Wirtschaft

Der Konsum treibt Österreichs Wirtschaft an

Vier quälend lange Jahre zählte Österreich mit Wachstumsraten von weniger als einem Prozent zu Europas Nachzüglern. Das soll der Vergangenheit angehören. "Österreich liegt wieder im Trend, gleichauf mit dem Euroraum und Deutschland", sagte Ewald Nowotny, Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank, am Montag. Konkret heißt das:

Wachstum

Die Nationalbank erwartet eine deutliche Belebung der Wirtschaftsleistung und rechnet heuer mit 1,6 Prozent Plus und 1,5 Prozent in den Folgejahren.

Konsum

Die Steuerreform wirkt. Ein bisserl was wird gespart, einen beträchtlichen Teil des Mehreinkommens geben die Österreicher aber aus, was den Konsum belebt. Allerdings gibt der Staat weniger Geld für Asylwerber aus, als von der OeNB im Dezember erwartet – Stichwort Obergrenze. Somit ist dieser Wachstumsbeitrag kleiner.

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Exporte

"Schön, aber im historischen Vergleich nicht berauschend" entwickeln sich die Ausfuhren laut OeNB-Direktorin Doris Ritzberger-Grünwald. In Österreich werden wenige Konsumgüter produziert, somit fließt ein Teil der privaten Ausgaben ins Ausland. Der Außenhandel trägt also 2016 nichts zum Wachstum bei.

Investitionen

Unter den Erwartungen sind bisher auch die Investitionen in Bautätigkeiten. Dafür geben die Unternehmen mehr für neue Anlagen und Fahrzeuge aus.

Arbeitsmarkt

Ein zwiespältiges Bild. Trotz Allzeithoch bei der Beschäftigung steigt die Arbeitslosigkeit 2017 an, weil mehr Menschen auf den Arbeitsmarkt drängen. Die OeNB kalkuliert, dass jährlich rund 40.000 Osteuropäer in Österreich Arbeit suchen, Bis zu 12.000 Jobs entfallen auf Personen, die später in Pension gehen oder Frauen, die in den Arbeitsmarkt neu eintreten. Weitere 10.000 Jobsuchende sind Flüchtlinge.

Budget

Die OeNB ist pessimistischer als der Finanzminister, erwartet heuer 1,8 Prozent Defizit (statt 1,6 Prozent). Nowotny will das "nicht dramatisieren"; das sei "im Groben auf einer Linie".

Schulden

Bei den Staatsschulden ist der Höhepunkt 2015 überschritten. Durch den Abbau der Bad Banks von Hypo, Kommunalkredit und ÖVAG – die 9 Prozentpunkte des BIP ausmachen – fließt zumindest ein Teil zurück.

Inflation

Die Geldschwemme der EZB hat ihre Wirkung entfacht: "Die akute Deflationsgefahr im Euroraum ist überwunden", sagte Nowotny. In Österreich steigen die Preise im Tourismus und für öffentliche Dienstleistungen stark. Das eine sei positiv: Es zeige, dass Österreich auf Qualitätstourismus setze. Kritisch sieht er die Preissteigerungen bei kommunalen Abgaben. Es drohe ein Verlust an Wettbewerbsfähigkeit.

Maschinensteuer

In Österreich arbeiten aktuell mehr Menschen denn je. Die Produktivität steigt nicht rasend schnell. Wie sinnvoll wäre da eine Wertschöpfungsabgabe für den Einsatz von Robotern, wie sie Kanzler Kern angeregt hat? Wenn sich tatsächlich die "menschenleere Fabrik" durchsetzt, könnte es auf Dauer problematisch werden, die Sozialsysteme über immer höhere Lohnnebenkosten zu finanzieren, sagt Nowotny. Er hält das aber eher für ein Zukunftsthema.

Unglaubliche 1000 Milliarden Euro hat die Europäische Zentralbank (EZB) bis Ende Mai für Wertpapier-Käufe ausgegeben. Davon hat die OeNB Titel um 23 Milliarden Euro gekauft.

Ab 8. Juni wird die nächste Stufe gezündet. Die EZB kauft erstmals Unternehmensanleihen. Dadurch sollen die Zinsen dieser Wertpapiere sinken. Voraussetzung: Es darf keine Bank sowie kein Staatsbetrieb sein und die Kreditwürdigkeit muss gut sein. In Österreich erfüllen 18 Firmen bzw. 44 Anleihen die Kriterien, darunter die großen Energieversorger, Baukonzern Strabag oder die OMV.

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OeNB-Chef Nowotny verspricht sich eine Belebung des Anleihen-Marktes: Es sei positiv, wenn Unternehmen abseits von Bankkrediten Finanzierungen suchen und den Kapitalmarkt anzapfen.

Schon im März, als die EZB das Programm ankündigte, wurden vermehrt Schuldpapiere auf den Markt geworfen, sagen Analysten. „Die Investoren haben eine hohe Sicherheit, die Titel an die EZB weiterverkaufen zu können“, erklärt Christoph Klaper von Raiffeisen Research. Er schätzt, dass die EZB 4 bis 6 der 80 Milliarden Euro pro Monat in Unternehmensanleihen steckt. Das wäre fast die Hälfte des Volumens, das neu auf den Markt kommt.

Kurzfristig könne das EZB-Kalkül aufgehen, heikel seien die Langfristfolgen und der Ausstieg, glaubt Klaper. Und es stelle sich die Frage, ob die Unternehmen neue Schulden brauchen. Viele kaufen eigene Aktien zurück oder schütten mehr Geld an Aktionäre aus.