Felbermayr: Warum Eurobonds und Coronabonds nicht dasselbe sind
16 Stunden haben die Euro-Finanzminister verhandelt. Und wurden sich dennoch nicht einig. Das weckt böse Erinnerungen an Verhandlungsnächte rund um Griechenland. Steigende Zinskosten für Italien, negative Börsen-Reaktion: Droht eine Schuldenkrise 2.0, steht gar der Euro auf dem Prüfstand?
Gefahr "zweite Krisen-Welle"
Die deutschen Wirtschaftsforscher sehen zumindest ein Risiko, dass eine „zweite Welle der Krise“ die Eurozone treffen könnte, wenn Zweifel an der Tragfähigkeit der Schulden entstünden. Europa sei jetzt besser vorbereitet, entgegnete der deutsche Finanzminister Olaf Scholz. Damals musste der Rettungsschirm ESM erst mühsam geschaffen werden.
Scholz hofft aber auf eine „Erleuchtung noch vor Ostern“. Denn gescheitert ist ein 540-Milliarden-Euro-Hilfspaket der EU letztlich an zwei Ländern: Die Niederländer wollten, dass Hilfskredite aus dem ESM mit Reformauflagen verbunden sind.
Feindbild ESM
Für die Italiener undenkbar – dort würde das als Entmündigung gewertet, die dem radikalen EU-Gegner Matteo Salvini in die Hände spielt. Ein Pulverfass: Laut Umfragen fühlen sich 88 Prozent der Italiener vom Rest Europas mit Corona im Stich gelassen.
Italien verlangt deshalb, dass Gemeinschaftsanleihen (Coronabonds) aufgelegt werden. Das ist wiederum für Deutschland, Niederlande, Österreich und Finnland undenkbar – sie wollen nicht für die Schulden anderer haften.
Solidarität jetzt richtig
„Ich kann diese Argumente gut verstehen. Ich war bisher auch gegen Eurobonds, wie sie in der Schuldenkrise diskutiert wurden“, sagte Gabriel Felbermayr, Chef des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, in einem von der JKU Linz organisierten Gespräch.
Die Coronakrise sei aber nicht durch Misswirtschaft oder verantwortungslose Finanzpolitik verursacht, sondern wie eine Naturkatastrophe. Italien habe eine Lernkurve durchlaufen müssen, von der alle anderen profitieren. Daher sei Solidarität angebracht. „Ich vermeide den Begriff Eurobonds, es geht nicht um Altschulden.“
Andernfalls wäre die EZB gezwungen, ihr Mandat bis ans Limit zu dehnen, was „von denselben Leuten in Berlin, Den Haag und Wien kritisiert“ würde, so Felbermayr: „Die Argumentation ist da ziemlich inkonsistent.“ Heute, Donnerstag, unternehmen die Euro-Finanzminister einen neuen Anlauf für ein europäisches Hilfspaket.