Fussl-Chef: „Denen ist nicht mehr zu helfen“
Von Simone Hoepke
Das oberösterreichische Modeunternehmen Fussl will bis zu 50 neue Standorte eröffnen – und hat deshalb vorsorglich gerade sein Logistik-Center um 3000 Quadratmeter erweitert. Ernst Mayr ist der „Kaufmann“ im Familienbetrieb. Er ist für die Expansion, den Ladenbau und die Werbung zuständig. Sein Bruder Karl und dessen Frau kümmern sich um Modefragen und besuchen Messen rund um den Globus.
Mitte Oktober eröffnet Ernst Mayr sein erstes eigenes Fachmarktzentrum im oberösterreichischen Vorchdorf. Ausschlaggebend für die vier Millionen Euro schwere Investition war ein Mietvertrag, der ihm nicht verlängert wurde, erzählt der Unternehmer.
KURIER: Herr Mayr, neben Ihren 160 Fussl-Filialen betreiben Sie auch Esprit-Modeläden als Franchisenehmer. Esprit schreibt Verluste – ist für Sie die Marke trotzdem noch ein Gewinn?
Ernst Mayr: Wir hatten früher einmal 14 Esprit-Läden, jetzt sind es nur noch acht. Esprit hat viele Führungswechsel hinter sich, bei der modischen Qualität eingebüßt. Außerdem haben sie viel in Prestige-Standorte gesteckt, die den Franchisenehmern dann Kundschaft abgegraben haben – ebenso wie der Online-Shop.
Kurz – die Freude hält sich in Grenzen?
Ich schätze, in fünf Jahren werde ich keine eigenen Esprit-Filialen mehr haben. Nur noch Ware als Teil der Fussl-Geschäfte. Als Marke ist Esprit noch gut angesehen, steht bei Umfragen immer weit oben. Was gekauft wird, ist dann aber oft etwas anderes. Die Leute schauen aufs Geld.
Konkurrent Vögele ist in Konkurs, beflügelt das Ihr Geschäft, abgesehen von den Filialen, die sie übernehmen?
Vögele hat in den letzten Jahren an der Qualität gespart, so wurden aus Baumwollpullis im Laufe der Jahre Teile aus 100 Prozent Plastik. Da hat das Preis-Leistungs-Verhältnis nicht mehr gestimmt. Wir haben ein paar Standorte übernommen, ich denke, es werden noch mehr werden. Der neue Eigentümer wird sicher noch Standorte abgeben.
Sie haben gerade das Fussl-Logistikzentrum erweitert. Wozu brauchen Sie 10.000 Quadratmeter Platz?
Um 50 bis 100 zusätzliche Standorte zu beliefern.
Wo sollen diese herkommen?
Ich sehe vor allem in Bayern Potenzial, wo eine Reihe von kleineren Ketten wackeln, die 50 Filialen oder auch ungefähr so viele Standortorte wie wir in Österreich haben. Da werden sich mittelfristig, in den nächsten drei Jahren, Übernahmechancen für uns auftun.
Währenddessen bauen Sie ein Fachmarktzentrum in Vorchdorf. Warum tun Sie sich das an?
Das macht mir Spaß. Wir hatten in Vorchdorf einen unserer besten Standorte, der Mietvertrag wurde aber von Spar nicht verlängert. Zuerst hab ich mich geärgert, jetzt bin ich froh, weil ich so zu meinem V-Center gekommen bin, in das ich netto vier Millionen investiert habe.
Was macht Sie so zuversichtlich, das sich das rentiert?
Am Standort fahren täglich 17.000 Autos vorbei und es gibt im Umkreis von 15 Autominuten kein einziges vergleichbares Modegeschäft – außer jetzt uns.
Ist es sinnvoll, immer weiter neue Fachmarktzentren zu bauen, während die Innenstädte veröden? Experten sagen, dass wir schon jetzt 20 Prozent zu viel Verkaufsfläche haben. Sehen Sie das anders?
Vielleicht sind es noch weit mehr als 20 Prozent. Schuld ist die Raumordnung, die nicht auf Bundes- sondern auf Landesebene geregelt ist. Ein Beispiel: In Parndorf bauen die Burgenländer jetzt wieder aus, weil sie Angst haben, dass sonst die Niederösterreicher neue Flächen bauen. Natürlich geht das zu Lasten der Innenstädte. Denen kann man nicht mehr helfen, sie können nicht mehr wiederbelebt werden.
Sagt ausgerechnet jemand, der ein Fachmarktzentrum baut ...
Es hilft ja nichts. Ich muss das tun, was für mein Geschäft gut ist. Das heißt nicht, dass ich die Entwicklung am Handelssektor insgesamt gut finde. Mein nächstes Fachmarkt-Projekt wird aber in einer Innenstadt sein – in Mattighofen. Es geht um 9000 Quadratmeter und eine Investitionssumme von bis zu 20 Millionen Euro.
Wollen Sie jetzt Immobilienentwickler werden?
Nein, die meisten unserer Standorte sind weiterhin Mietobjekte.
Sie sind seit 1997 Geschäftsführer bei Fussl. Wie hat sich die Mode-Branche in dieser Zeit verändert?
Viele, die vor 15 Jahren in der Branche groß waren, sind verschwunden. Schöps, Adesso, Quelle oder Neckermann ...
Wie steuern Sie gegen?
Mit gutem Sortiment und guter Beratung. Wir haben in der Krise in die Expansion investiert, jährlich bis zu 25 Standorte eröffnet. Und die Kosten runtergefahren. Wir machen zum Beispiel den Ladenbau selbst, haben 20 Tischler dafür beschäftigt.
Und diese arbeiten billiger als die Experten?
Wir bauen um die 15.000 Quadratmeter Einrichtungsfläche im Jahr – und das zwei bis drei Mal billiger als würden wir es zukaufen. Die Eisenteile für die Einrichtung kaufe ich zwei Mal im Jahr in Taiwan und nehme sie auf Lager. Der Lagerbestand kostet ja nicht mehr viel und ich kaufe bei den jetzigen Zinsen billig ein. Meiner Meinung nach hat das Just-in-time-Prinzip in diesen Zeiten ausgedient. Zu Weihnachten fahre ich nach Taiwan und besuche unsere Lieferanten von Eisenteilen ...