Grasser-Urteil: Generalprokurator empfiehlt Untreue-Verurteilung
Die Generalprokuratur sieht die erstinstanzlichen Urteile im BUWOG-Prozess in zentralen Teilen bestätigt: Wie aus einer Stellungnahme am Montag hervorgeht, empfiehlt die Behörde gegen den ehemaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser eine Bestätigung der Urteile wegen Untreue und der Geschenkannahme durch Beamte in der Causa BUWOG. Grasser war nach einem Monsterprozess erstinstanzlich zu acht Jahren Haft verurteilt worden.
Die Generalprokuratur berät den Obersten Gerichtshof (OGH), der über die Aufhebung oder Bestätigung der Urteile entscheidet. Auf 160 Seiten legt sie ihre Empfehlungen an die Höchstrichter dar. Diese sind nicht bindend.
Bei dem Prozess wurden neben Grasser auch der ehemalige FPÖ-Politiker Walter Meischberger, der Ex-Lobbyist Peter Hochegger und Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics verurteilt. Sie fassten sieben, sechs und zwei Jahre aus.
Der Prozess hatte am 12. Dezember 2017 im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts begonnen. Angeklagt war Korruption in der Causa Bundeswohnungs-Privatisierung und in der Causa Linzer Terminal Tower. Dazu kamen im Laufe des Verfahrens weitere kleinere Anklagen.
Hauptangeklagter war Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Mit auf der Anklagebank saßen der Ex-FPÖ-Politiker Walter Meischberger, Ex-Lobbyist Peter Hochegger und Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics.
Am 4. Dezember 2020 wurde Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser von Richterin Marion Hohenecker als Vorsitzende eines Schöffensenats in erster Instanz nicht rechtskräftig zu acht Jahren Haft verurteilt. Meischberger, Hochegger und Petrikovics fassten sieben, sechs und zwei Jahre aus.
Das schriftliche Urteil dauerte 13 Monate - es umfasste 1.300 Seiten.
Im sogenannten BUWOG-Prozess ging es um Provisionen von 9,6 Mio. Euro beim Verkauf der Bundeswohnbaugesellschaften (BUWOG und andere) sowie von 200.000 Euro bei der Einmietung der Linzer Finanzdienststellen in den Terminal Tower in Linz. Diese Gelder sollen unter anderem bei Grasser gelandet sein, was dieser vehement bestreitet, was er auch nach der Urteilsverkündung im Straflandesgericht zum Ausdruck brachte: "Sie sehen mich traurig und schockiert. Dieses Urteil sprengt alles, was ich mir vorstellen konnte."
Kein Makel an der Entscheidung des Straflandesgerichts
"Nach Ansicht der Generalprokuratur wäre das Urteil sozusagen im Kern wegen ergangener Untreue-Schuldsprüche im Wesentlichen zu bestätigen", sagte der Sprecher der Generalprokuratur, Martin Ulrich, am Montag zur APA. Im Detail empfiehlt die Generalprokuratur, alle Untreue-Schuldsprüche zum BUWOG-Komplex und darüber hinaus zu allen davon betroffenen Angeklagten alle Untreue-Schuldsprüche zum Terminal Tower-Komplex zu bestätigen.
Weiters zu bestätigen wären "auch zu verschiedenen Angeklagten ergangene Schuldsprüche wegen unterschiedlicher, teils als Beteiligter begangener Begleitdelikte und Verschleierungshandlungen", stellte der Behördensprecher fest. Gänzlich im Recht sieht die Generalprokuratur die Nichtigkeitsbeschwerde von Ex-RLB-OÖ-Vorstand Starzer, der in erster Instanz drei Jahre Haft ausgefasst hatte. Bei ihm wird die vollumfängliche Aufhebung des Urteils und eine neue Verhandlung wegen Untreue und Bestechung im BUWOG-Verfahrensstrang empfohlen. Auch bei Ex-Telekom-Vorstand Fischer regt die Generalprokuratur eine Aufhebung seiner Untreue-Verurteilung - es ging unter anderem um das Sponsoring einer Gala - an.
Die Generalprokuratur hatte die von Grasser, Maischberger, Hochegger und Petrikovics eingebrachten Nichtigkeitsbeschwerden zu prüfen. Auch vier weitere Angeklagte, ein Anwalt, ein Schweizer Vermögensverwalter, Ex-Telekom-Vorstand Rudolf Fischer sowie Starzer hatten Beschwerde eingebracht. Die Behörde kam dabei zum Schluss, dass die Untreue-Schuldsprüche zum BUWOG-Komplex mit Ausnahme von Starzer sattelfest sind.
Sollte der OGH die Urteile bestätigen, wären diese zu den zentralen Vorwürfen rechtskräftig.
Ab da wird es kompliziert: Wenn der OGH den Empfehlungen der Generalprokuratur folgt, wäre zu den mit Mängeln behafteten Seitensträngen des Verfahrens betreffende Feststellungen eine Urteilsaufhebung vorzunehmen. In diesen Punkten müsste dann eine neue Verhandlung am Wiener Landesgericht erfolgen.
Und das ist zentral: Als Folge davon wären auch die ursprünglichen Strafaussprüche obsolet, die Strafen müssten am Ende einer neu durchzuführenden Hauptverhandlung neu festgesetzt werden. Das heißt, Grasser, Meischberger & Co könnten sich zumindest Hoffnungen auf eine Strafreduktion machen.
Wann folgt der OGH-Spruch? Das ist unklar. Einen Zeitplan für ein Urteil beim Obersten Gerichtshof (OGH) gibt es noch nicht.
Der Grasser-Beschwerde wurde lediglich in einem Teilaspekt gefolgt
Hinsichtlich Karl-Heinz Grasser sollten nach Dafürhalten der Generalprokuratur auch die Schuldsprüche in den Anklagepunkten Geschenkannahme durch Beamte in Bezug auf die BUWOG-Causa und den Terminal Tower-Komplex sowie wegen Fälschung eines Beweismittels halten.
In einem Nebenaspekt wird jedoch die Aufhebung eines Schuldspruchs wegen Beteiligung an der Fälschung eines Beweismittels empfohlen. Dabei geht es zum angebliche Verschleierungshandlungen in Form von schriftlichen Verträgen. Außer diesem einen Schuldspruch hatte die Behörde in Bezug auf Karl-Heinz Grasser an den erstgerichtlichen Feststellungen aber keinen Makel gefunden.
Bei Ex-RLB-OÖ-Vorstand Starzer, der in erster Instanz drei Jahre Haft ausgefasst hatte, empfiehlt die Generalprokuratur die vollumfängliche Aufhebung des Urteils und eine neue Verhandlung wegen Untreue und Bestechung im BUWOG-Verfahrensstrang empfohlen. Auch bei Ex-Telekom-Vorstand Fischer regt die Generalprokuratur eine Aufhebung seiner Untreue-Verurteilung - prozessgegenständlich war unter anderem das Sponsoring einer Gala - an.