Wirtschaft

Kurswende: EZB senkt Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 4,25 Prozent

Die Europäische Zentralbank (EZB) beschließt die Kurswende und senkt erstmals seit fast fünf Jahren die Zinsen. Die Währungshüter um Notenbankpräsidentin Christine Lagarde setzten den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte nach unten auf 4,25 Prozent, wie die EZB am Donnerstag in Frankfurt mitteilte. 

Den am Finanzmarkt maßgeblichen Einlagensatz, den Banken für das Parken von Geld bei der Zentralbank erhalten, senkte sie auf 3,75 Prozent von bisher 4,00 Prozent. Letztmalig hatte die Notenbank im September 2019 die Zinsen gesenkt. „Der EZB-Rat legt sich nicht im Voraus auf einen bestimmten Zinspfad fest“, erklärte die EZB nun mit Blick auf den weiteren Kurs.

Alle Inhalte anzeigen

US-Notenbank Federal hält noch Füße still

Mit ihrem Schritt nach unten folgt die EZB den Notenbanken in Kanada, der Schweiz und in Schweden, die bereits die Zinsen gesenkt haben. Die einflussreiche US-Notenbank Federal Reserve hält bislang noch die Füße still, weil sich die Inflation in den Vereinigten Staaten zuletzt als weiterhin sehr stark erwiesen hat. 

Auch in der Eurozone ist die Inflation noch nicht besiegt. Mit einer Teuerung von zuletzt 2,6 Prozent im Mai liegen Raten von mehr als zehn Prozent wie im Herbst 2022 aber inzwischen weit entfernt. Dazu trugen auch zehn Zinserhöhungen der EZB seit dem Sommer 2022 maßgeblich bei. Die EZB strebt eine Teuerungsrate von 2,0 Prozent an, die sie als optimales Niveau für die 20-Länder-Gemeinschaft erachtet.

Inflationserwartung nach oben geschraubt

Allerdings hat die EZB ihre Inflationserwartung für heuer und 2025 ebenfalls etwas nach oben schrauben müssen. Sie geht nun von 2,5 Prozent Teuerung im laufenden Jahr, statt von 2,3 Prozent aus. 2025 soll der Preisauftrieb mit 2,2 Prozent weiter über dem Zielwert liegen, bisher war die EZB von 2,0 Prozent ausgegangen.

Die Notenbank-Ökonomen erwarten zudem für heuer ein Wirtschaftswachstum in der Eurozone von 0,9 Prozent. Noch im März waren sie lediglich von 0,6 Prozent ausgegangen. Für 2025 gehen sie dann von einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 1,4 (März-Prognose: 1,5) Prozent aus, für 2026 rechnen sie unverändert mit plus 1,6 Prozent.

Die Notenbank-Volkswirte erarbeiten viermal im Jahr Konjunktur-und Inflationsprognosen für den Euroraum. Diese Projektionen liegen den Währungshütern zu ihren Beratungen auf den Zinssitzungen im März, im Juni, im September und im Dezember vor.

Die Wirtschaft der Eurozone war im ersten Quartal mit einem BIP-Zuwachs von 0,3 Prozent in die Wachstumsspur zurückgekehrt und hatte ihre Rezession beendet. In ihrer Frühjahrsprognose hatte die EU-Kommission für die Länder der Währungsunion in diesem Jahr ein Wachstum von 0,8 Prozent vorausgesagt, das sich dann nächstes Jahr auf 1,4 Prozent verstärken soll.