FMA: Finanzsektor robust, aber viele Herausforderungen
Die Finanzmarktaufsicht (FMA) sieht den österreichischen Finanzmarkt in guter Verfassung. Demnach befindet sich die Kapitalausstattung der Banken auf einem Höchststand und auch die Versicherer verfügen über mehr als genügend Mittel zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen. Der Krieg in der Ukraine, die dadurch ausgelösten Preisturbulenzen sowie die abrupte Zinswende stellten den Sektor aber weiter vor Schwierigkeiten, schreibt die FMA in ihrem Jahresbericht.
Die aktuellen Daten der Finanzdienstleister würden zeigen, dass man die richtigen Lehren aus der globalen Finanzkrise gezogen habe, so die beiden Vorstände Helmut Ettl und Eduard Müller am Dienstag. In der hohen Inflation und der einbrechenden Konjunktur orten sie dennoch eine gefährliche Mischung, die weitere Risiken berge. Sie appellierten an die Unternehmen, ihre Ausschüttungspolitik maßvoll und den Umständen entsprechend zu gestalten.
Weitere Zurückhaltung empfiehlt die Aufsicht auch bei der Vergabe von Immobilienkrediten. "Wenn Immobilienpreise jährlich um zehn Prozent steigen und sich die Preishöhe gegenüber den Einkommen doppelt so stark entwickelt, dann ist das ein Alarmzeichen", warnte Müller bei der Vorstellung des Berichts.
KIM-Verordnung
In der Nullzinsphase der vergangenen Jahre sei das Volumen der Immobilienkredite enorm angeschwollen. Gleichermaßen seien Warnungen der FMA vor einer Überhitzung des Markts bzw. Empfehlungen zu vorsichtiger Vergabe von den Kreditinstituten zunehmend ignoriert worden. Lobend hob Müller die KIM-Verordnung (Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung) der FMA hervor, die den Instituten im vergangen Jahr größere Hürden für die Vergaben von Krediten auferlegte.
Es gehe darum, die Menschen und vor allem Bezieher von variablen Krediten vor der Schuldenfalle zu bewahren, ergänzte Ettl.
Ein weiteres Indiz für die Verwundbarkeit des Immobiliensektors bestehe in einer festgestellten Überbewertung von Wohnimmobilien im europäischen Vergleich. So hätten sich die Preise immer mehr von den realwirtschaftlichen Entwicklungen entkoppelt, erklärte Müller. Begegnet sei man dem mit einer höheren Beleihungsquote für Sicherheiten in der KIM-Verordnung.
Flexibilität ausgereizt
Rufen nach einer erneuten Lockerung der Kreditvergaberegeln erteilte die FMA eine Absage. "Wir sind der Auffassung, dass hier bereits alles ausgereizt wurde, was an Flexibilität möglich war, sagte Ettl. Müller verwies darauf, dass man im Sinne der Stabilität des Sektors langfristige Vergabestandards benötige, die unabhängig von der Zinsentwicklung bestehen bleiben.
Von den Turbulenzen im Bankensektor, die zuletzt von der Insolvenz der Sillicon Valley Bank in den USA losgetreten wurden, gehe keine Gefahr für den heimischen Finanzmarkt aus, so die beiden Vorstände. So bestehe ein großer Unterschied zwischen den europäischen Liquiditätsregeln und den Anforderungen in den USA, die dort wesentlich geringer seien als hierzulande.
Heimischen Finanzdienstleister gut gerüstet
Generell sieht die FMA die heimischen Finanzdienstleister für die kommenden Herausforderungen gut gerüstet. Die Kernkapitalquote der österreichischen Banken lag 2022 mit 16,3 Prozent doppelt so hoch wie noch vor der Finanzkrise 2008. Zudem sei der Anteil der notleidenden Kredite mit Werten zwischen 1,3 Prozent und 1,8 Prozent weiter äußerst niedrig.
Auch die Versicherungsunternehmen seien bisher gut durch die Krise gekommen: Mit einer Solvenzquote von durchschnittlich 245 Prozent steht ihnen den Angaben zufolge mehr als das Doppelte an finanziellen Mitteln zur Verfügung wie selbst bei einer drastischen Verschlechterung der Lage erforderlich wäre. Die Aufsicht weist jedoch darauf hin, dass die extreme Volatilität an den Märkten andauere und vermerkt, dass fast alle Aktienindizes 2022 an den Börsen im Minus schlossen.
Zunehmend gefordert ist die FMA nach eigenem Bekunden im Bereich der Digitalisierung und bei der Nachhaltigkeit, auf die man zuletzt vermehrt einen Aufsichts- und Prüfschwerpunkt lege. 2022 stand der FMA für ihre Tätigkeiten ein Gesamtbudget von 78,4 Mio. zur Verfügung. Mit 408 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beaufsichtigte sie 905 konzessionierte Unternehmen.