Wirtschaft

Geförderter Wohnbau: „Bald weniger Baugrund am Markt“

Die Wiener Immobilien- und Wirtschaftstreuhänder sind überzeugt, dass die neuen Regeln für die Sicherstellung von günstigem Baugrund zu keiner Entlastung am Wohnungsmarkt führen werden.

In der neuen Wiener Bauordnung wurde festgelegt, dass künftig bei der Umwidmungen von Grünland in Bauland zwei Drittel der Flächen zu günstigen Preisen für den geförderten Wohnbau reserviert werden. Dies werde dazu führen, „dass bald weniger Baugrundstücke auf den Markt kommen“, ist Michael Pisceky, Fachgruppenobmann der Wiener Immobilien- und Vermögenstreuhänder, überzeugt. Vor allem internationale Investoren hätten einen langen Atem und kein Problem damit, auch deutlich mehr als zehn Jahre auf eine Wertsteigerung der Immobilie zu warten. Erst dann wird der Baugrund verkauft. Pisecky rechnet daher mit einer Verknappung von Baugrund in Wien „in den nächsten drei bis vier Jahren“.

Verwertungspflicht

Dass Baugründe nicht verwertet werden, weil die Eigentümer auf eine Wertsteigerung warten, ist ein bekanntes Problem. Einige Gemeinden wehren sich mit Strafzahlungen. Wird der Baugrund in der vorgegebenen Zeit nicht verwertet, so fallen Abgaben an.

In Innsbruck wollte Bürgermeister Georg Willi (Grüne) ein ähnliches System mit billigem Baugrund wie in Wien einführen. Doch dafür gab es im Gemeinderat nicht die notwendige Mehrheit. In Südtirol werden seit Jahrzehnten billige Grundstücke für sozialen Wohnbau oder Schulen und Kindergärten reserviert. In einigen Gemeinden in Österreich arbeiten die Bürgermeister ebenfalls mit solchen Modellen.

Grundlage sind Höchstgericht-Entscheidungen, nach denen es einen Ermessensspielraum der Politik bei Eingriffen in Eigentumsrechte zur Schaffung von leistbarem Wohnraum gibt. Es ist daher möglich, dass künftig auch andere Gemeinden Grundstücke für sozialen Wohnbau reservieren.

Heftige Kritik der Immobilienwirtschaft gibt es nach wie vor an der Vergabe von Gemeindewohnungen und den Wohnungen gemeinnütziger Bauträger.

Protektion

Ein Teil der gemeinnützigen Bauträger hat bei der Vergabe von billigen, ausbezahlten Wohnungen bewusst auf Einkommensgrenzen verzichtet. Eine solche Wohnungsvergabe hat im Sommer 2015 für Aufregung gesorgt. Damals wurde bekannt, dass ein SPÖ-Nationalratsabgeordneter in eine sehr günstige Wohnung eines großen gemeinnützigen Bauträgers einziehen wollte. Da die VP-dominierten gemeinnützigen Bauträger ähnlich agieren, gibt es bis heute keine Änderung im Gemeinnützigkeitsgesetz.

Eine rasche Klarstellung der Gesetzeslage verlangt Pisecky bei den Lagezuschlägen für Wohnungen. Wegen eines Urteils des OGH müsse man nun in Wien die Zuschläge „für jedes Haus einzeln betrachten“. Man könne sich nicht mehr auf die Vorgaben des Wiener Magistrats bei den Lagezuschlägen verlassen. Diese Rechtsunsicherheit führe zu verstärkten Anfechtungen von Mietverträgen vor Gericht.