Gold verliert für Anleger an Glanz
Als im Sommer des Vorjahres Sorgen um die Konjunktur und die Eurozone die Runde machten, legte der Goldpreis innerhalb weniger Wochen um 300 US-Dollar auf den Rekordstand von 1920 Dollar je Feinunze zu. Jetzt steht Griechenland erneut vor dem finanziellen Abgrund. Aber dieses Mal geschieht genau das Gegenteil – der Goldpreis fällt. Allein in dieser Woche fiel der Wert des in Dollar gehandelten Edelmetalls um rund 50 Dollar, seit dem heurigen Höchststand Ende Februar beträgt der Rückgang gar 200 Dollar (siehe Grafik).
Ronald Stöferle, Rohstoffexperte der Erste Bank, sieht die Entwicklung „gelassen“. Auf Euro-Basis betrachtet habe es infolge des steigenden Dollarkurses seit Jahresbeginn sogar einen Zugewinn von 1230 auf 1345 Euro gegeben. „Der Preis liegt in Euro nur neun Prozent unter dem Allzeithoch.“ Stöferle kann zudem einen handfesten Grund für die momentane Schwäche nennen. „Die indischen Goldhändler haben wegen höherer Importzölle bis vor Kurzem drei Wochen gestreikt.“ Indien ist Hauptabnehmer für Gold.
Dass aber die Sorgen um Griechenland die Investoren so gar nicht zu Gold greifen lassen, kann auch er nicht nachvollziehen. „Die Märkte reagieren nicht immer rational.“ Auch für Carsten Fritsch von der Commerzbank verhält sich der Goldpreis derzeit eher wie eine riskante Anlage. „Der Kurs korreliert mit dem Ölpreis und den Aktien.“ Auch diese stehen seit Tagen stark unter Druck.
Für Fritsch gibt es zwei Hauptursachen für die momentane Schwäche. Zum einen sorgt der steigende Dollar dafür, dass sich der Erwerb außerhalb des Dollarraumes verteuert. Das dürfte einige Käufer abschrecken. Zum anderen hat es laut dem Experten bis vor Kurzem rund 100.000 Optionen von Großanlegern, vor allem Hedgefonds, auf weiter steigende Goldpreise gegeben. Sie dürften nun erkannt haben, dass ihre Wetten nicht aufgehen und haben sich frühzeitig aus diesen Geschäften zurückgezogen.
Notenbanken
Dass auch Notenbanken durch den Verkauf von Goldbeständen die Staatsschulden und somit auch den Goldpreis drücken, glaubt Stöferle nicht. „Das wäre definitiv keine vertrauensbildende Maßnahme in eine Notenbank beziehungsweise die Währung selbst.“ Auch die Statistik spricht dazu eine klare Sprache (siehe Zusatzinfo unten). Fritsch ergänzt: „Die Zentralbanken in den Schwellenländern werden mehr zukaufen als im Vorjahr.“
Für die weitere Entwicklung des Goldpreises erwartet Fritsch eine anhaltende Schwäche bis zum Sommer. Dann aber könnte es bis Jahresende wieder auf 1900 Dollar gehen. „Die niedrigen Zinsen werden die Investments verstärken.“ Auch Stöferle glaubt an ein baldiges Ende der Preiskorrektur und an einen Anstieg auf 2300 Dollar im nächsten Jahr. Privaten Anlegern rät er, fünf bis zehn Prozent der verfügbaren Gelder „als Versicherung“ in das Edelmetall zu investieren. Zu bedenken gilt aber: Physisches Gold zahlt keine Zinsen und ist zur Aufbewahrung daheim ungeeignet.
Goldbestände: Notenbanken kaufen zu
440 Tonnen Die Notenbanken der Welt haben im Vorjahr ihre Goldbestände um 440 Tonnen aufgestockt, so viel wie seit 40 Jahren nicht mehr. Heuer könnte Experten zufolge dieser Wert sogar noch übertroffen werden. Die Zentralbanken in den entwickelten Märkten haben ihre Bestände kaum verändert. Die Oesterreichische Nationalbank etwa hält seit Jahren 280 Tonnen (2002 waren es noch 347 Tonnen) und liegt damit im Vergleich aller Notenbanken auf Platz 20. Führend sind die USA (8100 Tonnen). Den größten Zuwachs gibt es in China – der Bestand hat sich seit 2002 auf 1050 Tonnen verdoppelt.
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