Wirtschaft

Emirates: "Wir stehen in den Startlöchern"

Die Corona-Krise setzt auch der expansiven staatlichen Golf-Airline Emirates kräftig zu. Der weltweit größte Langstrecken-Carrier fliegt derzeit nur vier Mal pro Woche ab Wien. Doch der Schweizer Martin Gross, Emirates-Chef für Österreich und Teile von Ost- und Südosteuropa, ist Optimist. Noch werde zögerlich gebucht, doch sobald die Restriktionen aufgehoben werden, könne Emirates die gesamte Flotte sofort wieder hochfahren, auch den Großraumflieger Airbus A 380. Bereits jetzt würden immer mehr attraktive touristische Destinationen aufgehen und der Geschäftsreiseverkehr laufe wieder an. Gross warnt davor, marode Fluglinien mit Staatshilfe über Wasser zu halten und die internationale Liberalisierung der Luftfahrt zurückzudrehen.

KURIER: Auch Emirates lässt die Kunden bei der Rückerstattung der Tickets warten. Wie weit sind Sie jetzt?

Martin Gross: Wir haben schon 90 Prozent der Anträge abgearbeitet und 1,4 Milliarden Dollar zurückbezahlt. Der Vorwurf, dass wir nicht innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Sieben-Tages-Frist rückerstatten, ist nicht zu Unrecht. Aber diese Krise kam für alle Airlines völlig überraschend und die Airlines können nicht innerhalb von sieben Tagen Millionen von Tickets rückerstatten, das ist doch völlig unrealistisch. Viele Kunden zeigen dafür auch Verständnis. Wir haben eine Art Gutschein angeboten oder Refund. Wer sein Ticket behält, kann auch zu anderen Destinationen ohne Aufpreis in jeder Saison fliegen. Wer beispielsweise ein Ticket um 499 Euro für Anfang Mai nach Dubai hatte, kann im Dezember zur Hauptsaison fliegen, ohne aufzuzahlen.

Was bevorzugen die Kunden?

Anfangs wollten die Leute umbuchen, aber je länger die Krise dauert, desto mehr wollen Geld zurück.

Viele Airlines haben gravierende Liquiditätsprobleme. Hat Emirates ausreichend Cash?

Die Planung einer Airline läuft nicht darauf hinaus, plötzlich keine Einnahmen mehr zu haben und nur Auszahlungen. Aber Emirates hat ganz sicher kein Liquiditätsproblem, wir waren nie vom Konkurs bedroht.

Wie ist das Geschäft in Wien angelaufen?

Wir fliegen ab Wien vier Mal die Woche nach Dubai, vor Corona zwei Mal täglich. Wir begannen mit Cargo, das Frachtgeschäft ist sehr schnell angelaufen und geht gut. Seit dem 18. Juni befördern wir wieder Passagiere. Pro Flug haben wir rund 30 Tonnen Fracht und bei den Passagieren 30 bis 50 Prozent Auslastung. Damit kommen wir gut über die Runden. Ich bin hundertprozentig überzeugt, dass Dubai einer der ersten Fernreisemärkte ist, der wieder kommt. Sobald die Restriktionen aufgehoben werden.

Warum ausgerechnet Dubai?

Man fliegt gerade einmal fünf Stunden, Touristen sind sehr willkommen. Wir fliegen derzeit 84 von 150 Destinationen an und unsere Top-Destinationen wie Seychellen oder Malediven sind jetzt schon offen. Wir beobachten, dass mehr und mehr touristische Destinationen aufmachen.

Aber die Furcht vor Ansteckung wird das Reiseverhalten nicht gerade beflügeln?

Die Leute sind noch nicht bereit, mittelfristig zu buchen. Das Buchungsverhalten ist noch sehr zurückhaltend und die meisten Reisebüros sind auch geschlossen. Aber die Wahrscheinlichkeit, sich auf einem Emirates-Flug anzustecken, ist praktisch nicht vorhanden. Auf allen Emirates-Flügen weltweit brauchen Sie einen negativen Test. Alle Passagiere müssen Maske tragen und alle unsere Flugzeuge sind mit HEPA-Filtern ausgestattet, die 99,97 Prozent aller Bakterien und Viren entfernen – wie in einem Operationssaal. Die Airlines haben sich immer schon bemüht, dass Flugzeuge keine Virenschleudern sind. Unser Hauptproblem sind die unterschiedlichen Restriktionen der Regierungen.

