Wirtschaft

Frankenkredite: Hart auf hart in Kroatien

Der Streit um Schweizer Frankenkredite in Kroatien droht zu eskalieren. Die von der teuren Zwangsumwandlung betroffenen österreichischen und italienischen Banken fahren heftige Geschütze auf: Die Raiffeisen-Tochter in Kroatien, Sberbank Europe und Privredna Banka Zagreb (gehört der italienischen Intesa Sanpaolo) haben am Freitag Klagen beim kroatischen Verfassungsgericht eingebracht. Erste Bank und Zagrebačka Banka (gehört zu Unicredit Bank Austria) haben ebenfalls angekündigt, rechtliche Schritte zu ergreifen.

53.000 Haushalte

Stein des Anstoßes ist ein Gesetz, das seit 30. September in Kraft ist. Es ermöglicht 53.000 Haushalten, ihre Frankenkredite risikolos und komplett auf Kosten der Banken in Euro zu wandeln. Und zwar zu jenem Wechselkurs, der zum Zeitpunkt des Kreditabschlusses gegolten hatte. Das betrifft Kredite im Wert von umgerechnet 3 Milliarden Euro; die Kosten für die Banken werden auf 1,1 Milliarden Euro geschätzt.

Alle Inhalte anzeigen
Die Geldinstitute werten das als rückwirkende Vertragsänderung und Enteignung. Sie bringt auf die Palme, dass sich die Regierung in Zagreb nicht ernsthaft um Verhandlungen bemüht habe. Dem Vernehmen nach soll Finanzminister Boris Lalovac, früher Controller bei Raiffeisen Leasing in Kroatien, beim EU-Finanzminister-Treffen heute, Dienstag, in Brüssel einiges an Erklärungsbedarf haben.

Mittel im Wahlkampf

Den Banken bleiben nur 45 Tage Zeit, um den Kunden Angebote vorzulegen. Diese haben 30 Tage Zeit, sich zu entscheiden. Damit wolle sich die regierende Sozialdemokratische Partei (SDP) vor den Parlamentswahlen Mitte November Wählerstimmen sichern, sagen Kritiker.

Pikantes Detail: In anderen Ländern war die Umwandlung auf sozial bedürftige Haushalte beschränkt – in Kroatien nicht. Zu den Franken-Kreditnehmern sollen laut einhelligen Medienberichten Lalovac sowie weitere Minister zählen. Eine Anfrage des KURIER an das Finanzministerium dazu blieb am Montag unbeantwortet.

Im Hintergrund spielen sich noch heftigere Gefechte ab. Die größten acht Banken des Landes sind in ausländischem Besitz. Sie hätten es in der Hand, die Refinanzierung des Staates zu limitieren. Sprich: Kroatien würde sich schwertun, neue Kredite aufzunehmen. Bei einer Auktion kurzlaufender Schuldpapiere in der Vorwoche war schon Zurückhaltung spürbar. Ein Käuferstreik würde Kroatien, das an der Staatspleite entlangschrammt, treffen. Weiteres Alarmsignal: Der Kuna-Kurs fällt stark, die Nationalbank musste bereits eingreifen.

Der Konter ließ nicht lange auf sich warten: Finanzminister Lalovac stellte die Einführung einer Bankensteuer in Aussicht und drohte, alle Konten von Beamten und öffentlichen Stellen zur staatlichen Postbank HPB umzuschichten. In der Staatsfinanzierung sollten die Bürger einspringen, denen er Volksanleihen mit viel höheren Zinsen in Aussicht stellte.

Die EU-Kommission und die Europäische Zentralbank warnten Kroatien eindringlich vor dem drohenden Vertrauensverlust ausländischer Investoren. Heimische Banken könnten sogar vor ein internationales Schiedsgericht ziehen: Österreich hat seit 1999 ein (in Brüssel kritisiertes) Investitionsschutzabkommen mit Kroatien, das vor Enteignungen schützt.

Die Europäische Zentralbank beziffert in ihrer Rechtsmeinung (CON/2015/32) vom 18. September zur geplanten Kreditumwandlung in Kroatien die Gesamtsumme der Schweizer Frankenkredite mit ungefähr 23 Milliarden kroatischen Kuna (umgerechnet 3 Milliarden Euro) per Ende März - etwa 9 Prozent des gesamten Kreditportfolios der Banken. Der Großteil (95 Prozent) seien Kredite von privaten Haushalten.

Von der Umwandlung profitiert aber keineswegs die gesamte kroatische Bevölkerung: Die Schweizer-Franken-Thematik bezieht sich nur auf knapp 19 Prozent der gesamten Kredite für Private - sie betrifft rund 53.000 Haushalte.

Hohe Kosten

Nach einer Schätzung der kroatischen Nationalbank HNB könnten die Kosten aus dem Zwangsumtausch 8 Milliarden kroatische Kuna oder 1,1 Milliarden Euro aausmachen. Das entspreche den erwarteten Gewinnen des Bankensektors von drei Jahren.

Hauptbetroffene sind österreichische und italienische Banken. Marktführer ist in Kroatien die Zagrebacka Banka (Tochter von Unicredit Bank Austria). Auf sie entfielen laut Schätzung der Ratingagentur Moody's 24 Prozent der Schweizer Frankenkredite (das wären rund 720 Mio. Euro an Kreditvolumen). Erste Bank Croatia kommt auf 20 Prozent Anteil, das entspricht - wie die Bank bestätigt - 600 Mio. Euro an Kreditvolumen.

Die Privredna Banka Zagreb (PBZ), die der italienischen Intesa Sanpaolo gehört, kommt auf 15 Prozent der Frankenkredite (etwa 450 Mio. Euro), Raiffeisen (9 Prozent Marktanteil) hat sein Franken-Kreditvolumen in Kroatien selbst mit 278 Mio. Euro angegeben. Bei der Hypo-Abbaubank Heta ist das Exposure laut Angabe eines Sprechers minimal, deshalb werde man sich den Klagen gegen das Gesetz nicht anschließen.

Hingegen hat Advent International, der neue Eigentümer des Südosteuropa-Netzwerks der Hypo Alpe Adria Gruppe (HGAA), die Frankenkredite, die bereits während des Verkaufs ein Verhandlungsthema waren, geerbt. Ein HGAA-Sprecher erklärte, man halte das kroatische Gesetz "nicht für zielführend - nicht zuletzt weil es gegen kroatisches und EU-Recht verstößt." Man werde das Vorgehen in den kommenden Tagen und Wochen entscheiden, stehe aber bereit, um mit den kroatischen Behörden noch eine gemeinsam getragene Lösung zu finden - wie in Polen. Das Gesamtvolumen der Frankenkredite in der HGAA wird mit nominell 700 Mio. Euro beziffert.