Die Hausbank der EU wird zur größten Klimabank der Welt
Es war eine elfstündige Marathonsitzung, die sich bis spät in die Nacht zum Freitag hinzog. Doch dann rang sich der Vorstand der Europäischen Investititonsbank (EIB) zu einer historischen, wenn auch schwer erkämpften Entscheidung durch.
Die quasi Hausbank der EU - Eigentümer sind die Mitgliedsstaaten - wird ab Ende 2021 ihre Förderpolitik umstellen und die Finanzierung von Projekten mit fossilen Brennstoffen völlig einstellen.
"Einen Quantensprung in den Ambitionen der Bank" sieht darin EIB-Präsident Werner Hoyer. "Wir werden die ehrgeizigste Klima-Investitionsstrategie aller Finanzinstitutionen vorlegen." Schon in den vergangenen Jahren hat die in Luxemburg angesiedelte EIB auf die Förderung von Klimaprojekten umgeschwenkt.
Keine Kohle für Kohle
So wurden zwischen 2013 und 2018 rund 28 Milliarden Euro für Projekte für erneuerbare Energie investiert - etwa 45 Millionen Haushalte weltweit konnten davon profitieren. In Kohleprojekte investiert die EIB schon jetzt nicht mehr.
Im selben Zeitraum hatte die EIB noch rund 13,5 Milliarden Euro an Darlehen in den fossilen Sektor vergeben.
Letzlich aber konnte es der Bank gar nicht mehr schnell genug gehen. Schon im Sommer hatte Hoyer vorgeschlagen, die Förderung fossiler Kraftstoffe bis Ende nächsten Jahres gänzlich auslaufen zu lassen.
Widerstand von Polen und Deutschen
Damit aber stieß er bei einigen Mitgliedsländern, darunter vor allem Polen, Italien, aber auch Deutschland auf massiven Widerstand. Zu schnell und zu radikal war den jeweiligen Regierungen der Vorstoß der EIB in Richtung Klimabank. Berlin pochte auf die weitere Förderung von Gas-Projekten: Gas sei unumgänglich als Übergangskraftstoff, um den Ausstieg aus der Kohle zu ersetzen.
Der nun erzielte Kompromiss der neuen Förderleitlinien sieht vor: Treibstofffreie oder -arme Technologien sollen gezielt gefördert werden, um das Ziel zu unterstützen, den Anteil erneuerbarer Energien am gesamten Energieaufkommen in der EU auf 32 Prozent bis zum Jahr 2030 zu bringen. Alle künftigen Aktivitäten werden in Einklang mit den Pariser Klimazielen gebracht.
Insgesamt will die EIB-Gruppe in den kommenden elf Jahren bis zu 1.100 Milliarden Euro an Investititionen in Umwelt- und Klimaprojekte anstoßen. Dabei geben Darlehen der EIB meist den Anstoß dafür, dass weitere Geldgeber Mittel investieren.
2030 die Hälfte für Klima-Projekte
"Unser Ziel ist ehrgeizig", sagt Hoyer, "aber ich bin optimistisch, dass es klappen kann."
Der Anteil der klimabezogenen Förderprojekte der EIB würde damit von derzeit 26 Prozent auf rund 50 Prozent bis zum Jahr 2030 steigen. Dabei werde die Bank, so stellte Hoyer weiter klar, speziell jene Regionen unterstützen, die von ihrer CO2-intensiven Wirtschaft auf klimafreundlichere Systeme umsteigen müssen.
Die Erweiterung der Deadline für die neue Förderlinie war Grund, dass schließlich auch Deutschland umschwenkte. Zwei Jahre lang können also noch Finanzierungen für Projekte in die europäische Gaswirtschaft genehmigt werden. Und: Es können auch darüber hinaus noch Projekte finanziert werden, wenn sie so genannte „erneuerbare“ Gase nutzen. Dies könnte bedeuten, dass auch nach 2021 noch Gaspipelines finanziert werden, solange sie auch „eneuerbares“ Gas fördern.
Thema Atomstrom ist "toxisch"
Zypern, Estland, Litauen und Malta enthielten sich wegen aus ihrer Sicht zu geringer Flexibilität dennoch der Zustimmung.
Auch Österreich und Luxemburg enthielten sich - wenn auch aus anderen Gründen: Der EIB-Anteilseigner Österreich ist der Ansicht, dass sich die Bank nicht klar und deutlich genug davon davon distanziert, Atomenergie-Projekte zu fördern. "Ich würde es der Bank nicht empfehlen, in nukleare Technologien zu investieren", sagt Hoyer auf KURIER-Anfrage, "unter den Mitgliedsstaaten ist dieses Thema toxisch."