Wirtschaft

Dieselaffäre beschleunigt VW-Umbau

Volkswagen ist seit September des Vorjahres im Krisenmodus unterwegs. Die Manipulation von Abgaswerten bei Dieselautos kostet den Konzern Milliarden an Straf- und Entschädigungszahlungen. Und führt nun dazu, dass der lang geplante und notwendige Konzernumbau endlich angegangen wird. Gestartet wird bei der Kernmarke VW, wo die Probleme am größten sind, nicht erst seit Ausbruch des Skandals. Die Rentabilität ist zu gering, sprich, VW verdient an den verkauften Autos viel zu wenig, vor allem im Vergleich zu anderen Konzernmarken. Von 100 umgesetzten Euro bleiben vor Steuern und Zinsen nur 1,60 Euro als Gewinn. Bis 2020 sollen es vier Euro sein.

Damit das gelingt, wird nun der sogenannte Zukunftspakt angegangen. VW-Chef Matthias Müller (Bild) betonte: "Das ist das größte Modernisierungsprogramm in der Geschichte unserer Kernmarke." Dieses beinhaltet, dass bis zum Jahr 2020 die Kosten um 3,7 Milliarden Euro pro Jahr sinken sollen. Inkludiert ist dabei der Abbau von 30.000 Jobs (von weltweit 624.000), davon 23.000 in Deutschland. Der mächtige Betriebsrat gab dazu seinen Segen, wohl weil der Abbau sozialverträglich ohne Kündigungen stattfinden soll.

Zugleich werden 3,5 Milliarden in den Umbau investiert. Insbesondere in die Zukunftsthemen Automatisierung, Digitalisierung und Elektroantrieb. "Ohne Dieselgate wäre VW voll vor die Wand gefahren. Jetzt hat VW bei der Elektromobilität die Nase vorne", so Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer.

Geschönte Verbrauchswerte

Aber nicht nur VW trickst. Einer Studie zum Thema Spritverbrauch in Theorie und Praxis hat zuletzt wieder einmal für Aufregung gesorgt. Teilweise betrug die Diskrepanz 42 Prozent. Aber wie kommen die Hersteller auf diese Verbrauchswerte?

Im Rahmen des NEFZ-Zyklus wird grundsätzlich der CO2-Ausstoß gemessen, das dauert 20 Minuten und die Wegstrecke entspricht rund 11 Kilometern. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 34 km/h ist das Tempo eher bedächtig, als Höchstgeschwindigkeit erreicht man 120 km/h. Aus den so erhobenen CO2-Werten werden die Verbrauchswerte errechnet. "Der Test stammt aus einer Zeit, in der Autos noch nicht so leistungsstark und die gefahrenen Geschwindigkeiten entsprechend niedriger waren", erklärt Prof. Bernhard Geringer von der TU Wien.

Trickkiste

Um die Werte möglichst niedrig zu halten, greifen die Hersteller tief in die Trickkiste – im Rahmen des noch Erlaubten. So werden beispielsweise Leichtlaufreifen montiert, diese pumpt man dann noch stärker auf, was den Rollwiderstand weiter reduziert. Auch Spalten in der Karosserie werden abgedeckt, um die Aerodynamik zu verbessern, denn bevor es ins Labor geht, werden die Rollwiderstandswerte im Freien ermittelt. Diese Werte spielen dann für die Einstellungen auf dem Prüfstand eine Rolle. Die Batterie lädt man vorher voll auf und die Hersteller greifen auf besonders gut eingefahrene Autos zurück, diese werden zuvor auch noch mit (teuren) Hochleistungsschmierstoffen befüllt. "Es gibt diverse Kleinmaßnahmen, die in Summe für ein besseres Ergebnis sorgen", so Geringer.

Mit dem künftigen EU-Zyklus WLTP soll dieses "Schönrechnen" schwerer werden. "Der WLTP wird jedenfalls näher an die Realität rankommen", so Geringer. Die Testzeit wird auf 30 Minuten ausgedehnt, die Streckenlänge auf 23,25 Kilometer. Die Geschwindigkeit wird im Mittel bei 46,6 km/h liegen, die Höchstgeschwindigkeit bei 132 km/h.

Kehrseite der Medaille: Die NoVA-Abgabe wird sich so ebenfalls anpassen und entsprechend höher ausfallen.