Wie optimistisch sind Sie, dass die Menschen wieder reisen werden?

Sehr, sobald es keine Beschränkungen gibt. Diese machen den Leuten Angst, siehe Kroatien. Warum auch sollten die Menschen nicht wieder reisen? Die einzige Gefahr ist, dass die Einkommen so sinken, dass weniger gereist wird. Wir stehen in den Startlöchern.

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Auch mit dem Großraumflugzeug Airbus A380?

Der Großteil der A 380-Flotte ist noch gegroundet. Wir fliegen nur einige Destinationen damit, wie London und Paris. Die meisten Flüge führen wir derzeit mit Boeing 777 durch. Wir haben auch die größte 777er-Flotte weltweit. Wenn der Markt wieder da ist, werden unsere Passagiere sicher nicht auf den A 380 verzichten müssen. Wir können unsere Flotte sofort hochfahren. Viele Airlines werden damit Schwierigkeiten haben, weil sie die Flugzeuge und/oder die Mitarbeiter nicht mehr haben. Wir sind positiv und planen schon fest. Die Lounges werden schrittweise geöffnet und den Chauffeur-Service gibt es auch schon wieder. Der Winter kommt und das Bedürfnis zu reisen, wird steigen.

Wie schätzen Sie den Geschäftsreise-Verkehr ein?

Geschäftsreisende sind die ersten, die wieder fliegen. Viele unserer Kunden haben beispielsweise Projekte in Asien, da müssen die Techniker hin. Aber auch die klassischen Geschäftsreisenden besuchen ihre Kunden persönlich.

Aber in Krisenzeiten sparen die Firmen doch bei Reisen.

Wir haben mehrere Krisen hinter uns, denken Sie an 9/11 oder SARS. Die Firmen haben mit Videokonferenzen begonnen und es hat geheißen, die Leute werden sich so daran gewöhnen, dass sie nicht mehr fliegen. Als die Krisen vorbei waren, sind alle sehr rasch wieder geflogen. Jetzt sind die digitalen Kommunikationsmöglichkeiten viel weiter entwickelt und der Stillstand dauert länger. Die Geschäftsreisenden werden sicher wieder fliegen, ich wage nur keine Prognose über die Intensität.

Kommen wir zum Thema Staatshilfe. Jetzt wird auch die staatliche Airline Emirates vom Staat unterstützt.

Die Mitbewerber haben uns in der Vergangenheit immer staatliche Subventionen vorgeworfen. Das hat nie gestimmt. Doch jetzt sind wir in einer Phase, wo keine Netzwerk-Airline ohne entsprechende Hilfe überleben kann. Die Regierung in Dubai steht hinter uns, wir haben erstmals Staatshilfe erhalten. Zwei Milliarden Dollar.

Sehen Sie nicht die Gefahr, dass ohnehin kaputte Unternehmen mit Staatshilfe künstlich am Leben erhalten werden und die Rufe nach nationalen Beschränkungen laut werden?

Die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Luftfahrt sind beispiellos. Doch Staatshilfe darf kein Werkzeug sein, um ineffiziente Airlines über Wasser zu halten. Einige Carrier werden unseligerweise die Krise als Vorwand nutzen, die Liberalisierung in der Luftfahrt zurückzudrehen. Ich glaube, gerade jetzt brauchen wir offene Märkte, im Interesse und zum Vorteil der Verbraucher. Liberalisierte Märkte sind entscheidend, um die internationale Vernetzung und Anbindung aufrecht zu erhalten, wenn überall Flugkapazitäten reduziert werden.

Wird die Krise den Markt konsolidieren, werden Fluggesellschaften aufgeben müssen?

Ja. Starke Airlines werden überleben und weniger starke nicht. Emirates wird sicher zu den starken gehören.

Wie sehen Sie die Zukunft des Fliegens?

Die Hygiene-Maßnahmen werden noch eine Zeitlang bleiben. Aber nach einer Konsolidierungsphase wird Fliegen nicht entscheidend anders sein als vorher. Wir werden nach wie vor Economy, Business und First haben und die Lounges. Der Weltluftfahrtverband IATA prognostiziert in den nächsten 10 bis 15 Jahren weltweit eine Verdoppelung der Passagiere.

Wachstumskritiker und Grüne sehen das ganz anders.

Vielleicht bei den Kurzstrecken. Aber die Weltluftfahrt entwickelt sich nicht rückwärts, sondern nach vorne.

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