Wirtschaft

Euro-Sparer brauchen Geduld: Die Zins-Eiszeit geht weiter

Am Donnerstag kommen die Euro-Währungshüter rund um EZB-Chef Mario Draghi zu ihrer letzten geldpolitischen Sitzung vor der Sommerpause zusammen. In der Woche darauf berät das US-Pendant, die Notenbank Fed unter ihrem Präsidenten Jerome Powell, über Änderungen in der Zinslandschaft. Der KURIER hat die Antworten auf die wichtigsten Fragen zusammengestellt:

Der EZB-Leitzins klebt seit Langem auf der Nulllinie. Kommt eine Anhebung?

Nicht vor Mitte 2019. Die Sparzinsen bleiben damit im Keller, Kredite bleiben vorerst günstig.

Die Inflation im Euroraum ist doch schon beim Zielwert von 2 Prozent angekommen. Warum hebt die EZB die Zinsen trotzdem noch nicht an?

Entscheidend ist, ob die Wirtschaft noch Spielräume hat oder schon „auf Anschlag“ produziert – dann drohen steigende Preise. Die EZB geizt zwar mit Details, sie bewertet das aber anhand der „Super-Kerninflation“, analysiert Andreas Auer von der Privatbank Gutmann. Diese Teuerungsrate, die stark schwankende Teile des Warenkorbs ausklammert, liege aktuell bei rund 1,5 Prozent.

Wie glaubwürdig ist das Argument? Oder dreht und wendet die EZB die Inflationsrate, wie sie diese braucht?

Alle Notenbanken weltweit hätten seit der Krise eine „gewisse Flexibilität in der Rhetorik“ demonstriert, sagt Auer. Jetzt schon die Zinsen anzuheben, wäre angesichts des Umfeldes allerdings unangebracht. Mit übereilten Zinsanhebungen hatte sich die EZB schon 2008 und 2011 viel Kritik eingehandelt, weil sie damit die Krise noch verschlimmerte.

Wie geht es in den USA mit den Zinsen weiter?

Die Fed wird den Leitzinssatz heuer voraussichtlich noch zwei Mal anheben – auf dann 2,25 bis 2,5 Prozent. Adam Lessing, Österreich-Chef des Fondsriesen Fidelity, hält es für nicht ganz unmöglich, dass heuer nur noch ein Zinsschritt erfolgt.

Treibt der hohe Zinsunterschied den Wechselkurs des Dollar hoch?

Tendenziell ja. Sehr viel stärker als aktuell mit Kursen von 1,17 Dollar je Euro sollte er aber nicht werden, lautet die Fidelity-Prognose.

Die EZB beendet mit Jahresende den Ankauf neuer Wertpapiere. Was bedeutet das für die Anleihenmärkte?

Wenn die EZB als Großkäufer ausfällt, werden die Renditen (Zinssatz im Verhältnis zum Kurs von Anleihen) tendenziell steigen. In den Himmel werden sie aber nicht schießen, weil Großanleger wie Versicherungen und Fonds zukaufen werden. Der Zinsabstand zwischen italienischen und anderen Papieren wird aber zunehmen. Der Grund: Italien ist das Land mit der größten Schuldenlast im Euroraum, von der Regierung ist immer wieder Kritik am Währungsraum zu hören.

Wie ist das bei Unternehmensanleihen mit schlechten Ratings?

Laut Fidelity-Manager Lessing ist hier Vorsicht angebracht. Die Qualität der Papiere habe sich in der jüngeren Vergangenheit verschlechtert. Mangels Masse gingen auch schlechtere Qualitäten weg wie die warmen Semmeln.

Wo ist das viele Geld aus dem EZB-Ankaufprogramm eigentlich angekommen?

Die EZB hat den Banken damit Wertpapiere abgekauft. Paradoxerweise ist ein großer Teil des Geldes, das von der EZB in den Markt gepumpt wurde, aber umgehend wieder auf einem Konto in Frankfurt gelandet. Die Banken haben bei der EZB den unvorstellbaren Betrag von 1800 Milliarden Euro geparkt, trotz der negativen Verzinsung mit -0,40 Prozent.

Welchen Sinn macht so ein Verlustgeschäft?

Eigentlich sollten die Geldspritzen der EZB die Kreditvergabe ankurbeln. Das haben sie auch, aber seit der Krise werden generell weniger Neukredite vergeben, rund 20 bis 30 Milliarden Euro pro Monat. Somit bleibt viel Überschussliquidität, sagt Bank-Gutmann-Experte Auer. Und die wird trotz Strafzinsen lieber sicher geparkt als unsicher investiert.

Wie geht es an den Aktienbörsen weiter?

Konjunkturell gesehen nähert sich die Weltwirtschaft dem Ende eines guten Zyklus, sagt Fidelity-Manager Lessing. Sein Wetterbericht: Fundamental sonnig, aber mit Sommergewittern. Er rät daher, den Sommerpausen-Modus einzuschalten: Dabei wird das Gewicht von Aktien und riskanten Anleihen reduziert.