Diesel-Auto" sagte ASCII-Direktor Peter Klimek. Stark sei die Branche auch bei der Erzeugung von Vor- und Zwischenprodukten. Darunter fallen etwa Anlagen für die Halbleiterproduktion, Smartcards oder Mikroskope.
„Wenn Chips fehlen, stehen die Bänder“, erläuterte Infineon-Österreich-Chef Herlitschka. Obwohl der Halbleiter-Markt relativ klein ist, sei er essenziell für das Funktionieren der Wirtschaft. Bis zu 50 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung hänge von Halbleitern ab.
USA und Asien dominieren den Chip-Markt
Dabei zeigt sich ein geopolitisches Ungleichgewicht. Den Markt dominieren vor allem US-amerikanische und asiatische Firmen. Nur drei europäische Unternehmen, Infineon, STMicroelectronics und NXP, mischen unter den Top-20 mit. Während China, Japan und Südkorea die Waferherstellung und den Unterhaltungselektronik-Markt dominieren, liegen Europas Stärken vor allem in der Leistungselektronik, Sensorik und Energieeffizienz.
„Wir müssen in Europa eigene Stärken aufbauen, damit andere von uns abhängig sind“, meint Infineon-Österreich-Chefin Sabine Herlitschka. Bei der nationalen Umsetzung des Chips Act in Österreich plädiert sie für noch mehr Vernetzung und Joint-Ventures. „Wir haben aber Lücken in der Wertschöpfungskette, da könnte es gezielte Ansiedelungen geben.“
„Taiwan ist von uns genauso abhängig wie wir von Taiwan“, bestätigte Wirtschaftsminister Martin Kocher. „Die internationalen Lieferketten sind extrem vernetzt. Gegenseitige Abhängigkeiten wird man nicht wegbringen." Diese Abhängigkeiten geopolitisch einzusetzen, sei gefährlich.
Europäischer Chips Act soll Investitionen ankurbeln
In Europa werden 20 Prozent aller Chips angewendet, jedoch nur 10 Prozent auch hier produziert. Um das zu ändern, wurde im Vorjahr der „Europäische Chips Act“ verabschiedet, der insgesamt 43 Mrd. Euro in die Halbleiterindustrie pumpt. Die österreichische Regierung hat im Rahmen der nationalen Umsetzung des Acts eine Förderung von 3 Mrd. Euro bis 2031 beschlossen. Damit sollen mehr als 7 Mrd. Euro an potenziellen Investitionen gehebelt werden.