Wirtschaft

Gala der Menschlichkeit: Die Zwei von der Bank

Auf die Frage nach ihrem schönsten Moment bei ihrem Ehrenamt gibt es keine zwei Meinungen: „Den erleben wir immer dann, wenn wir einem Kunden oder einer Kundin am Ende eines erfolgreichen Schuldenregulierungsverfahrens eine Urkunde übergeben können – und sie somit in die reguläre Bankwelt zurückkehren können.“ Heidemarie März definiert das so, und ihr Mann Michael nickt dazu.

Immer freitags fahren die beiden Bankkaufleute im Ruhestand von Wolkersdorf im Weinviertel nach Wien, um ihre Erfahrungen aus jeweils mehr als vierzig Berufsjahren bei der Erste Bank nunmehr für die Zweite Sparkasse in die Waagschale zu werfen.

Ein Fall für zwei

Michael März begann vor 44 Jahren seine Bankkauflehre in einer Filiale in Wien-Dornbach. Fast die Hälfte seines Berufslebens war er Filialleiter und dann auch Direktor von mehreren Standorten. Seine Frau Heidemarie brachte es auf 41 Jahre in der Bank, sie hat vor ihrer Pensionierung im Backoffice unter anderem Kammern, Pensionskassen und Versicherungen betreut.

Dass die beiden Eheleute ihr spezielles Banker-Wissen einmal in einem Baucontainer weitergeben werden, war so vielleicht nicht geplant. Doch der top gestaltete Container zwischen Erste Campus und Schweizergarten wird von der Stadt Wien und der Bank schlau weiter genützt: Im Erdgeschoß ist eine Anlaufstelle der Wiener Schuldnerberatung eingerichtet, im Stockwerk darüber sollen deren Klienten im Idealfall wieder zu Kunden aufsteigen.

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Michael und Heidemarie März betreuen hier Menschen, die ihre Kreditwürdigkeit verloren haben. Sie coachen sie bei der Entschuldung, geben ihnen auch eigene Bankkarten in die Hand. Die Karten sind eine Art zweite Chance, sie erlauben keine Überziehungen, sie ermöglichen aber wieder Zugang zu einem Bankkonto.

Nominiert wurden all die Ehrenamtlichen der Zweite Sparkasse (österreichweit sind es 360 in sieben Filialen) – von einem, der nicht gerade als Fan der Kreditinstitute gilt. Armutsforscher Martin Schenk überlegte nicht lange, dann gab er den Tipp: „Für den Bereich Wirtschaft hat dieses soziale Projekt eine Würdigung absolut verdient.“

„Etwas Sinnvolles“

Herr März führt an einem Freitagvormittag fünf, sechs längere „Jahresgespräche“ – Frau März hat zeitgleich zehn „Tagesgeschäft-Kontakte“.

Bereut hätten sie die neue Herausforderung noch nie. Betonen die beiden, bevor sie gegen 13 Uhr ihre Arbeitsplätze räumen, damit andere weitertun können. „Es gibt viel mehr Menschen, die Unterstützung benötigen, als ich anfangs gedacht habe“, gibt die ehemalige Betreuerin von Großkunden zu. „Aus diesem Grund habe ich hier wirklich das Gefühl, dass ich etwas Sinnvolles mache.“

Ihr Mann erzählt ebenso offen: „Mich hat von Anfang an das hohe Maß an Dankbarkeit beeindruckt. Oft ist das bereits bei Kontoeröffnungen zu erkennen.“ Sein Ehrenamt erlaubt ihm Einblicke in eine bisher unbekannte Lebenswelt. Armut kannte Michael März zuvor nicht so nah, so unvermittelt: „Ganz ehrlich, ich habe damit gerechnet, dass die Leute aufgebrachter zu uns reinkommen werden.“

Auch habe sich sein Bild von Wohnungslosen zuletzt relativiert: „Es gibt Kunden, denen sieht man ihre Armut auf den ersten Blick nicht an. Einige gehen ja sogar einer geregelten Arbeit nach.“

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Kommt Zeit, kommt Rat

Seit 15 Jahren gibt es die Zweite. Bisher wurden in den Filialen gut 22.000 Menschen betreut, davon 4.500 wieder erfolgreich „entlassen“.

Nicht alle erhalten eine Urkunde, weiß Heidemarie März. „Bitter ist es, wenn wir etwa suchtkranken Menschen erklären müssen, dass sie gegen die Regeln verstoßen haben, und dass wir deshalb ihr Konto schließen müssen.“ Sie bräuchten dringend eine andere Form von Hilfe – am besten eine Therapie.

Als bereichernd und sehr wertschätzend beschreibt das Ehepaar die Atmosphäre im Container: „Eingeschult hat uns eine sehr liebe und sehr nette inzwischen 81-jährige Kollegin“, erzählt Frau März. Und ihr Mann fügt hinzu: „Der Spirit in diesem Team ist wirklich sehr motivierend.“

Am Ende sagen die zwei, denen in ihrer Pension nicht fad ist: „Es ist schön, Zeit und nicht nur Geld zu spenden.“

Wir nominieren: Bis zur „Gala der Menschlichkeit“  am 10. November wird die Redaktion zwölf Menschen vorstellen, die sich unentwegt, uneigennützig und ohne großes Aufsehen zu erregen, in den Dienst der Gemeinschaft stellen.  Heute im zweiten Teil: Michael und Heidemarie März von der „Zweite Sparkasse“, das Ehepaar wird hiermit als Duo nominiert.

Sie nominieren: Wenn Sie auch jemanden kennen, der eine Auszeichnung verdient, dann reichen Sie bitte jetzt ein, und zwar  hier.