EU-Budget: Österreich kämpft um Förderungen
Die Schlacht um EU-Milliarden ist voll im Gange: Länder, Gemeinden und Interessensvertretungen stürmen die Politiker, für ihre Anliegen in Brüssel zu kämpfen. Der Höhepunkt der Auseinandersetzung wird der Sondergipfel am 22. und 23. November sein, wo das EU-Budget 2014–2020 beschlossen werden soll. Das wird aber nur gelingen, wenn die Regierungschefs zu einem Kompromiss bereit sind.
Österreichs Position ist klar: Sparen, sparen, sparen, ist die Devise des Nettozahler-Landes. Der Kommissionsvorschlag – 1025 Milliarden Euro für sechs Jahre – ist Österreich und anderen Staaten viel zu hoch. Mindestens eine Milliarde Euro soll gekürzt werden, das Budget darf nicht mehr als ein Prozent des BIP aller 27 EU-Staaten ausmachen.
Gleichzeitig fordern heimische Bauern und Landeshauptleute, dass sich an den bisherigen Rückflüssen (siehe Grafik) nichts ändern darf. "Unsere Bauern dürfen für ihre Arbeit nicht bestraft werden", sagt Johannes Fankhauser von der Landwirtschaftskammer Österreich.
Lobbying
Seit Monaten lobbyieren die Landeshauptleute für weitere hohe Förderungen für ihre strukturschwachen Gebiete. Sie finden ein offenes Ohr bei Johannes Hahn, der in der EU-Kommission für Regionalpolitik zuständig ist. "Ich wehre mich gegen Kürzungen", sagte er kürzlich bei einer Konferenz mit dem Titel "Open Days", an der Hunderte Regionalpolitiker aus allen Mitgliedsländern teilnahmen.
Bis zum Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs geht man davon aus, dass sich der Streit zwischen Gebern und Nehmern weiter zuspitzen wird. Ein wichtiger Faktor dabei sind die heftig umkämpften Rabatte, die einige Nettozahler in der Vergangenheit ausgehan delt haben (siehe unten). Gegen die Rabatte wettert jetzt Dänemark und will die Veto-Keule einsetzen. Man werde "nicht für die Rabatte anderer reicher Staaten zahlen" sagte Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt vor wenigen Tagen im dänischen Parlament. Sie wolle einen eigenen Rabatt, wie ihn das Vereinigte Königreich seit vielen Jahren hat.
Genau dieser Briten-Rabatt wird auch beim Treffen von Premierminister David Cameron mit Bundeskanzlerin Angela Merkel kommende Woche ein wichtiges Diskussionspunkt sein.
Schwierige Balance
In Kommissionskreisen geht man davon aus, dass mit einer neuen Rabatt-Formel eine Kürzung der Vergünstigungen erreicht werden kann, die die Staats- und Regierungschefs zu Hause gut verkaufen können. Die von den Nettozahlern verlangte Kürzung des Kommissionsvorschlags um 100 Milliarden Euro sei unrealistisch, sagt ein hochrangiger EU-Diplomat: "Aber über eine Kürzung werden wir wohl ernsthaft reden müssen."
Kommissar Hahn verweist auf die schwierige Balance, die beim Budget zu finden sei: "Jeder muss sparen, aber wir müssen auch Geld investieren, um Wachstumsimpulse und Beschäftigung zu schaffen." Hahn hat ein gutes Argument gegen Regierungschefs, die verlangen, dass die EU-Kommission zuerst bei sich selbst sparen müsse. Nur fünf Prozent des Haushalts werden für die Administration verwendet, geht aus dem Budgetbericht 2011 hervor. Dazu Hahn: "95 Prozent des EU-Budgets fließen zurück an die Mitglieder oder in gemeinsame internationale Aktivitäten. Das ist gut angelegtes Geld."
Unser Rabatt wackelt, Briten drohen mit Veto
Im Vorfeld der Budget-Verhandlungen geht es vielen Ländern – auch Österreich – vor allem um zwei Dinge: Erstens soll die Gesamtsumme des EU-Haushalts gekürzt werden. Und zweitens will keiner auf seinen ganz speziellen "Rabatt" verzichten, den er sich einst ausgehandelt hat.
Derzeit haben mehrere Nettozahler einen solchen Rabatt, unter anderem Deutschland, Schweden, Dänemark und Österreich. Die Vergünstigung betrug im Jahr 2011 rund 180 Millionen Euro. Geht es nach der Kommission, sollen die Rabatte durch einheitlich berechnete Pauschalvergütungen ersetzt werden. Dabei könnte Österreich leer ausgehen, weil sein Nettobeitrag im Vergleich zum BIP niedriger ist als jener anderer Nettozahler.
Veto-Drohung Am heftigsten verteidigen die Briten ihren Rabatt. Premier David Cameron hat seinen EU-kritischen Wählern bereits angekündigt, er werde dem Budget nur zustimmen, "wenn es für Großbritannien ein guter Deal ist".
Der Briten-Rabatt beträgt zwei Drittel des Nettobetrags und wurde 1984 eingeführt, nachdem Premierministerin Thatcher jahrelang wichtige Entscheidungen in der EU blockiert hatte. Argumente waren das niedrige Wohlstandsniveau der Briten und geringe Agrar-Förderungen.
Seither wurde mehrmals über eine Reduktion verhandelt. 2005 einigte man sich darauf, dass der Rabatt bis 2013 deutlich reduziert werden soll. Im Schnitt beträgt der Rabatt vier bis fünf Milliarden Euro pro Jahr.