Wirtschaft

Erstmals eine Chefin bei der WTO

Die Welthandelsorganisation (WTO) in Genf wird künftig von einer Frau geleitet. Die 164 Mitglieder reduzierten das Kandidatenfeld am Donnerstag von fünf auf zwei, und die beiden Finalisten sind Frauen: Ngozi Okonjo-Iweala (66) aus Nigeria und Yoo Myung-hee (53) aus Südkorea. Eine der beiden soll die Generaldirektion voraussichtlich im November übernehmen.

Okonjo-Iweala ist Entwicklungsökonomin mit Studium an den US-Eliteuniversitäten Harvard und MIT. Sie war 25 Jahre bei der Weltbank, zweimal Finanzministerin und steht der Globalen Allianz für Impfstoffe und Immunisierung (Gavi) vor. Yoo ist Handelsministerin. Als Chef-Unterhändlerin hat sie unter anderem 2014 das Freihandelsabkommen mit China ausgehandelt.

Ausgeschieden sind in der zweiten Bewerberrunde damit Amina C. Mohamed (59) aus Kenia, Mohammad Maziad Al-Tuwaijri (53) aus Saudi-Arabien und Liam Fox (59) aus Großbritannien. Die Wahl soll im Konsens erfolgen, notfalls ist auch eine Abstimmung möglich.

Krise der Institution

Die WTO, die die Liberalisierung des Welthandels zum Wohl aller Länder fördern will, steckt in der tiefsten Krise seit der Gründung 1995. Generaldirektor Roberto Azevedo war Ende August zurückgetreten, aus persönlichen Gründen, wie er sagte. Tage später heuerte der Brasilianer bei der Getränkefirma PepsiCo für ein Millionensalär an.

Hauptaufgabe der neuen Generaldirektorin wird eine von den USA getriebene, aber auch von vielen anderen Ländern geforderte Reform sein. Die USA haben mit dem Austritt gedroht. Die erfolgreichste Einrichtung der WTO, die Streitschlichtung bei Handelsstreitigkeiten zwischen Regierungen, ist seit fast einem Jahr teilweise gelähmt, weil die USA die Nachbesetzung von Stellen blockieren.

Im Sommer hat der Handelsbeauftragte Robert Lighthizer dargelegt, was die USA wollen: die Berufungsinstanz im Streitschlichtungsverfahren solle abgeschafft werden, weil sie zu oft ihre Kompetenzen überschritten habe, schrieb er im "Wall Street Journal".

Statt separate Freihandelszonen auszuhandeln, sollen Länder Zoll- und andere Handelsbeschränkungen für alle WTO-Mitglieder gleichermaßen reduzieren. Er griff die EU an, die mit Vergünstigungen für mehr als 100 ärmere Länder eine Art Neokolonialismus betreibe. Große Länder wie China oder Indien dürften mit Verweis auf ihren Entwicklungsstatus keine Sonderkonditionen mehr genießen, und dem "Staatskapitalismus Chinas" müsse Einhalt geboten werden.